Was ist normal?
Wie viele “Erkältungen” oder Schnupfen sind eigentlich noch normal? Man muss wissen, dass Kinder unter 3 Jahren mit geringem Ansteckungsrisiko (Einzelkind, wenig Kontakte) bis 3 bis 4 Infekte pro Halbjahr normalerweise haben. Kinder unter 3 Jahren mit hohem Ansteckungsrisiko (viele Geschwister, Hortkinder) sogar bis 6-8 Infekte! Dann Kindergartenkinder ebenfalls bis 6-8 virale, bzw. 3 bis 4 bakterielle Infekte und Schulkinder und Erwachsene bis 3-4 Infekte pro Halbjahr.
Allergie?
Zuerst wäre mal abzuklären, ob nicht eine Allergie gegen Hausstaub, Hausstaubmilben, Tierhaare, Nahrungsmittel, Schimmelpilze, Bakterien, Pollen, etc. dahinterstecken könnte. Ein therapeutischer Versuch mit Antihistaminika (Histamin ist ein Entzündungsstoff, der bei Allergien vermehrt auftritt) mittels Nasenspray kann einen diagnostischen Hinweis geben. Hautteste schaffen dann Klarheit.
30 bis 50% der Leute mit allergischer Rhinitis entwickeln auch ein allergisches Asthma. Das Asthma muss also auch mitbehandelt werden.
Menschen mit allergischem Schnupfen leiden häufig zusätzlich an einer sogenannten “nasalen Hyperreaktivität”. Dabei kann die Nase auch extrem auf andere Reize wie Rauch, kalte Luft, Gerüche oder auch körperliche Aktivität reagieren.
Es sollte eine staub- und milbenarme Umgebung erreicht werden: Vollständiges Rauchverbot und Reduktion von Staubfängern sind immer gerechtfertigt. Möglichst nicht zügeln (neue allergische Stoffe!). Keine Fell- oder Feder-Haustiere! Im Schlafzimmer sollte es kühl, gelüftet und trocken (Luftfeuchtigkeit möglichst unter 50%) sein. Kein Teppich und regelmässig gründlich staubsaugen. Bettwäsche jede Woche heiss waschen (v.a. auch Wolldecken). Matratze, Duvet und Kissen in Plastikhüllungen stecken (v.a. die speziellen Matratzenhüllen reduzieren die Milbenbelastung zu 90 Prozent, z.B. “Allergy Control”-Produkte.). Es empfiehlt sich, waschbare Synthetik-Deckbetten statt Federduvets zu kaufen. Bei Polstermöbeln Leder- oder Kunststoffbezüge wählen. Stofftiere sollten jeden Monat einen ganzen Tag in den Tiefkühler. Vorhänge häufig waschen. Wohnlagen über 1000 Meter über Meer und im 3.Stock an aufwärts sind milbenarm.
Entfernen Sie die beliebte Zimmerpflanze Ficus benjaminus (häufig mit Kreuzallergie gegen Latex) aus Ihren Räumen. Sie können dieses Allergie per Prick-Hauttest vom Dermatologen bestätigen lassen.
Als Kerzen sollte man in Innenräumen nur mehr solche aus Stearin und Bienenwachs benützen, da die häufigsten Paraffinkerzen einen massiven Feinstaub abgeben (der “Diesel-Lastwagen” im Wohnzimmer!).
chronischer Schnupfen ohne Allergienachweis
Negative Allergie-Hauttests (RAST), keine bekannten Allergieauslöser, keine familiäre Allergiegeschichte (Atopie), eine vorhandene Sekretion postnasal (postnasal drip), fehlendes Jucken in der Nase, fehlendes Nasenlaufen (oder selten), fehlendes Niesen (oder selten), fehlende andere allergische Symptome (Asthma, Ekzeme), rötliche Nasenschleimhaut (und nicht blass, geschwollen – wie bei Allergie) und ganzjähriger Verlauf sprechen für nicht-allergischer Schnupfen.
Etwa 45% sind allergische Rhinitis, 35% sind kombinierte allergische und nicht-allergische und nur 25% sind nicht-allergischer Ursache.
Die nicht-allergischen chronischen Schnupfen werden unterteilt in die sog. “Vasomotorische Rhinopathie” (eine Gefässdysregulation der Nasenschleimhäute, dachte man früher – deshalb dieser Name.). Heute besteht die These, dass dies eher eine Hyperreaktivität (also eine übertriebene Reaktion) der Schleimhäute auf x-beliebige Reize ist. Die Reize können durch äussere (kalte, trockene, verstaubte Luft, Rauch, Hitze, Chemikalien, Alkohol, scharfes Essen) oder innere (psychische) Reizsituationen.
Hormonell oder Drogen-induzierte Rhinitis: Hormone (Schwangerschaft, Antibabypille, Hypothyreoiditis) oder Drogen/Medikamente (Blutdruckmedis: ACA-Hemmer, Reserpin, Methydopa, Prazosin, Beta-Blocker – dann Chlorpromazine, Aspirin, NSAR-Schmerzmittel, abschwellende Nasentropfen und -sprays) können chronische nicht-allergische Schnupfen auslösen.
Übrigens: Schon bei einem akutem Schnupfen sind immer auch die Schleimhäute in den Nasennebenhöhlen mit-geschwollen: Es besteht also immer auch eine Rhino-Sinusitis! Ein chronischer Schnupfen ist also immer auch eine chronische Sinusitis!
Therapie
Allergischer Schnupfen sollte mit Meiden der Allergene, mit Hyposensibilisierung (Pollen) und mit anti-allergischen Medikamente behandelt werden.
Bei den nicht-allergischen Schnupfen sollten obige Reize, Hormone oder Drogen/Medikamente vermieden werden. Es sollten kreislaufstabilisierende Massnahmen probiert werden (z.B. mehr Bewegung, Kneippsche Wechselbäder). Nie abschwellende Nasensprays! Sie schädigen, länger als eine Woche angewendet die Nasenschleimhaut.
Sehr effektiv sind auf die Länge Nasenspülungen mit sog. physiologischer Salzlösung (1 gestrichener Teel. Kochsalz auf ½ l Wasser oder etwa eine Prise pro Deziliter). Sie kann z.B. mit einer Spezial-Giesskanne aus dem Sanitätsgeschäft wie auf dem Bild ins eine Nasenloch eingeflösst werden.
Man kann auch einfach eine 20ml-Spritze vom Hausarzt dazu gebrauchen:
dasselbe als PDF-Datei: www.dr-walser.ch/nase.pdf
In einer grossen randomisierten Studie wurde bei der chronischen Sinusitis diese Nasenspülungen gegen Kochsalz-Spray und gegen Kortison-Spray. Die zweimal-pro-Tag Spülungen waren den Sprays klar überlegen und dem Kortisonspray ebenbürtig (Pynnonen MA et al.,Arch Otolaryngol Head Neck Surg 2007;133:1115-1120).
Auch tägliche Nasenspülungen mit hypertoner Kochsalzlösung (also mehr Salz als oben beschrieben) wirken bei akutem Schnupfen positiv mit weniger Sinusitis-Symptomen (Rabago D et al, J Fam Pract 2002;51:1049-55).
Nach der Spülung zusätzlich einmal täglich für längere Zeit Gencydo 1% – Weleda (verdünnte Fruchtsäfte) in beide Nasenlöcher sprayen.
Gute Erfahrungen bei verstopften Nasen mache ich auch immer wieder mit Sinupret®, einer Mischung aus fünf Pflanzen, die sekretolytisch, antiphlogistisch und antiviral wirken.
Einen seltene Fall eines meiner Patienten muss ich noch erwähnen: Er war allergisch auf den Weichspüler seiner Nasetücher. Beim Wechsel auf Papiernasetücher stoppten alle Symptome!
Bei allen chronischen Symptomen lohnt sich auch immer, die körpersprachliche Aussage etwas sinken zu lassen: “Ich bin verschnupft!”.
Nasenspülungen sonstwo…
In der Medizin haben Nasenspülungen mit Salzlösungen schon immer ihren festen Platz: in der Nachbehandlung nach Operationen, als Prävention und Therapie verschiedener Krankheiten wie Pollenallergien, chronischer Nebenhöhlenentzündungen oder sogar Mukoviszidose – einer angeborenen Stoffwechselstörung, bei der zäher Schleim entsteht, der allmählich lebenswichtige Organe verstopft.
Wissenschaftliche Studien zum Thema Nasenduschen und ihr Einfluss auf das Coronavirus gibt es bisher noch nicht. Jetzt haben US-Forscher von der Oregon Health and Science University zumindest die Daten bestehender Untersuchungen mit anderen Nasenviren ausgewertet. Demnach könnten Nasenspülungen auch im Kampf gegen Corona hilfreich sein. Die Wissenschaftler schreiben dies dem «Spüleffekt» zu. Vor allem die Salzlösung trage dazu bei, dass das Sekret flüssiger wird und sich mitsamt Partikeln und Viren leichter ausspülen lässt. Auf diese Weise vom Schleim befreit, können sich die Flimmerhärchen in der Nase wieder besser bewegen und so ihren Teil zur natürlichen Nasenreinigung beitragen.
Veröffentlicht am 07. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
30. September 2021