Menopause – Wechseljahre

Freispruch für das Klimakterium

Fast alle Beschwerden von Frauen, die landläufig den Wechseljahren (oder Klimakterium oder Menopause) zugeschrieben werden, sind gar nicht typisch für dieses Lebensalter! Vielmehr treten Symptome wie Erschöpfung, Schlafstörungen, depressive Stimmung, Muskelschmerzen oder Harnwegsprobleme und selbst Trockenheit der Scheide und vermehrter Haarausfall in sämtlichen Lebensphasen, von der Jugend bis ins hohe Alter auf (K.Weidner u.a.: Klimakterische Beschwerden über die Lebensspanne? PPmP, 62/7, 2012, 266-275).

Man beobachtet einen Anstieg dieser “unspezifischen” Symptome (und vieler mehr…) gehäuft vor und um die Zehnerjahre, also schon gegen 30, dann 40 und eben um 50jährig! Weiter dann auch wieder gegen 60 und 70. Diese runden Geburtstage haben es in sich: Man rekapituliert dann sein bisheriges Leben und schaut nach vorne. Was hat man “erreicht”, was will man noch… Dies alles kann in eine eigentliche Krise führen. Man/frau nennt sie dann auch “Quarterlife-Crisis” oder “Midlife-Crisis”.

Der einzige Symptomenkomplex, der sich in diesen Studien tatsächlich mit den “Wechseljahren” verknüpfen lässt, sind nächtliche Hitzewallungen und Schweissausbrüche! Diese Beschwerden nahmen im Alter zwischen 50 und 60 Jahren merklich zu. Allerdings war auch hier nur eine Minderheit betroffen (ein Viertel aller Frauen klagt über mittlere bis sehr starke Beschwerden durch aufsteigende Hitze – vor allem nachts). Ab dem 60. Lebensjahr liessen die Symptome wieder stetig nach. Übrigens muss man bei Wallungen, die nur tagsüber auftreten an andere Ursachen denken (z.B. Schilddrüsenerkrankung, etc.).

Insgesamt stehen die angeblichen “Wechseljahrbeschwerden” zwar nicht mit den Wechseljahren, wohl aber mit der Lebenssituation und der psychischen Belastung in Verbindung: Häufiger betroffen sind allein lebende Frauen, die sich gestresst, niedergeschlagen und erschöpft fühlen.

Dies alles lässt die Forscher eher einen psychosomatischen als einen hormonellen Hintergrund vermuten. Es handelt sich hier also um unspezifische, seelische, körperliche und kognitive Symptome, die bereits in jüngeren Lebensjahren, aber auch nach dem Klimakterium zu beobachten sind. Man zweifelt heute stark daran, dass diese Beschwerden auf einen Östrogenmangel zurückzuführen sind.

Woman on fire!

Die wechseljährigen Frauen sind „unangepasst“, „übertrieben“, wild, unangenehm für die Partner. Sie sind nicht mehr angepasst. Sie machen auf Unstimmigkeit aufmerksam. Sie sind nicht mehr die „liebe Mutter daheim“. Sie zeigen ein Verhalten, vergleichbar mit der Pubertät, welche ebenfalls eine wilde Wechselzeit ist.
Sie steht manchmal auch etwas neben sich – und versteht sich selbst nicht…

Wichtig ist es – für die betroffenen Frauen, wie auch für die Umgebung – dies als Prozess zu verstehen und nicht als “störende Krankheit”, die weg muss (mit Hormonen!).
In diesem Prozess entwickelt sie sich in eine reifere Frau – mit mehr Facetten. Ihr Feuer kann nachher wieder gleichmässiger brennen!

Weiterlesen dazu: Francine Oomen, “Francine und die total heisse Phase”, Wechseljahre für Anfängerinnen, Knaur Verlag
Oder hier: “Wechseljahre” mit ganz anderen Augen anschauen – viel positiver: “Midlife-Boomer“!
Und hier ganz unten…

Siehe auch speziell zu den Blütenjahre im Frausein hier >>>

“Wechseljahre” der Frau, Osteoporose – das Aus für die langzeitige Hormontherapie !

Nur noch wenige Gynäkologen/-Innen wollen den Frauen trotz katastrophalen neueren Studienresultaten Hormone schon prophylaktisch vor den Wechseljahren und dann bis ans Lebensende geben. Das weibliche Hormon Östrogen gibt man v.a. als Vorbeugung der Osteoporose (d.h. des Knochenschwunds) und der daraus resultierenden Knochenbrüche (v.a. Oberschenkelhalsbruch). Diese Frakturen treten aber erst 20-30 Jahre nach den Wechseljahren auf, weshalb man die Hormone mindestens solange, eigentlich aber bis zum Tode einnehmen müsste.
Es existieren nun endlich genug sehr kritische Stimmen und grosse Studien, welche den Nutzen dieses jahrzehntelangen Hormonschluckens (vor allem jenseits von 60jährig) massiv in Frage stellen: z.B. sind diese Knochenbrüche nicht nur die Folge der Osteoporose, sondern auch des altersbedingten Muskelschwunds und der Gangunsicherheit. Ein Nutzen des Östrogens auf die Osteoporose und diese Altersfrakturen ist nie schlüssig nachgewiesen worden. Experten der unbestechlichen Evidenz (Wissenschafts)-basierten Medizin (im Gegensatz zur Experten-/Meinungsbildner-/Marketing-basierten Medizin) wie Johannes Steurer (www.evimed.ch) sprechen sogar von einer “Osteoporose-Neurose”: Die Zunahme der Knochendichte ist durch Hormone erwiesen (sogenannte Surrogatparameter, der nichts Relevantes aufzeigt!), jedoch ist in keiner Studie die Abnahme von Frakturen beobachtet worden!
Es ist erschütternd, dass die moderne Medizin Jahrzehnte benötigt hat, um festzustellen, dass die von den “Menopause-Experten” fast universell empfohlene Hormonsubstitution eine negative Nutzen-Schaden-Bilanz aufweisen kann. Die Pharmaindustrie stützte sich dabei auf fast kriminelle Art und Weise auf kleinere (und meist falsch) interpretierte Studien (siehe eine gute Sammlung dazu: www.infomed.org/pharma-kritik/oestrogen.php). Erst die grosse WHI-Studie (WHI-Studie: Writing Group for the Women’s Health Initiative Investigators. Risks and benefits of estrogen plus progestin in healthy postmenopausal women. JAMA 2002 (17. Juli); 288: 321-33 [Medline]) überzeugt wohl nun den letzten Befürworter.
>>> und was kann bei den Hormonen vernünftigerweise noch geraten werden.

Wie wirken Hormone – oder eben nicht!

Östrogen war wie geschaffen zum Erwecken von alten Wunschträumen nach der verjüngenden Pille. Dies wurde von den Pharmariesen schamlos ausgenützt. Dabei existierte immer sehr wenig Forschung über die (erhofften) Resultate bei Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfälle oder die Wirkung auf Haut, Gelenken und Muskeln oder auf das Hirn (Hormon-Ersatz verdoppelt die Altersdemenz!). Ein positiver Effekt auf die psychische Befindlichkeit konnte ebenfalls bisher nie nachgewiesen werden. In Medizinlatein heisst das: Randomisierte Vergleichsstudien mit klinischen Endpunkten fehlten immer.
Es werden auch immer mehr (teils tödliche) Nebenwirkungen bekannt, welche das klare Aus für diese Hormontherapien bedeuten:
Eine kleine Palette gefällig: stark erhöhtes Brustkrebsrisiko (JAMA 2002; 288, 321-33;366-68), mehr Schlaganfälle (Bath PMW, Gray L. Association between hormone replacement therapy and subsequent stroke: a metaanalysis. BMJ 2005;330:342-5), mehr Thrombosen, mehr Embolien, verdoppelte Demenzgefahr, (Savolainen-Peltonen H, Rahkola-Soisalo P, Hoti F et al. Use of postmenopau- sal hormone therapy and risk of Alzheimer’s disease in Finland: nationwide case- control study. BMJ. 2019 Mar 6;364:l665.) erhöhtes Risiko für Nierensteine und Gallensteine und Cholezystitis (Simon JA et al., Effect of estrogen plus progestin on risk for biliary tract surgery in postmenopausal women … Ann Intern Med 2001 (2.Oktober); 135:493-501 + WHI: Cirillo DJ et al.: Effect of estrogen therapy on gallblader diease. JAMA 2005;293(3):330-339); erhöhtes Risiko für Mikroalbuminurie (Nierenschädigung)(Arch Intern Med 2001 (10.September); 161: 2000-5); trockene Augen (JAMA 2001; 286: 2114-9); Frauen ohne Hitzewallungen, die Hormone einnehmen waren nachher energieloser und ihre geistigen Fähigkeiten liessen nach (Hlatky MA et al., JAMA 2002; 287: 591-7), Zunahme der Urininkontinenz unter Hormonen (Hendrix SL, et al. Effect of estrogen with and without progestin on urinary incontinence. JAMA 2005;293:935-48 ); Frauen in den Wechseljahren mit vulvovaginalen Beschwerden (Jucken, Trockenheit, etc. der Scheide innen oder aussen) profitieren überhaupt nicht von lokalen Östrogentabletten oder Östrogengel – ein normaler Gel ohne Hormone wirkt genau gleich gut (JAMA, 2018)!

Im Schweiz.Medizin-Forum sichtet Maria Beckermann aus Köln sehr kritisch 260 relevante Studien über die Hormonbehandlung der weiblichen Wechseljahrsymptome – eine Pflichtlektüre jeder Frau, die darüber mündig werden will – und am anderen Ende des Stethoskops, jedem/jeder GynäkologIn oder HausärztIn, die damit herumhantiert (menopause.pdf)! Das Brecht-Zitat, das Frau Beckermann benützt, will ich hier auch etwas wirken lassen: “Eine Hauptursache der Armut in den Wissenschaften ist meist eingebildeter Reichtum. Es ist nicht das Ziel, der unendlichen Weisheit eine Tür zu öffnen, sondern eine Grenze zu setzen dem unendlichen Irrtum.”

Neuerdings setzen aber weiterhin grosse gynäkologische Fachgesellschaften in der Hormontherapie – vor allem bei jüngeren Frauen – auf Desinformation: Lesen Sie dazu mehr hier in diesem sehr interessanten Artikel aus dem Arznei-Telegramm 6/16!

Bioidentische Hormone?

Diese Bezeichnung klingt so natürlich, pflanzlich, gut: dies muss doch wunderbar sein und all unsere Wünsche erfüllen?
Bei Hypes bin ich immer sehr vorsichtig und warte Langzeitstudien ab, schaue genauer hin. Es sind zuerst mal chemisch hergestellte Hormone aus Inhaltsstoffe der Yamswurzel. Darf man dies überhaupt “bioidentisch” nennen? Ist sicher mal einfach gutes Marketing!

Die Datenlage dazu ist noch sehr dünn – wenig Studien, vor allem sind noch  keine Langzeit-Nebenwirkungen bekannt. Bis dann bin ich skeptisch, ob grosse Unterschiede zu den anderen Hormone bestehen.

Gewichtszunahme nach Menopause durch Medikamente

Frauen nach der Menopause Vorsicht vor Antidepressiva und Betablockern: Viele Pillen gegen Bluthochdruck, Diabetes, Depressionen und andere psychische Probleme begünstigen eine Gewichtszunahme. Sie werden Frauen oft verschrieben beim Übergang in die Wechseljahre – einem Zeitpunkt, wo viele häufig bereits übergewichtig sind.
US-Forscher fanden gemäss der Zeitschrift «Menopause» in einer Studie heraus, dass schon die Einnahme von einem solchen Medikament mit einer stärkeren Erhöhung des Body-Mass-lndex und des Taillenumfangs verbunden war im Vergleich zu Frauen, die keine dieser Arzneien einnahmen. Mit steigender Anzahl der geschluckten Medikamente nahm der Effekt noch zu. Frauen mit einem zu Beginn höheren Gewicht waren zudem anfälliger für eine weitere Zunahme. Die Forscher hatten die Gewichtsveränderungen der Patientinnen nach Beginn der Einnahme von Antidepressiva, Insulin und Betablockern während dreier Jahre verfolgt.
Auf Lebensstil achten
Als Reaktion auf die Ergebnisse der Studie raten die Forscher zur Wachsamkeit bei der Verschreibung solcher Medikamente nach der Menopause: Sie sollten nur mit Bedacht eingesetzt werden. Neben einer minimalen Medikation gelte es im Kampf gegen eine Gewichtszunahme im Alter aber auch, auf Aktivität, Ernährung und Schlafqualität zu achten.

Was kann bei der Hormontherapie nun noch als “vernünftig” gelten!

Wie wir gesehen haben, können das Risiko für Herzinfarkt, Thromboembolie, Brustkrebs und Gallensteine auch durch eine Hormonersatztherapie zunehmen. Doch lässt sich dies mit der Östrogenzufuhr über die Haut, also transdermal, als Spray, Gel oder Pflaster deutlich verringern. Grund dafür sind Unterschiede in der Verstoffwechslung der Hormone bei den verschiedenen Anwendungsformen.
Es gibt also viele Forscher*innen, die nur noch zu transdermaler Zufuhr von Östrogen (auch Gestagen und Testosteron (dies nur gegen Libidomangel), anstatt orale, also über Magen-Darm raten.

Nur noch transdermal und höchstens 5 Jahre (nie nach 60jährig)

Zudem sollte die Dauer sicher 5 Jahre nicht überschreiten und nie über 60jährig ausgedehnt werden.

Psychosoziale Krise

Wechseljährige Frauen zeigen eine ganze Palette von Symptomen, die – wie bereits ganz oben beschrieben – kaum mit dem Abfall der Hormonproduktion in Zusammenhang stehen. Die alternde Frau genoss bis Anhin in der Industriegesellschaft einen niedrigen Sozialstatus. Sie wird weder mehr als egosteigernder Potenzbeweis noch als Mutter gebraucht. Das Diktat der Jugendlichkeit tyrannisiert die Frauen im Westen. Der Mythos der asexuellen älteren Frau hatte zum Ende des 20. Jahrhunderts Bestand. Männer “reifen” und kommen in die “besten Jahre”, die Frau “altert” und kommt ins “Klimakterium”. Die Menopause schockiert Frauen, die ihr Alter verdrängt haben. Der Wechsel vom begehrten zum unsichtbaren Objekt wirkt um so traumatischer, je mehr sich eine Frau auf ihre traditionelle weibliche Rolle verlassen hat. Berufsfrauen leiden weniger darunter als Hausfrauen, gut ausgebildete weniger als ungebildete. Viele Frauen gleiten in eine eigentliche “psychosoziale Krise”.
Dafür, dass hier eine psychische Dynamik vorliegt, spricht auch, dass neuere Studien mit medikamentösen Antidepressivatherapien ebenso wirksam waren wie mit Östrogen. Womit nicht gesagt sei, dass ich nun rate, die eine Pille mit der anderen auszutauschen! Mehr darüber hier unten >>>
Den Verlusten an Selbstwertgefühl, an Attraktivität und an Fruchtbarkeit kann man aber, anstelle der illusorischen und gefährlichen Verlängerung der Jugend mit Hormonen, Gewinne entgegensetzen: Lebenserfahrungen, Freiräume, freie Zeit (in der Nach-Kinder-Phase), Potential für neue Beziehungen, kreative Lebensgestaltung, Wegfall des Kompetitionsdruckes. Viele Frauen erleben nach der Menopause einen eigentlichen Energieschub. Mann und Frau tragen Hormone des anderen Geschlechtes in sich. Wenn sich mit zunehmenden Alter die eigengeschlechtlichen Hormone vermindern, fallen die gegengeschlechtlichen relativ stärker ins Gewicht, und die Frauen haben die Möglichkeit, mehr “männliche” Energien zu mobilisieren (und umgekehrt beim Mann). Nach C.G.Jung könnte man sagen: Eine wesentliche Aufgabe der zweiten Lebenshälfte und eine unumgängliche Station auf dem Weg zur Individuation ist die Integration der eigenen Gegengeschlechtlichkeit (Er nannte dies Animus in der Frau und Anima im Mann). Östrogene verhindern diesen wichtigen Lebensschritt der Frau.

Raumprozesse in der Mitte des Lebens

Meist erlebt die Frau um 50 eine Entwicklung zu mehr Raum in ihrem Leben. Sie befreit sich von Hausarbeiten und alten Rollen und macht mächtige Schritte in ein Leben nach aussen oder nach innen, d.h. wird tiefer, spiritueller, weiser…  

Dies verzahnt sich häufig mit einer Entwicklung ihres Mannes, der in der Mitte des Lebens auch sanfter wird, gelassener, auch tiefer, spiritueller, weiser – also weniger bullig, durchdringend und draufgängerisch. Im Idealfall gibt er Raum her, welcher seine Frau beleben kann. Eine Zeit von Reibereien (und Raumkämpfe) ist also um die 50 in einem Lebenspaar fast schon unumgänglich. Das Tröstliche dabei ist, dass die zwei Entwicklungen gegenläufig zum selben Resultat führen kann: Die ältere Frau nimmt mehr Raum ein als vor 50 und der Mann weniger. Das Paar erlebt eine neue Ebenbürtigkeit und Harmonie.

Was aber bei starken Wechseljahrbeschwerden?

Zuerst mal Positives zu den „Wallungen“:
Frauen, die am Anfang der Menopause häufig in Hitze  ausbrechen, haben ein stärkeres Herz und gesündere Blutgefässe. Das erkannte eine Forscherin der Northwestern University in Chicago, die mehr als 60000 Frauen untersuchte. Frauen, die früh Wallungen erlitten, bekamen am seltensten Herzkrankheiten und Schlaganfälle. Bislang glaubten Ärzte, das Gegenteil sei der Fall. (Menopause, 2011 Feb 19. Vasomotor symptoms and cardiovascular events in postmenopausal women.Szmuilowicz ED et al.)

Starke Wallungen mit massiven Schlafstörungen, also Hitzewallungen in der Nacht sprechen für das klimakterische Syndrom (Menopause). Hitzewallungen nur am Tag haben eher andere Ursachen , z.B. eine Schilddrüsenüberfunktion.

Kurzfristig symptomorientiert ist noch die einzig vertretbare Form der Hormonanwendung – wie oben schon beschrieben – nur transdermal als Spray, Gel oder Pflaster über die Haut (und nicht mehr mit Tabletten über Magen-Darm). Zudem nie länger als 5 Jahre – und nie über 60jährig aus!
Sehr vorsichtig sollten jeden Fall Frauen mit folgenden Krankheiten in der Vorgeschichte sein:
Brustkrebs (selbst oder familiär); Thrombo-Embolien; magere, untergewichtige Frauen (Brustkrebsriskio mit Kombinationspräparaten höher!); Juckreiz oder Gelbsucht in einer früheren Schwangerschaft oder durch Antibabypille.

Es gibt eine Alternative: Östrogene pflanzlichen Ursprungs aus Traubensilberkerze (Cimicifuga). Wir müssen aber hier aufpassen, dass wir nicht wieder dieselben Fehler machen wie bisher mit dem Östrogen selber, da Langzeitstudien z.B. zur Brustkrebsgefahr fehlen! Dann auch Phytoöstrogene aus Soja- oder Jamswurzel-Steroiden oder auch aus dem Fenchelöl (8 Wochen lang täglich 2 x 100mg bessert angeblich Menopause-Symptome um 50%). Hier fehlen aber ebenfalls grössere Studien! Es schadet aber sicher nichts, wenn Sie viele Sojaprodukte essen.

  • Traubensilberkerze (Wurzelextrakt – Cimicifuga racemosa) v.a. gegen vegetative Beschwerden (50% verschwinden völlig, 30-40% besser) und psychische Störungen. Eignet sich aber nicht zur Osteoporose-Prophylaxe.
  • zu Beginn der Wechseljahre, wenn Symptome ähnlich wie bei PMS: Mönchspfeffer (siehe hier)
  • Nachtkerzenöl-Kapseln
  • Teemischung: 20 Teile Frauenmänteli, 15 Teile Johanniskraut, 10Teile Zitronenmelisse, 15 Teile Schafgarben, 15 Teile Rosmarin, 15 Teile Salbei
  • Durch Gewichtsabnahme zu weniger Beschwerden in der Menopause!
    Um herauszufinden, ob es durch eine Gewichtsabnahme zu einer Verbesserung der Hitzwallungen von übergewichtigen Frauen in der Menopause kommt, haben US-amerikanische Forscher/innen eine randomisierte, kontrollierte Studie mit 338 übergewichtigen bis fettleibigen Frauen in der Menopause konzipiert. Sechs Monate lang absolvierten die Frauen entweder ein intensives verhaltenstherapeutisches Programm zur Gewichtsreduktion oder ein Aufklärungsprogramm über gesundheitliche Folgen von Übergewicht (Kontrolle).
    Ergebnis: Die Gewichtsabnahme verbesserte die Hitzewallungs- Symptomatik deutlich.
    Die Forscher/innen errechneten z.B. eine Verbesserung der Symptomatik von OR 1.32 pro 5kg Gewichtsabnahme.
    (Arch Intern Med 170(13):1161-1167, 12 July 2010 © 2010 to the American Medical Association: An Intensive Behavioral Weight Loss Intervention and Hot Flushes in Women. Alison J. Huang, Leslee L. Subak, Rena Wing, et al. Link zum Abstract: http://archinte.ama-assn.org/cgi/content/abstract/170/13/1161?etoc)

Wallungen

    • Gewichtsabnahme (siehe oben)!
  • Salbei alleine: bis dreimal täglich 40 Tropfen einer Salbeitinktur.
  • Teemischung: je 1/4 Frauenmänteli, Salbei, Zinnkraut und Mistel: 1 Essl. auf 1/4 l Wasser aufkochen, morgens nüchtern 1 Tasse trinken
  • Traubensilberkerze oder Mönchspfeffer (siehe gleich oben).
  • Wie oben bereits erwähnt, helfen gegen Hitzewallungen auch – gleich stark wie Östrogen – Antidepressive Medikamente. In einer Studie von 2014 (NEJM Journal Watch.2014, May 27) half z.B. Venlafaxin  bei 50% aller Frauen mit einer starken Linderung (Östrogen auch 50%, Placebo bei 30%). Sicher wird auch hochdosiertes Johanniskraut gleich wirken (es wird aber keine Studien mehr geben, da niemand daran verdienen kann…)!

Trockene Scheide

  • viel eigenen Speichel benützen!
  • Schleimhautpflege: Leinsamen, -öl innerlich als Budwig-Creme und lokal Rheum rhaponticum D2 Salbe Weleda, tgl. 2 x anzuwenden, ev. mit Applikator auch vaginal einführen. Auch Dorins Yams-Zäpfle aus der Berg-Apotheke könnten geeignet sein. Zur akuten Linderung eine Woche lang täglich, dann 2x wöchentlich anzuwenden.

Osteoporose-Prophylaxe

Zuallererst: Vorsicht mit langjähriger Hormontherapie!

Wichtig ist die maximal im Leben (um 30jährig) erreichte Knochendichte. Frauen, die regelmässig Bewegung haben und keine Zigaretten rauchen, nicht untergewichtig sind und viel Kalzium essen (v.a. als Mädchen und junge Frauen bis 25 Jahren) und 2 bis 4 Gläser Alkohol wöchentlich trinken (aber nicht mehr!) erreichen eine grössere Knochendichte. Es existiert aber auch eine genetische Komponente, die vielleicht sogar am wichtigsten ist. Zudem verstärken eine früh eintretende Menopause, übermässigen Alkoholkonsum und eine frühere länger dauernde Kortisonbehandlung (mit Tabletten oder Spritzen) die spätere Osteoporose.
Aufnahme von 700 mg Kalzium täglich wird als ideal angesehen: Keine Kalziumtabletten  sondern nur aus natürlichen Quellen:
Der Kalziumgehalt wichtiger Nahrungsmittel in mg/100g: Milch 120, Joghurt 120, Quark 90, Emmentaler 1020, Gouda 820, Parmesan (Hartkäse!) 1300, Grünkohl 200, Broccoli 100, Fenchel 110, Haselnuss 225, Mandel 250, Sojabohnen 260, weisse Bohnen 105, Linsen 75, Weizenvollkornbrot 65, Schweinekotelett 10, Forelle 20, Kartoffeln 10.
Genau so wichtig ist reichlich Gemüse (“Nature”, Bd.401, S.343: bestimmte Gemüsesorten hemmen der Abbau der Knochensubstanz bei Ratten: Petersilie, Salat, Rucola, Tomaten, Gurken, Knoblauch, Dill und Zwiebeln.) und Früchte essen und sehr sparsam tierische Fette.

Also könnte man auch raten:

  • Ernähren Sie sich schon vor der Menopause (ab 40) kalzium- und vitaminreich, mit wenig tierischen, dafür um so mehr pflanzlichen Eiweissen (Hülsenfrüchte, Tofu).
    Kalzium stärkt die Knochen. Gute Kalziumquellen sind vor allem Milchprodukte (Hartkäse!), dann Haselnüsse, Gemüse (z.B. Kohlrabi), Früchte (z.B. Mandarine), auch Trockenfrüchte, Sardinen, Eier und Mineralwasser:
    Täglich können wir maximal 700 mg aufnehmen!
    Davon sollte alles aus natürlichen Quellen stammen (keine Tabletten: Erhöhen Arterienverkalkungs- und Herzinfarktsrisiko!).

    KALZIUMQUELLEN AUS DER NAHRUNG

    Nahrungsmittel

    Menge/gängige Portion

    Kalziumgehalt

    Milch

    1 Glas

    300 mg

    Joghurt

    1 Becher (180g)

    200 mg

    Hartkäse (z.B. Emmentaler, Parmesan)

    100 g

    1000 mg

    Weichkäse (z.B. Camembert)

    100 g

    600 mg

    Haselnüsse

    100 g

    225 mg

    Gemüse (z.B. Kohlrabi)

    100 g

    70 mg

    Früchte (z.B. Mandarine)

    100 g

    33 mg

    Eier

    100 g

    55 mg

    Sardinen

    100 g

    380 mg

    Mineralwasser

    1 Glas

    unterschiedlich – bis zu 50 mg

  • Vitamin D:
    Nach 65jährig sollte man (nur bei nachgewiesenem Mangel im Blut!) etwa (neben der Sonnenbestrahlung, die uns ja das Vitamin D schenkt) 800 IE pro Tag zu sich nehmen – vor allem von November bis Mai (wenig Wintersonne). Lassen Sie einmal vom Hausarzt Ihren Vitamin D-Spiegel (25-Hydroxi-Vitamin-D3 wichtig) im Blut messen, da wir häufig zu wenig Sonne auf der Haut haben, um genügend Vitamin D zu bilden. In der Nahrung ist es eher schwierig genügend davon zu kriegen (man müsste zweimal täglich fetten Fisch oder Austern essen – Mahlzeit!).

  • Achten Sie auf den Säurehaushalt. Die Ernährung soll zu rund vier Fünftel aus basebildenden und nur zu einem Fünftel aus säurebildenden Nahrungsmitteln bestehen. Milchprodukte sind zwar reich an Kalzium, sind aber säurebildend. Man sollte sie deshalb nicht im Übermass konsumieren. Listen mit säurebildenden Nahrungsmitteln erhalten Sie in guten Buchhandlungen.
  • Ergänzen Sie Ihren Menüplan mit Soja-Produkten. Soja und andere Bohnenarten besitzen Inhaltsstoffe, die eine östrogenähnliche Wirkung haben.
  • Vermeiden Sie Koffein und Alkohol im Übermass (2 bis 4 Gläser Alkohol wöchentlich verbessert die Knochendichte – aber nicht mehr!).
  • Bewegen Sie sich häufig. Sportarten, die mehr Gewicht auf den Knochen bringen sind vor allem gut wirksam (Jogging, Springseilen,…). Kräftige Muskeln entlasten zudem das Skelett. Trainierte Menschen stürzen weniger und haben daher seltener Knochenbrüche.
  • Yoga, autogenes Training und Tai Chi helfen, psychische Schwankungen auszugleichen und geben ein gutes Körpergefühl.
  • Bauen Sie Stress ab. Nehmen Sie den Alltag im dritten Lebensabschnitt etwas gelassener.

Risikomessung (u.a. auch DEXA-Messung)

  • Ein einfacher klinischer Test, um das Osteoporose-Risiko bei der Frau nach den Wechseljahren zu beurteilen, wurde bei der Durchsicht von 191 Studien gefunden (siehe infomed-screen. April 2005 – Jahrgang 9/ Nr.4).
    Die sog. Vortestwahrscheinlichkeit wird aus
    – dem Gewicht (unter 51 kg),
    – der sog. Flèche (Abstand Hinterkopf zur Wand über 0 – beim Aufrechtstehen mit dem Rücken an der Wand) und für
    – den Rippenbogen-Beckenschaufel-Abstand (2 Querfinger oder weniger) berechnet.
    Falls diese Faktoren eintreffen, sollte eine Knochenmineraldichte-Messung (DEXA) gemacht werden.
    DEXA-Messung auch bei jedem Knochenbruch, der durch eine relativ kleine Gewalteinwirkung entstand (z.B. aus Stand umgefallen und das Bein gebrochen: sog. Niedrigtrauma-Fraktur – erst ab 40 Jahre). Rauchen (bei über 60jährigen) und eine mehrmonatige Kortison-Therapie mit Tabletten (über 5mg Prednison täglich) sind ebenfalls Gründe zur Knochendichtemessung.
    Man muss aber auch auf die unklare Datenlage zum DEXA-Screening hinweisen: siehe dazu die Kommentare der Evidenzbasierten Medizin: osteoporose_state_of_the_art.pdf
  • Hat man bereits eine DXA-Messung gemacht, zeigt dieser Test hier >>> mit allen Zusatzfaktoren, ob wirklich eine Therapie nötig ist!
  • Ein genauer Risikokalkulator kann auch mit 11 Faktoren erstellt werden und wurde anhand der Women’s Health Initiative WHI im JAMA (2007;298:2389-2398) vorgestellt: siehe http://hipcalculator.fhcrc.org/ .
    Noch praktischer und in der Hausarztpraxis besser abschneidend ist Qfracture. Die Variablen, die hier für die Berechnung des Risikos gebraucht werden sind alle aus der Anamnese ohne weitere Untersuchungen (Labor, Knochendichte) erhebbar: www.qfracture.org
  • Als weiterer Risikofaktor, in diesem Kalkulator nicht berücksichtigt, könnte sich möglicherweise die Major Depression entpuppen. Das zumindest legen Ergebnisse einer Studie des US-National Institute of Mental Health NIMH in Bethesda/Maryland nahe. Dabei hatten depressive Frauen in 17% im Oberschenkelhals eine verminderte Knochendichte gegenüber nur 2% in der Kontrollgruppe.

Gibt es ein Androgenmangel-Syndrom bei der Frau?

Just zu einem Zeitpunkt, wo der Nutzen und die Sicherheit einer langfristigen Östrogengabe nach der Menopause zunehmend hinterfragt werden, ist immer öfter die Rede von einem Androgenmangel-Syndrom der Frau. Nicht nur der alternde Mann, so plädieren die Verfechter des neuen Syndroms, sondern auch Frauen nach der Menopause fühlten sich in gewissen Fällen dank der Gabe männlicher Geschlechtshormone vitaler und hätten eine grössere sexuelle Spannkraft. Die Existenz eines solchen Syndroms – zumindest bei gesunden, älteren Frauen – ist in Fachkreisen allerdings äusserst umstritten, denn die Rolle der Androgene im weiblichen Organismus ist wenig untersucht, allfällige Mangelsymptome äussern sich unspezifisch und mit breiten individuellen Schwankungen. Vor allem die Abgrenzung der Symptome (vor allem Libidomangel) gegenüber dem Ausdruck einer unbefriedigenden partnerschaftlichen Situation, einer Depression oder weiterer Krankheiten ist äusserst schwierig. Es fehlen auch grosse Studien, weshalb hier gar nicht weiter darauf eingegangen wird.

Hormonersatz erhöht Demenzrisiko!

Eine kürzlich veröffentliche Fall-Kontroll-Studie (08/2023) bekräftigt erneut den Verdacht, dass in der Postmenopause verabreichte Hormone das Demenzrisiko erhöhen. Knapp 5600 Frauen, die an einer Demenz erkrankt waren, wurden einer zehnmal so grossen Kontrollgruppe gegenübergestellt. Man stellte fest, dass bei den demenzkranken Frauen signifikant häufiger eine Hormonsubstitution mit Östrogen und Gestagen durchgeführt worden war als bei denjenigen der Kontrollgruppe (HR 1,24 [1,17–1,33]). Der Unterschied war auch bei Frauen zu beobachten, die Hormone nur relativ kurz (maximal 1 Jahr) eingenommen hatten, sowie bei den Untergrupppen von Frauen mit einer Alzheimererkrankung und von Frauen mit einer Demenz, die nach dem 65. Altersjahr begann («Late onset dementia). Kein erhöhtes Demenzrisiko fand sich bei den Frauen, die nur vaginal verabreichte Östrogene oder nur Gestagene verwendet hatten.
(Volltext der Studie aus dem BMJ: Menopausal hormone therapy and dementia: nationwide, nested case-control study)

Der Langzeitgebrauch von postmenopausalen Hormonen ist nun mehrmals in grossen Studien nachgewiesen, mit einem erhöhten Risiko für Alzheimer- Demenz assoziiert. Das Alter bei Therapiebeginn und das verwendete Gestagen scheinen keinen Einfluss auf das Risiko zu haben.
(z.B. Savolainen-Peltonen H, Rahkola-Soisalo P, Hoti F et al. Use of postmenopau- sal hormone therapy and risk of Alzheimer’s disease in Finland: nationwide case- control study. BMJ. 2019 Mar 6;364:l665.)

Über 60-jährige Frauen, die ein Östrogen-Gestagen-Präparat einnehmen, haben ein signifikant höheres Risiko als Nichtanwenderinnen, eine Demenz zu erleiden. Zu diesem Ergebnis kommt auch die 2003 publizierte Women’s Health Initiative Memory-Studie (WHIMS), eine Teilstudie der im vergangenen Jahr wegen negativer Nutzen/Schaden-Bilanz vorzeitig gestoppten WHI-Studie (a-t 2002; 33: 81-3). Am Östrogen/Gestagen-Arm der WHIMS nehmen 4.532 Frauen teil, die zu Beginn mindestens 65 Jahre alt sind. Nach durchschnittlich vierjähriger Studiendauer haben 61 Frauen eine Demenz entwickelt: 40 (1,8%) von 2.229 Frauen in der Hormongruppe mit täglich 0,625 mg konjugierten Östrogenen plus 2,5 mg Medroxyprogesteronazetat (CLIMOPAX) im Vergleich zu 21 (0,9%) von 2.303 Frauen unter Plazebo. Die Hormoneinnahme erhöht somit das relative Risiko (RR) einer Demenz auf das Zweifache (95% Vertrauensintervall 1,21 bis 3,48; Number needed to harm (NNH) = 111). Bei gut der Hälfte der Betroffenen wird eine ALZHEIMER-Demenz diagnostiziert. Der Unterschied zwischen Verum- und Plazebogruppe zeigt sich ein Jahr nach Studienbeginn und nimmt im weiteren Verlauf zu. Als ein möglicher Pathomechanismus wird die Zunahme vaskulär bedingter Demenzen auf dem Boden von Mikroinfarkten diskutiert (1).
Erneut widerspricht hiermit das Ergebnis einer grossen randomisierten Langzeitstudie zur Hormonsubstitution vorangehenden epidemiologischen Untersuchungen. Diese sprachen eher dafür, dass Östrogene vor Demenz schützen. Das erhöhte Risiko, an Demenz zu erkranken, addiert sich zu der erhöhten Herzinfarkt-, Schlaganfall-, Thrombose- und Brustkrebsrate unter Langzeiteinnahme von Hormonen nach Wechseljahren und unterstreicht die negative Nutzen/Schaden-Bilanz dieser Therapie.
(1   SHUMAKER, S.A. et al.: JAMA 2003; 289: 2651-62)
A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH, www.arznei-telegramm.de

„Women´s Health Initiative”: Brustkrebs und Hormonersatztherapie bei postmenopausalen Frauen

Eine weitere Studie im Rahmen der “Womens´s Health Initiative” untersuchte das Risiko des Auftretens von Brustkrebs im Zusammenhang mit der Einnahme einer Hormonersatztherapie. Die 16.608 eingeschlossenen postmenopausalen Frauen zwischen 50 und 79 Jahren wurden im Schnitt elf Jahre lang beobachtet.
Ergebnis: Frauen, welche Östrogen plus Progesteron einnahmen, erkrankten häufiger an invasivem Brustkrebs als diejenigen, welche Plazebo einnahmen (HR 1,25). Auch war der Brustkrebs unter Hormoneinnahme häufiger “node-positive” (HR 1,78) und die Sterblichkeit am Brustkrebs war größer (HR1,96).
(JAMA 304(15):1684-1692, 20 October 2010 © 2010 American Medical Association
Estrogen Plus Progestin and Breast Cancer Incidence and Mortality in Postmenopausal Women. Rowan T. Chlebowski, Garnet L. Anderson, Margery Gass, et al.:  Link zum Abstract: http://jama.ama-assn.org/cgi/content/abstract/304/15/1684)

Update 2021:
Das Schicksal der Frauen, die zwischen 1993 und 2004 an den Studien der Women’s Health Initiative (WHI) teilgenommen haben, wird weiter beobachtet. In diesen Studien erhielten bekanntlich hysterektomierte Frauen nach der Menopause doppelblind konjugierte equine Östrogene (CEE) oder Placebo; Frauen mit intaktem Uterus wurden dagegen, ebenfalls doppelblind, mit CEE in Kombination mit dem Gestagen Medroxyprogesteron oder Placebo behandelt. Die Behandlungsdauer betrug median 7,2 Jahre (CEE allein) bzw. 5,6 Jahre (kombinierte Hormone). Die vorliegende Arbeit befasst sich ausschliesslich mit den Brustkrebs-Fällen und Brustkrebs-bedingten Todesfällen. Fast alle 27’347 Frauen konnten median über mehr als 20 Jahre nach der Hormongabe nachbeobachtet werden. Die neuen Daten stimmen weitgehend mit den bereits bekannten überein. Frauen, die nur Östrogene (CEE) erhielten, erkrankten signifikant seltener an einem Brustkrebs (jährlich 0,30%) als diejenigen, die Placebo erhielten (jährlich 0,38%). Auch die Brustkrebssterblichkeit war unter CEE kleiner als unter Placebo. In der grösseren Studie bei Frauen mit intaktem Uterus kam es dagegen unter der kombinierten Hormontherapie signifikant häufiger zu einem Brustkrebs (jährlich 0,45%) als unter Placebo (0,36%). Auch Brustkrebs-Todesfälle waren häufiger nach der Hormontherapie, aber nicht signifikant.

Die gesundheitlichen Risiken einer Hormonsubstitution scheinen offensichtlich vorwiegend auf den Gestagenen zu beruhen. Ob es aber wirklich sinnvoll wäre, hysterektomierten Frauen über längere Zeit Östrogene als «Brustkrebsschutz» zu verordnen? Dabei muss man sich fragen, ob die heute verwendeten «reinen» Östrogene nicht nur hinsichtlich der Brusttumoren, sondern auch in Bezug auf kardiovaskuläre Probleme unbedenklich sind. Leider verfügen wir zu dieser Frage über keine Studien, die sich mit den WHI-Studien vergleichen liessen. Solange diese Wissenslücke nicht gefüllt ist, muss weiterhin zu einem sehr zurückhaltenden Umgang mit Östrogenen geraten werden.
(Etzel Gysling in infomed-screen 25 — No. 3, Copyright © 2021 Infomed-Verlags-AG)

„Women´s Health Initiative”: Die Einnahme von Hormonersatztherapeutika in der Postmenopause erhöht das Risiko von Nierensteinen

US-amerikanische Autor:innen untersuchten im Rahmen der “Women´s Health Initiative” den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Hormonersatztherapeutika und dem Risiko des Auftretens von Nephrolithiasis an 10.739 postmenopausalen hysterektomierten Frauen und 16.608 postmenopausalen Frauen.
Ergebnis: Die Einnahme von Östrogen erhöhte bei postmenopausalen Frauen das Risiko für das Auftreten einer Nephrolithiasis signifikant (HR 1,21).
(Arch Intern Med 170(18):1678-1685, 11 October 2010 © 2010 to the American Medical Association Postmenopausal Hormone Use and the Risk of Nephrolithiasis-Results From the Women’s Health Initiative Hormone Therapy Trials. Naim M. Maalouf, Alicia H. Sato, Brian J. Welch, et al.:  Link zum Abstract: http://archinte.ama-assn.org/cgi/content/abstract/170/18/1678?etoc)

Nachtrag 02/2013

Studie:  Schierbeck LL, Rejnmark L, Tofeng CL et al. Effect of hormone replacement therapy on cardiovascular events in recently postmenopausal women: a randomised trial. BMJ 2012 (9.Oktober); 345: e6409 : http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=23048011
“Nachträgliche Analysen der grossen Studie der «Women’s Health Initiative» konnten für Frauen, die schon kurz nach der Menopause Hormone erhielten, keinen signifikanten Vorteil zeigen. Auch bei frühem Einsatz der Hormone war das Risiko im kardiovaskulären Bereich, aber auch für einen Brustkrebs erhöht.1 Mit anderen Worten: es gibt kein sinnvolles therapeutisches Fenster für die Hormonsubstitution. Die vorliegende Studie ändert daran nichts. Die methodologischen Mängel sind zu gross (offene Studie, im Studienprotokoll keine kardiovaskulären Endpunkte definiert, kardiovaskuläre Ereignisse zu wenig verifiziert), als dass man annehmen dürfte, eine frühe Hormonsubstitution sei problemlos. Verwunderlich ist eigentlich nur, dass eine angesehene Zeitschrift wie das BMJ eine derart fragwürdige Studie veröffentlicht.” Etzel Gysling in infomed-screen Jan/Feb 2013

Erneut “Entwarnung” für Postmenopausale Hormone – Was ist dran?!

blitz-a-t           22. September 2017
Nach dem vorzeitigen Abbruch der WHI-Studie (1) wegen negativer Nutzen-Schaden-Bilanz der postmenopausalen Hormontherapie vor 15 Jahren hat es an Versuchen, die Ergebnisse umzudeuten und die Hormone zu rehabilitieren, nicht gefehlt. Seit Langem etwa wird ohne hinreichende Datenbasis die so genannte Timing-Hypothese, nach der die schädlichen Effekte der Hormone für jüngere Frauen nahe der Menopause nicht gelten sollen, gegen die WHI-Studie ins Feld geführt – allen voran übrigens auch aus den Reihen der WHI-Autoren selbst (a-t 2007; 38: 65-8; 2012; 43: 92-3 und 2016; 47: 53-4).
Aktuell wird erneut und mit großem Medienecho (2,3) Entwarnung gegeben. „Hormonersatztherapie sicher rehabilitiert“, wird der Präsident der Deutschen Menopause Gesellschaft zitiert (3). Anlass ist eine Nachauswertung der WHI-Studie, die einen Zeitraum von 18 Jahren seit Studienbeginn und von 12,5 Jahren seit Abbruch des Studienarms zur kombinierten Östrogen-Gestagen-Einnahme überblickt. Danach unterscheidet sich die Gesamtsterblichkeit unter Hormonen nicht von der unter Plazebo. Auch hinsichtlich kardiovaskulärer Sterblichkeit und Krebssterblichkeit insgesamt findet sich kein Unterschied (4). Diese Ergebnisse, so erfreulich sie sind, sind aber im Grunde nicht wirklich neu: Auch bei Studienabbruch (1) und in früheren Nachauswertungen (5,6) war die Gesamtsterblichkeit nicht erhöht. Anders jedoch die Brustkrebssterblichkeit: Die Daten zur Hormonkombination belegen nicht nur ein erhöhtes Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, sondern deuten auch auf einen Anstieg des krankheitsbedingten Sterberisikos hin. In einer früheren Nachauswertung zur kombinierten Einnahme von Östrogen und Gestagen nimmt die Brustkrebssterblichkeit unter Verum grenzwertig signifikant zu (Hazard Ratio (HR) 1,96; 95% Konfidenzintervall (CI) 1,00-4,04; p = 0,049) (7), in der aktuellen Auswertung besteht hier nach wie vor ein Trend (HR 1,44; 95% CI 0,97-2,15; p = 0,07) (4).
Die verlässlichsten Daten der WHI-Studie sind ohnehin die bei Abschluss der randomisierten Phase. Alle Ergebnisse in der Folgezeit sind mit sehr viel mehr Unsicherheit behaftet. Wie sich beispielsweise die Risikobefunde und die Entblindung der Gruppenzugehörigkeit nach dem vorzeitigen Stopp auf das gesundheitsbezogene Verhalten der teilnehmenden Frauen und damit indirekt auch auf ihr Sterberisiko ausgewirkt haben, ist unbekannt. Die unter Einnahme der Hormonkombination vermehrt aufgetretenen Thromboembolien, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Brustkrebs- und operationsbedürftigen Gallenblasenerkrankungen bleiben schwerwiegende Risiken für Anwenderinnen, auch wenn sich eine Auswirkung auf die Gesamtsterblichkeit nicht nachweisen lässt. Für diesen Endpunkt war die Studie nicht primär ausgelegt und trotz ihrer Größe möglicherweise nicht ausreichend gepowert. Zur Bilanzierung von Nutzen und Schaden der Hormontherapie wurde in der WHI-Studie ein so genannter Global Index definiert, in den – als durch Hormone potenziell positiv oder negativ beeinflusste schwerwiegende Ereignisse – Brustkrebs, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall, Lungenembolie, Endometriumkarzinom, Darmkrebs, Hüftfraktur und Tod wegen anderer Ursachen einflossen. Laut Originalpublikation wurde der Index gewählt, weil den Studienautoren die Gesamtsterblichkeit als „zu intensiv“ erschien (1). Der Global Index weist nicht nur bei Studienabbruch (1), sondern auch noch drei Jahre später, und nachdem 96% der Frauen die Einnahme beendet hatten, auf ein Überwiegen des Schadens hin (HR 1,12; 95% CI 1,03-1,21) (5).*
Von einer Trendwende, den die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, Hormone und Stoffwechsel kürzlich ausgerufen hat (8), kann also, was die Datenbasis der Hormontherapie angeht, keine Rede sein. An der Nutzen-Schaden-Bilanz ändert die aktuelle WHI-Publikation nichts. Frauen, die wegen ausgeprägter Wechseljahresbeschwerden Sexualhormone einnehmen wollen, stehen weiterhin vor einer schwierigen Entscheidung. Sie müssen den Vorteil einer symptomatischen Linderung beschwerlicher, aber nicht bedrohlicher Befindlichkeitsstörungen gegen das erhöhte Risiko schwerwiegender, potenziell lebensbedrohlicher Schädigungen abwägen. Fällt die Entscheidung für die Therapie, sollten die Hormone so kurz wie möglich und in möglichst niedriger Dosierung angewendet werden.
(R = randomisierte Studie) 
1 Writing Group for the Women’s Health Initiative Investigators: JAMA 2002; 288: 321-33
2 SMYTH, C.: The Times vom 13. Sept. 2017; http://www.a-turl.de/?k=eutk
3 SPIEGEL ONLINE vom 13. Sept. 2017; http://www.a-turl.de/?k=erzo
4 MANSON, J.E. et al.: JAMA 2017; 318: 927-38
5 HEISS, G. et al.: JAMA 2008; 299: 1036-45
6 MANSON, J.E. et al.: JAMA 2013; 310: 1353-68
7 CHLEBOWSKI, R.T. et al.: JAMA 2010; 304: 1684-92
8 Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, Hormone und Stoffwechsel: Pressemitteilung vom 24. Aug. 2017; http://www.a-turl.de/?k=utli
* Die Risikobilanz von Östrogenen allein fällt etwas günstiger aus (6). Sie kommen aber nur für eine Minderheit der Frauen ohne Gebärmutter in Betracht.
Redaktion arznei-Telegramm, A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH, www.arznei-telegramm.de

Nicht hormonelle Kontrolle der vasomotorischen Symptome der Postmenopause

Zu den belastendensten Symptomen in der Menopause gehören sicher die Wärmeschübe, die anfallsmässig auftreten und mit Schweissattacken einhergehen (Wallungen). Sie entstehen im thermoregulatorischen Zentrum des Hypothalamus, wo Neurokinin-3-Rezeptoren durch Neurokinin B stimuliert werden. Östrogene hemmen diese Stimulation. Fezolinetant ist ein oraler, nicht hormoneller und selektiver Neurokinin-3-Rezeptor-Antagonist, der in Phase-2-Studien sowohl Frequenz als auch Intensität der vasomotorischen Beschwerden linderte.

Nun liegen die Resultate einer multizentrischen Phase-3-Studie vor. Sie wurde in sieben Ländern randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert bei insgesamt 500 Frauen in der Menopause (Alter 40–65 Jahre) durchgeführt. Die vasomotorischen Beschwerden traten vor Studienbeginn durchschnittlich 7× täglich auf und waren mässig bis schwer. Fezolinetant wurde mit einer Dosis von 30 oder 45 mg 1× täglich eingesetzt, also deutlich niedriger als in den Vorstudien. Mit beiden Dosierungen zeigte sich – im Vergleich zu Placebo – bereits nach einer Woche ein Rückgang der Frequenz und Intensität der Symptome, der nach vier Wochen signifikant war und schliesslich über zwölf Wochen anhielt. Die Studie wurde nach zwölf Wochen ohne Placebogruppe mit anhaltendem Effekt bis 52 Wochen fortgeführt. Schwere Nebenwirkungen, die zu einem Abbruch der Medikation führten, traten 1× in der Placebogruppe, 2× in der 30-mg-Gruppe und 5× in der 45-mg-Gruppe auf. Leberenzymerhöhungen waren selten und transient.

Diese Resultate sind sehr ermutigend. Die Effekte auf andere menopausale Beschwerden, welche die Lebensqualität beeinträchtigen (Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, sexuelle Funktionsstörungen), wurden bisher nicht erfasst. Es fehlen auch noch Daten zu Langzeitsicherheit und Interaktionen mit anderen Medikamenten.

Zeit des Ankommens

(Sabine Dermon am 30.05.22 im Tagesanzeiger)
Nun, ich erlebe die “Wechseljahre” gerade als wundervolle Zeit des Ankommens. Und zwar bei mir selbst. Während sich meine Töchter gerade am Finden und auf der Suche nach sich selbst sind, weiss ich genau, wer ich bin, was ich kann, wo meine Stärken und Schwächen liegen. Ich fühle mich geerdet und stabil und erlebe eine nie da gewesene innere Gelassenheit dem Leben gegenüber. Ich fühle mich geborgen und in Frieden mit meinem «ich». Ich schätze nicht nur meine Schokoladenseiten, sondern akzeptiere auch Makel und Unvollkommenheit – etwa, dass ich einen katastrophalen Orientierungssinn habe.
Überhaupt nehme ich bezüglich Müssen und Sollen immer mehr den Fuss vom Gaspedal. Ich rücke mich und meine Bedürfnisse stärker ins Zentrum. Ja, ich erfinde mich neu! Das hört sich nun dramatisch an und ja, bei manch einer Frau in dieser Lebensphase wird das Leben gehörig umgekrempelt, den Job an den Nagel gehängt und der Mann verlassen; gottlob selten umgekehrt.
Bei manchen sind es allerdings nur Nuancen, kleine innere Weichen, die neu gestellt werden. Die Frage nach der inneren Zufriedenheit mit dem eigenen Leben steht da plötzlich ganz gross im Raum. Es ist auch eine Zeit des Infragestellens. Bewährtes möchte ich erhalten, Neuem einen Raum geben. Zeit, Entscheidungen zu treffen und eine erste Lebensbilanz zu ziehen. Für viele in diesem Alter sind entscheidende Phasen abgeschlossen – das Haus ist gebaut, die Kinder aus dem Gröbsten raus, der Berufsweg dümpelt vor sich hin, wie vielleicht auch das Eheleben.
Ich aber verspüre einen neuen Tatendrang, mein Leben zu optimieren! Möchte Neues anpacken und Routinen durchbrechen. Anders als früher, lasse ich die Dinge aber auch auf mich zukommen, statt alles steuern zu wollen.

Das Leben kann nur vorwärts gelebt werden.
Kürzlich las ich von 9 Dingen, welche eine junge Frau von einer gestandenen 50-Jährigen lernen könnte. Dinge wie, sich selber zur Priorität Nummer 1 zu machen, lernen «nein» zu sagen, aufzuhören darüber nachzudenken, was andere von einem halten, sich selber nicht zu ernst zu nehmen etc. All diese Phrasen kann ich unterschreiben. Aber – es ist ein Dilemma. Denn leider gelangt man zu diesen wunderbaren Erkenntnissen nur über Erfahrungen – nicht über Ratschläge! Ich merke dies jeweils, wenn ich mit neun-mal-klugen Lebensweisheiten bei meinen Teenietöchtern antanze und ihnen das Leben erklären will.
Die schauen mich dann bedröppelt an und denken sich wohl, die Mutter hat wieder ihre fünf Minuten und echt keine Ahnung vom anstrengenden Teenieleben – und was für uns gut und wichtig ist! Wieder eine Erkenntnis mehr: Das Leben kann nur vorwärts gelebt und vor allem durchlebt werden. Es gibt keine Abkürzung! Nur so gelangt man wie ich, irgendwann bis zur Mittelstation. Und die Aussicht da oben gefällt mir. Ich versuche, den Panoramaweg einzuschlagen und werte Stolpersteine als das, was sie sind: neue Aufgaben- und Übungsfelder. Schliesslich will ich ganz nach oben, bis zum Gipfel. Die Wanderschuhe sind geschnürt!
(Sabine Dermon am 30.05.22 im Tagesanzeiger)

Literatur zu den Wechseljahren:
vonOomen, Francine, “Francine und die total heiße Phase” – Wechseljahre für Anfängerinnen; Knaur Verlag
Dr.med. Christiane Northrup, “Weisheit der Wechseljahre”; Goldmann Verlag, ISBN-10: 3-442-21907-8

Lesen Sie auch dies!
und über
die Wechseljahre beim Mann!
und über die Blütenjahre der jungen Frau!

Veröffentlicht am 13. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
30. August 2023

Testosteron – Anabolika

Männer in den Wechseljahren

Zuerst die Begriffsverwirrung: Andropause oder ADAM ( für: Androgen Decline in the Aging Male = Androgenrückgang beim alternden Mann) oder Klimakterium virile (virilis = männlich) oder Penopause?

Testosteron hat den Weg vom Schwarzmarkt zum Massenphänomen geschafft. Bislang haben das Hormon vor allem Sportler und Bodybuilder weitgehend illegal benutzt, um ihren Körper in Form zu bringen. Hinzu kamen Männer mit einer seltenen Unterfunktion der Hoden. Doch immer mehr Mediziner wollen uns ein mysteriöses Phänomen weismachen, dass jeden Mann irgendwann zum Kandidaten für eine Testosteron-Kur machen könnte: die «Wechseljahre des Mannes».
Doch die Wissenschaftler sind äusserst zerstritten.
Vorbild der neuen Theorie ist die Menopause der Frauen. Dann stellen die Eierstöcke die Produktion der Östrogene ein. Etwa eine von drei Frauen spürt den Rückgang der Sexualhormone als Wechseljahrsbeschwerden. Hier sind wir aber bereits viel weiter als beim Mann: Als hormonabhängiges Symptom wird nur mehr die (vor allem nächtlichen) Hitzewallungen als Krankheit anerkannt, gegen die sich viele Frauen zur Linderung das weibliche Sexualhormon verschreiben lassen. Darüber hinaus haben Östrogene aber schnell einen Ruf als Elixier ewiger Gesundheit erworben: Auch gegen Herzkrankheiten, Alzheimer und so weiter sollten die Hormone helfen (was ja nachweislich nicht stimmt – siehe!).

Altersbeschwerden nicht mit Hormondefizit verwechseln!

Ein echter Testosteronmangel bei Männern über 60 Jahre ist seltener als früher angenommen. Statt 10 bis 30 Prozent, wie noch vor wenigen Jahren vermutet, haben effektiv nur etwa 3 bis 5 Prozent der 60- bis 79-Jährigen einen wirklichen Testosteronmangel, der den Libidomangel und andere Symptome erklärt. Männer über 60 Jahre fühlen sich mitunter nicht mehr vital, die Muskelmasse schwindet, das Fettgewebe nimmt zu. Wenn dann noch die Libido nachlässt, mitunter sogar Hitzewallungen und depressive Verstimmungen dazukommen, fallen Medienberichte über die Folgen eines Testosteronmangels im Alter natürlich auf fruchtbaren Boden.
In diesen Berichten werden die Zusammenhänge allerdings stark vereinfacht. Altersbeschwerden werden generell auf einen Testosteronmangel zurückgeführt. Aber die dem Hormonmangel zugeschriebenen Beschwerden sind so zahlreich und unspezifisch, dass viele andere Ursachen in Frage kommen. Tatsächlich gibt es selbst für ältere Männer mit Testosteron-Überschuss genügend Gründe in eine «Midlife-Crisis» zu geraten. Kraft und Potenz lassen nun einmal mit dem Alter nach; die Rolle in der Familie ändert sich; man stellt fest, dass man seine Lebensziele doch nicht erreicht hat, im Beruf bedroht einen die jüngeren Konkurrenten und zudem kündigen sich Alterskrankheiten an – das kann schon mal auf die Stimmung drücken. Es gibt wenige Forschergruppen, die systematisch untersucht haben, ob sich ältere Männer mit niedrigeren Hormonwerten wirklich weniger fit sind. Eine ist die Gruppe um die Psychologen Annette Degenhardt und Andreas Thiele von der Universität Frankfurt. Bei ihrer Studie an 300 Männern zwischen 35 und 65 kam das Gegenteil dessen heraus, was Testosteron-Gläubige heute annehmen. Die Männer, die mit sich nicht zufrieden waren, hatten deutliche höhere Spiegel als diejenigen ohne Beschwerden. Trotzdem wundert es nicht, dass trotz dieser Wissenslücken der Glaube an das Hormon zunimmt. Zu perfekt passt Testosteron zum Zeitgeist. US-Studien zeigen, dass männliche Models in den letzten Jahren immer mehr an Muskelmasse zugelegt haben. Mancher Werbespot für Rasierwasser ist eher Reklame für Massen-Doping, weil Waschbrettbauch, Bizeps- und Brustumfang der Models nur mit Hilfe von Hormonen zu erreichen sind.

Achtung: FDA-Warnung!
Die FDA verschärft ihre Warnung für alle Produkte, die Testosteron enthalten und warnt vor Risiken wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Unfruchtbarkeit, Depressionen und aggressivem Verhalten. Oftmals erfolgt die Testosteroneinnahme in Kombination mit der anaboler Steroide, wodurch die Risiken noch verstärkt werden. Beim Absetzen kommt es häufig zu Entzugserscheinungen wie Müdigkeit, Appetitverlust, Schlaflosigkeit usw. Überdies ziehen “normale” Männer keinerlei Nutzen aus der Einnahme, haben jedoch dieselben Risiken… (FDA Safety Information and Adverse Event Reporting Program. Posted 10/25/2016. http://www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm526206.htm)

Das grosse Problem bei jüngeren Männern, die Testosteron nehmen, ist es , dass das natürliche Testosteron nach der Einnahme häufig nicht mehr richtig in Gang kommt! Testosteron kann Dich für immer ruinieren: Es als Anabolikum zu nehmen birgt das bedeutende Risiko, dass die Hypophyse irreversibel einschläft und ein bleibender sog. “hypogonadotroper Hypogonadismus” entsteht!

Libidomangel ist das Leitmotive des Testosteronmangels!

Alle Männern über 60 mit verminderter Libido und erektiler Dysfunktion rate auch ich zum Labortest – sowie Männer mit Übergewicht, erhöhtem Blutdruck, erhöhten Blutfetten und erhöhtem Blutzucker, bei denen es häufiger zu Potenzstörungen kommt. Gegen die Osteoporose nützt es nachweislich nur bei “hypogonaden” Männern, also bei wahrem Testosteronmangel – siehe hier!
Studien, die Wirkungen von Testosteron auf einige Altersbeschwerden untersuchen sind zu klein und zu kurz, um wirklich aussagekräftig zu sein oder zeigen eine unbedeutende Wirkung (siehe hier). Im wesentlichen bestätigen sie die Wirkungen, die Bodybuilder das Hormon auf den Schwarzmarkt kaufen lassen: Testosteron ist ein Anabolikum. Auch Männer über 65 legen unter der Wirkung Muskeln zu. Medizinische Bedeutung hat das aber nicht unbedingt. US-Forscher haben in einer Studie an 108 Männern festgestellt, dass nach drei Jahren Testosteron-Therapie zwar deren Muskelmasse, aber nicht deren Kraft zugenommen hatte.

Was ist zuwenig Testosteron?

Der Testosteronspiegel des Mannes sinkt schon in früheren Jahren jedes Jahr um 1 bis 2 Prozent. Dieser natürliche Prozess hat meist keine spürbaren Auswirkungen.
Tatsächlich ist noch völlig offen, welche Bedeutung die Hormone für das Befinden eines Mannes hat. Wir wissen nicht einmal, wie viel Testosteron für einen älteren Mann normal ist. Aus Verlegenheit behilft man sich mit den Werten für junge Männer. Zur Zeit gibt es – aufgrund fehlender Studien und Langzeiterfahrungen – kaum verbindliche Richtlinien und Empfehlungen, ab welchem Spiegel etwa ein behandlungsbedürftiger Mangel vorliegt.
Das Institute of Medicine der USA hat 2004 beschlossen, dass die Wirksamkeit der Behandlung älterer Männer mit tiefnormalen Testosteronwerten (300-400 ng/dl oder 10-12 nmol/l) nicht genügend gesichert ist, um auf Langzeitstudien einer Testosteron-Verabreichung einzutreten. Eine grosse, gut kontrollierte und bestmöglich durchgeführte 6-monatige Studie zeigt 2007 keinerlei positive Resultate (Emmelot-Vonk MH et al. Effect of testosterone supplementation….JAMA 2008;299:39-52)!

Der durch Harmonisierung von Messdaten und einheitlicher Kalibrierung der Analysetechnik für gesunde, nicht adipöse (BMI < 30 kg/m2) Männer im Alter von 19 bis 39 Jahren berechnete Referenzbereich freien Serumtestosterons liegt zwischen 264 und 916 ng/dl.  (Travison TG et al.: Harmonized reference ranges for circulating testosterone levels in men of four cohort studies in the USA and Europe. J Clin Endocrin Metab 2017; DOI: 10.1210/jc.2016-2935).

  • Testosteron sollte nur bedacht werden, wenn bei einem älteren Mann über 60 Jahre das Gesamttestosteron eindeutig vermindert ist:  totales Testosteron: zweimal zwischen 6 bis 9 Uhr morgens gemessen: <9 nmol/l (je nach Studie aber auch erst <7 nmol/l!). Trifft dies zu, stellt sich die Frage, ob ein sog. primärer Hypogonadismus vorliegt (= LH hoch: genetisches Klinefelter-Syndrom) oder ein sekundärer Hypogonadismus (LH niedrig bis normal: d.h. andere Ursachen für diese Unterfunktion der Hoden suchen, z.B. in der Hypophyse oder Medikamenten-Nebenwirkung, z.B. Schmerzmittelabusus, Chronische Schmerzen, Adipositas, Stress, sehr viel Sport,…).
  • Patienten, die mit Testosteron therapiert werden, sind sorgfältig zu kontrollieren. Ziel der Therapie sind vorderhand Werte von 300-450 ng/dl, resp. 10,4-15,6 nmol/l.
  • Die Patienten sind auf Entgleisung testosteronabhängiger Erkrankungen (z.B. Prostatakrebs, Herzkreislauf, Leberschädigung etc.) zu kontrollieren. (Snyder PJ. Hypogonadism in elderly men – what to do, until evidence comes. N Engl J Med 2004;363:440-2 und 482-92). Immer Laborkontrollen von PSA und Hämatokrit während der Testosteroneinnahme.
  • Höchst wahrscheinlich verkürzt Testosterongabe das Leben durch Anstieg der kardiovaskulären Risiken!
  • Männer mit Prostatakrebs, vermehrten roten Blutzellen (Hämatokrit), unbehandelter obstruktiver Schlafapnoe oder unbehandelte Herzschwäche dürfen nicht mit Testosteron behandelt werden!
  • DHEA (Vorläufer des Testosteron) hat keinerlei Anti-Aging-Effekt!

Testosteron macht nicht mehr Lust, Gesundheit und Jugend!

Die einzigen nachweisbaren Effekte von Studien mit Testosteron sind unerwünschte Nebenwirkungen!!! >>>siehe hier!

Rolle der Pharmaindustrie

Hinzu kommt, dass die Pharmaindustrie diesen Trend geschickt aufgreift und die Idee von den männlichen Wechseljahren kräftig durch Werbe-Agenturen vermarkten lässt. In den USA zeigt sich der Erfolg: Dort erleben Testosteron-Präparate seit einigen Jahren bereits jährliche Umsatzsteigerungen um 30 Prozent. Und für die, denen Spritzen oder Pflaster bislang zu lästig waren, gibt es nun ein Testosteron-Gel: Wer den Eindruck hat, dass ihm etwas fehlt, kann sich mit Männlichkeit einreiben wie mit Sonnencreme. (Nebenwirkung von Gel sind u.a. auch unwillentliches Verschmieren und “Verbreiten” an Nahestehende, an Frau und Kinder & es stinkt auch meist etwas…).
Vor dem Hintergrund solcher Trends klingen die Warnungen einiger Experten vor den Risiken einer Testosteron-Therapie wohl eher wie Besserwisserei. Manche von ihnen halten das Sexualhormon für eine der Ursachen, warum das starke Geschlecht einige Jahre früher als Frauen an Herz-Kreislauf-Krankheiten stirbt.

Warum Testosteron nicht als Ausrede taugt.

«Die Geschichte dieses Hormons wurde schon geschrieben, bevor man es chemisch isolieren konnte», sagen die Medizinsoziologin Rebecca Jordan-Young und die Kulturanthropologin Katrina Karkazis. Soeben ist ihr Buch «Warum ein Hormon nicht als Ausrede taugt» auf Deutsch erschienen. Darin räumen sie mit den gängigsten «Zombie-Fakten» über Testosteron auf. Und graben noch eine Schicht tiefer: Die Autorinnen decken auf, wie die wissenschaftliche Forschung zum Vielzweckhormon Testosteron gezielt in bestimmte Richtungen gelenkt und damit Politik gemacht wird. Zum Beispiel, indem Testosteron in der Finanzindustrie komplett anders und positiv dargestellt wird – Risikofreude! – als in Statistiken über Gewalt in Städten. «Man foltert Daten so lange, bis sie sprechen», sagen Jordan-Young und Karkazis im Interview mit Feuilleton-Autor Daniel Graf. Testosteron ist nicht das, was Männer an die Spitze sozialer Hierarchien bringt. Und auch nicht Schwarze ins Gefängnis.

Kann Testosteron das Leben verkürzen?!

Möglicherweise handeln sich die Männer mit der Testosteronsupplementation ein höheres kardiovaskuläres Risiko ein! Dies legt eine Beobachtungsstudie aus den USA nahe, bei der die Daten von etwa 9000 US-Veteranen mit Testosteronwerten unter 300 ng/dl (10,4 nmol/l) ausgewertet wurden. 20% der Männer ohne Testosterontherapie, aber 26% mit Therapie erlitten innert 28 Monaten Beobachtungszeit entweder den Tod, einen Herzinfarkt oder Hirnschlag, sogar obwohl die Männer in der Testosterongruppe im Durchschnitt etwas jünger und gesünder waren!
(Vigen R et al. JAMA 2013;310(17):1829-1836)
Die TOM-Studie (Basaria S et al., N Engl J Med 2010;363(2):109-122) wurde deshalb bereits vorzeitig abgebrochen! Dort war das Verhältnis des Risikos bereits innerhalb eines halben Jahres anstatt 5% bereits 22%!

Herzinfarkt unter Testosteron

Die Einnahme von Testosteron erhöht, zumindest in den ersten drei Monaten nach Beginn der Einnahme das Risiko eines Myokardinfarktes massiv! Das Risiko eines Myokardinfarktes unter Testosteronbehandlung steigt mit zunehmendem Alter. Bei unter 65 Jährigen mit einer bereits bestehenden koronaren Herzkrankheit steigt das Risiko eines Myokardinfarktes unter Testosteroneinnahme deutlich an. Das Risiko verdreifacht sich in den ersten drei Monaten unter Einnahme von Testosteron. (u.a. Finkel W.D. et al. Increased risk of non-fatal myocardial infarction following testosterone therapy prescription in men. Plos One 2014;9, e85805.)

Prostatakrebs

Hinzu kommt der Prostatakrebs, der häufigste Krebs älterer Männer.
Es ist nicht ganz klar, welche Rolle das Testosteron beim Entstehen von Tumoren in der Vorsteherdrüse spielt, aber es fördert eindeutig das Wachstum bereits bestehender Tumoren. Glücklicherweise wachsen diese Tumore meist so langsam, dass die meisten Männer sterben, bevor sie etwas von ihrer Geschwulst merken. Das könnte die Testosteron-Therapie ändern: Selbst Verfechter der Testosteron-Therapie raten deshalb dazu, laufend die Prostata zu kontrollieren.

Knochendichte

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt! Osteoporose ist eine Sorge nicht nur postmenopausaler Frauen. Sie trifft in 13% auch Männer über 50 Jahren. Und 30% aller Schenkelhalsfrakturen treten bei alternden Männern auf. Testosteron verbessert bei jungen hypogonaden Männern die Knochendichte (BMD). Sollten nicht auch ältere Männer davon profitieren? Mitnichten! Bei 448 Männern über 70 Jahre wurden (totales) Testosteron und Östradiol, luteinisierendes Hormon und Knochendichte über acht Jahre verfolgt. Überraschung: Beim betagten Mann sind nicht der altersbedingte Hypogonadismus, wohl aber verminderte Östradiolspiegel mit verminderter BMD assoziert. Therapeutische Konsequenzen aus diesen Resultaten zu ziehen, wäre allerdings verfrüht. (Amis S. et al. Association of hypogonadism and estradiol levels with bone mineral density in elderly men from the Framingham study. Ann Intern Med 2000;133:951-63 (Editorial 1002-4))

Phthalate (BPA oder Bisphenol A) = Weichmacher aus Plastik in unserer Umwelt und Testosteron / Spermazahl

Ein guter, aber auch erschreckender Übersichtsartikel hier: https://www.piqd.de/gesundheit/das-sperma-problem-das-ende-der-menschheit-kann-schneller-kommen-als-wir-denken?

Was kann man sonst tun

  • Meiden Sie Nikotin, Alkohol und Stress. Vor allem dieses Trio lässt den Hormonspiegel von Testosteron fallen. Erhöhen tut ihn aber Bewegung und Abspecken.
  • Regelmässige körperliche Bewegung, vor allem Sport, steigert die Produktion von Testosteron. Studien konnten zeigen, dass der Testosteronwert nach kurzer, intensiver Bewegung von 25 bis 45 Minuten um mehr als 25 Prozent ansteigt. Der Effekt ist aber nicht nur kurzfristig: Regelmässige Bewegung steigert den Testosteronwert erwiesenermaßen um rund 15 Prozent (Med Sci Sports Exerc., Hawkins et al, 2008).
    Im mittleren Lebensalter vernachlässigen viele Männer ihre Fitness zwischen Anforderungen von Familie und Karriere. Wenn man dann wieder anfängt, sich körperlich zu bewegen und etwas abzunehmen, kann das allein schon den Testosteronwert wieder auf ein normales Level heben.
    Das heisst: Nehmen Sie sich mindestens dreimal wöchentlich Zeit für eine halbe bis eine Stunde Ausdauertraining.
  • Achten Sie auf Ihre Ernährung: Sie sollte genügend Zink enthalten, weil dieser Mineralstoff für den Testosteronaufbau nötig ist. Zink gibt’s hauptsächlich in Käse, Fisch, Meeresfrüchten, Geflügel, Fleisch, Nüssen sowie in geringerem Masse in Getreide, Hülsenfrüchte und Gemüse.
  • Wer Übergewicht hat, sollte abspecken. Bei Männern mit ausgeprägtem Bauchfett ist ein Enzym im Fettgewebe besonders aktiv, es heisst Aromatase. Das Enzym wandelt das männliche Geschlechtshormon in weibliches Geschlechtshormon um – und trägt damit zu einem Abfall des Bluttestosteronspiegels bei. Wenn der Organismus durch regelmässige sportliche Aktivitäten zum Beispiel fünf Kilogramm Fett verliert, wird die Testosteronausschüttung automatisch gefördert (5 Kilo weniger bedeuten rund ein Drittel höheren Testosteronspiegel).
  • Regelmässig Sex wirkt sich positiv auf den Testosteronspiegel aus.
  • Männer, die sich am frühen Morgen hellem Licht aussetzen, vermögen damit ihre Testosteronspiegel zu erhöhen. Dazu benötigt Mann zwischen 5 und 6 Uhr eine Stunde lang 1000 Lux. Dabei kletterte das für die Testosteronbildung zuständige luteinisierende Hormon (LH) um fast 70% in die Höhe  (In-Young Yoon et al., Neuroscience Letters 2003;341:25-28). Ebenso wie Depressionen, folgern die Forscher, könnten sich Libidoverlust und gedämpfte Sex-Aktivität – die Depressionen bekanntlich oft begleiten – durch helles Licht günstig beeinflussen lassen. Eventuell ist dabei nun der Testosteronanstieg nur eine Folge der gesteigerten Sexaktivität und nicht eine direkte Folge des Lichteinflusses.
  • Auch Phytoandrogene haben einen Einfluss auf den Testosteronspiegel. Phytoandrogene sind pflanzliche Stoffe, die ähnlich wirken wie Androgene. Dazu zählen die Isoflavone, die auch eine östrogene Wirkung haben (enthalten zum Beispiel in Soja) sowie Ginseng, Brennnesselwurzel und Hafer. Von diesen gibt es Fertigpräparate. Die Brennnesselwurzel eignet sich auch sehr gut für Tee.
  • Milch hilft Muskeln wachsen: Wer beim Krafttraining an Muskelmasse zulegen will, sollte Milch trinken. Das zeigt eine Studie an Männern, die 12 Wochen lang Gewichte stemmten. Sie wurden in drei Gruppen aufgeteilt: Die erste trank nach dem Training fettarme Milch, die zweite einen Soja-Drink und die dritte kohlenhydrathaltige Getränke. Die Milchtrinker bauten am meisten Fett ab – und am meisten Muskeln auf (Hartmann JW et al, Consumption of fat-free milk after resistance exercise, Am J Clin Nutr. 2007 Aug;86(2):373-8).
  • Anti-Aging: Was man selbst tun kann!

Konstruiertes Konzept der binären Sexualhormone

Das vereinfachende Konzept der binären Sexualhormone bleibt hartnäckig in den meisten Köpfen: Die Östrogene machen die Frau und steuern die liebevolle Mutter am Herd – Testosteron macht den Mann und steuert den wilden Kerl im Krieg oder an der Börse.
Wie konnte diese Simplifizierung selbst in Studien namhafter Forscher weiter Bestand haben? Vor allem ist es die Macht kultureller Glaubenssätze, denn am Anfang jeder Wissenschaft steht ein Weltbild, das den Blick der Forschenden steuert. Die aufgeführten Beweise sind erdrückend, und es fällt schwer zu widersprechen, wenn die beiden schreiben: „Sie folterten ihre Daten so lange, bis sie endlich sprachen.“ (Rebecca M. Jordan-Young, Katrina Karkazis: Testosteron. Warum ein Hormon nicht als Ausrede taugt. 2020, 384 S.)

Existiert ein Östrogenmangelsyndrom beim Mann?

Nein! Nicht direkt… Es ist immer die Folge eines Testosteronmangels, welches das Prohormon des Östrogens beim Mann ist, d.h. das meiste Östrogen beim Mann wird aus seinem Testosteron gebildet. Ist dieses nun zu tief, zeigt sich auch ein Mangel des Östrogens. Eine Therapie mit Östrogenen ist deshalb beim Mann unsinnig, ja gefährlich, da Brustwachstum und Herz-Kreislaufkrankheiten entstehen oder verschlechtern können. Man sollte immer nur mit Testosteron behandeln!

Gibt es ein Androgenmangel-Syndrom bei der Frau?

Just zu einem Zeitpunkt, wo der Nutzen und die Sicherheit einer langfristigen Östrogengabe nach der Menopause zunehmend hinterfragt werden (darüber lesen Sie hier!), ist immer öfter die Rede von einem Androgenmangel-Syndrom der Frau. Nicht nur der alternde Mann, so plädieren die Verfechter des neuen Syndroms, sondern auch Frauen nach der Menopause fühlten sich in gewissen Fällen dank der Gabe männlicher Geschlechtshormone (auch DHEA) vitaler und hätten eine grössere sexuelle Spannkraft. Die Existenz eines solchen Syndroms – zumindest bei gesunden, älteren Frauen – ist in Fachkreisen allerdings äusserst umstritten, denn die Rolle der Androgene im weiblichen Organismus ist wenig untersucht, allfällige Mangelsymptome äussern sich unspezifisch und mit breiten individuellen Schwankungen. Vor allem die Abgrenzung der Symptome gegenüber dem Ausdruck einer unbefriedigenden partnerschaftlichen Situation, einer Depression oder weiterer Krankheiten ist äusserst schwierig. Es fehlen auch grosse Studien, weshalb hier gar nicht weiter darauf eingegangen wird.
Es gibt hier eine Ausnahme: Bei einem schweren Hirsutismus (männliche Behaarung einer Frau) und einem Testosteron über 5 ist eine Testosterontherapie angesagt.

www.bodytuning-check.ch

Veröffentlicht am 07. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
17. April 2021