Schlagwort: Erschöpfung

  • Burnout

    Burnout

    Psychisch-Physischer Erschöpfungszustand

    In meiner Hausarztpraxis habe ich den Begriff „Burnout“ selten verwendet. Er suggeriert oft, dass allein die Arbeit Menschen „ausbrennt“ und sie wenig dagegen tun können. Natürlich gibt es Arbeitsplätze, die Burnout begünstigen, und chronische Überlastung oder Dauerstress führen zweifellos dazu. Doch ebenso entscheidend sind die persönlichen Voraussetzungen, Ressourcen und Reaktionen. Auch unsere eigenen Eigenschaften tragen dazu bei, dass wir in diesen „psychisch-physischen Erschöpfungszustand“ geraten – so habe ich das Phänomen treffender beschrieben. Die Erschöpfung bleibt dabei das zentrale Symptom.

    Menschen brennen nicht aus, weil eine Aufgabe zu schwer oder eine Verantwortung zu gross ist. Sie brennen aus, wenn sie keinen Einfluss auf ihr Handeln haben, wenn sie sich ohnmächtig fühlen. Achtsamkeitsübungen und Entspannungstechniken helfen da oft wenig. Statt die Erschöpfung als individuelles Problem zu betrachten, sollten Betroffene das „Empörungspotential ihres Burnouts“ erkennen, wie Ursula Nuber es in Psychologie Heute (01/2016) nennt. Unser Körper wehrt sich gegen Überreglementierung, Ausbeutung und ständige Verfügbarkeit. Burnout ist daher auch eine Kompetenz. Wer ausbrennt, sollte das nicht als Schwäche oder Versagen sehen, nicht beschämt den Kopf senken und schuldbewusst versuchen, seine „Akkus“ wieder aufzuladen. Vielmehr kann er stolz auf sein Engagement sein – „müdstolz“, wie Peter Handke es nannte. Ein Müdstolzer erkennt seine Leistung an und hat kein Problem damit, sich und anderen einzugestehen: „Ich kann nicht allem gerecht werden!“

    Die Arbeitswelt macht krank

    Es wäre entlastend, wenn man sagen könnte: Logisch bin ich gerade in einer Krise, denn die Welt ist es auch. Ich glaube, es wäre allgemein besser, wenn es bei psychischen Problemen nicht immer nur den Impuls gäbe, «nach innen zu schauen» und das Individuum in die Pflicht zu nehmen. Im letzten Jahrhundert (zu Beginn und vor allem in den Dreissigjahren) war es „in“ – und man konnte es ruhig zeigen, dass man häufig einen „Nervenzusammenbruch“ hatte. Die Welt war zu stressig für das Individuum und mit diesem Zusammenbruch schuf man sich, durch die Gesellschaft allgemein legitimiert, eine Auszeit, in der man wieder zu Kräften kam.
    Wie wohltuend wäre auch heute wieder ein solches Narrativ. Eines, das psychische Probleme im Kontext der Zeit sieht und unterstreicht, wie schwierig es manchmal ist, nicht durchzudrehen. Eines, das Burnouts nicht nur kuriert, sondern auch fragt: Warum macht die Arbeitswelt krank? Eines, das Ängste nicht nur behandelt, sondern auch wissen will:
    Wie machen wir dieses Welt weniger schrecklich?

    Die Sinnlosigkeit der Arbeit

    Der Ausdruck Burnout verschleiert, dass die Erschöpfung kein quantitatives Problem ist, sondern auch mit der Sinnlosigkeit der Arbeit zu tun haben könnte, damit, nicht selbst über die Ziele der Arbeit bestimmen zu können, damit, gegen die eigenen Interessen oder moralischen Über­zeugungen handeln zu müssen, oder mit dem Gefühl, nichts bewirken zu können. Er verschleiert auch, dass die Erschöpfung, die inzwischen ja selbst (oder gerade?) in Aktivistinnen­kreisen ein zunehmendes Problem darstellen soll, weniger eine Folge der Arbeits­menge als eine Folge der nagenden Furcht ist, letztlich könnte alles für die Füchse gewesen sein.

    Was tun? Vielleicht könnten wir damit anfangen, wenigstens den Begriff Burnout fallen zu lassen. Denn wer sich selbst ein Burnout diagnostiziert, versteht sich, ohne es zu merken, als Dampf­maschine. Er spielt dabei den Mächtigen in die Hände, für die es weniger ermüdend ist, über Quantitäten zu streiten als über Inhalte, über Arbeits­mengen als über politische und soziale Konflikte.
    (der erschöpfte Daniel Strassberg in der Republik, 14.06.22)

    Arbeit kann dein Hirn vergiften

    Es hat sich in einer seriösen Studie gezeigt, dass sich im Laufe eines anstrengenden Bürotages etliche toxisch wirkende Abfallstoffe im Gehirn ansammeln, die dazu führen, dass am Ende des Tages das allseits bekannte Erschöpfungsgefühl einsetzt. Auch Entscheidungen, die am Ende des Arbeitstages getroffen werden, sind generell als schlechter zu bewerten als Entscheidungen, die in der ersten Tageshälfte getroffen werden. Hinzu kommt die immense Bedeutung der Ernährung im Laufe des Tages. So werden mit einem Gefühl der Sättigung bessere kognitive Entscheidungen getroffen, während ein Hungergefühl eher der Feinmotorik dient. Konterkariert wird die Qualität der Entscheidung aber wiederum durch die vorherige Arbeitsdauer. Am Ende des Arbeitstages werden eher Entscheidungen bevorzugt, die einen geringeren Aufwand nach sich zu ziehen scheinen.
    Die StudienautorInnen empfehlen mehr Pausen während eines Arbeitstages und eine Umstrukturierung der Aufgaben im Laufe dieser Arbeitstage, um den Einfluss der externen Faktoren positiver für sich zu nutzen.
    (Studie: Wiehler A, Branzoli F, Adanyeguh I, Mochel F, Pessiglione M. A neuro-metabolic account of why daylong cognitive work alters the control of economic decisions. Curr Biol. 2022 Aug 22;32(16):3564-3575.e5. doi: 10.1016/j.cub.2022.07.010. Epub 2022 Aug 11. PMID: 35961314. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35961314/)

    Totalerschöpfung

    Burnout umfasst eine tiefe Identitätskrise, die oftmals ihren Ursprung in zu hohen Erwartungen an eine Situation hatte. Die letztendliche Totalerschöpfung ist das sozial akzeptierte Zeichen nach aussen, dass etwas nicht stimmt. Burnout ist allerdings mehr als Erschöpfung, die auch entstehen kann wenn man wegen Termindruck drei Wochen durcharbeitet oder fünf Freunden am Stück beim Umzug hilft. Burnout entsteht früher und geht tiefer. Wer selbst noch in der Lage ist, die Reissleine zu ziehen und aktiv Dinge zu tun, die einem gut tun, ist zum Glück noch ein Stück vom Burnout entfernt.

    Fabienne Riener hat in ihrem wunderbaren Text (hier) beschrieben, wie Burnout entsteht: Meistens eben nicht von drei Nachtschichten in einer Woche, sondern eher dann, wenn man lange auf ein Ziel hinarbeitet und regelmässig seine Grenzen überschreitet. Ein spannender Text, den alle lesen sollten, die öfter mal länger arbeiten.

    Chronischer Stresszustand (Dauer-Dysstress), viele Reize, grosse Anforderungen wirkt auf den Sympathikus, auf unsere katabole Seite des Vegetativen Nervensystem (via Cortisol vor allem) und kann in Verlust von Neuroplastizität des Hirns münden (Atrophie des Hippocampus, Schrumpfung der Hirnzellen)! Dies ist zwar schon reversibel (durch Entspannung, Bewegung,…), aber dennoch alarmierend.

    Vita activa vs. Vita contemplativa

    Die Vita activa beschreibt eine Lebensform, bei der praktische Arbeit und soziale Betätigung im Vordergrund stehen. Die Vita contemplativa hingegen ist dem Betrachten und der Kontemplation gewidmet. Die Menschen definieren sich heutzutage oft über ihre Vita activa, indem sie viel arbeiten und danach noch für einen Triathlon trainieren.
    Die Anerkennung für den Teil unseres Lebens, der der Vita contemplativa zugeordnet wird, fehlt oft, obwohl er genauso wichtig ist.
    Es ist auch Teil der Sinnfrage, die sich die Menschen stellen. Sie fragen sich nicht nur, was der Sinn ihrer Arbeit ist, sondern auch, was der Sinn ihres Lebens ist.
    Eine Möglichkeit, um mehr Vita contemplativa in den Alltag zu integrieren, ist pro Tag eine halbe Stunde in der Natur zu verbringen, zum Beispiel am See oder im Wald spazieren zu gehen. Der Wald ist zwar eine massive Reizüberflutung, aber er ist auch eine, die erdet. Ganz im Gegensatz zu einem iPad oder iPhone. Die Welt hier drin kann unser Gehirn nicht verstehen und mündet in einer Erschöpfung.

    Burnoutsymptome

    Das Standard-Messinstrument bei Burnout ist der Maslach Burnout Inventory, der 3 Dimensionen untersucht:
    Emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit.

    Typische Burnout Symptome sind:

    • Konzentrationsprobleme, permanente Müdigkeit, Mattigkeit, Kraftlosigkeit und Erschöpfung – und dies alles nicht nur an einem besonders schlechten Arbeitstag, sondern oft.
    • Lustlosigkeit, Übellaunigkeit, Gereiztheit
    • Gefühle des Versagens, der Sinnlosigkeit, der Ineffektivität
    • Gefühl von Überforderung und Angst, den Anforderungen nicht mehr gewachsen zu sein
    • mangelndes Interesse am Beruf, Kunden/Patienten oder Aufgabenbereich, Gleichgültigkeit gegenüber Projekten, die man normalerweise spannend finden würde.
      Daraus resultierender Zynismus (bis Depersonalisierung)

    Körperliche Symptome können ähnlich wie bei der Depression sehr vielfältig auftreten:

    • Schlafstörungen
    • Kopfschmerzen
    • Verspannungen
    • Rückenschmerzen
    • unspezifische Schmerzen
    • erhöhtes Schmerzempfinden
    • veränderter Blutdruck
    • Engegefühle in Brustkorb und Hals, Atemnot
    • Libidoverlust
    • Zyklusstörungen bei der Frau
    • Suchtverhalten (zur „Eigentherapie“ der psychischen Symptome…)
    • Atypische Gewichtsveränderungen
    • Magen-Darm Beschwerden

    Stadien der Entstehung und begleitende Schlafstörungen

    • Stadium 1) STRESS: Einschlafstörungen
    • Stad. 2) BURNOUT: Ein- und Durchschlafstörungen
    • Stad. 3) FOLGEKRANKHEITEN – als Beispiel die Depression: Früherwachen

    Burnout und Depression

    Es ist umstritten, wo die Definition eines „Burnout“ beginnt und wo die einer „Depression“ aufhört. Überschneidungen sind gross – Unterscheidung nur partiell möglich. Die Prophylaxe beider Zustände ist ähnlich – die Therapie zum Teil und betrifft beim Burnout häufiger in Arbeitssituations-Verbesserungen (siehe weiter unten).
    Als Musterbeispiel soll die weltweite Situation der Landwirte stehen: In einer Umfrage von 2018 soll in Deutschland jeder vierte Bauer Burnout gefährdet sein. Studien zur psychischen Situation von Landwirten zeigen dabei, dass (in Kanada) jeder vierte Landwirt, sein Leben nicht lebenswert findet oder in den vergangenen 12 Monaten an Suizid gedacht hat. Eine amerikanische Pilotstudie fand unter Landwirten heraus, dass 75 Prozent der Landwirte an einer Angststörung leiden, mehr als die Hälfte litt an Depressionen. In Frankreich nahmen sich im Jahr 2017 650 Landwirte das Leben. Die Suizidrate lag damit 50 Prozent höher, verglichen mit dem Rest der Bevölkerung.
    Mehr über die Depression hier >>>

    Burnout als Ende des Sebstoptimierungszwangs

    Hierzu Juli Zeh, die selbst ein Burnout erlebte (Interview mit dem Tagesspiegel vom 5.11.18):
    Ab den 60er Jahren hiess es doch: Sei anders! Finde dich selbst!
    Die Grundidee war, den Menschen von Zwängen und übergeordneten Mustern zu befreien, in die er hinein gepresst wird. Sei es die Religion, die patriarchale Familie, der hierarchische Arbeitgeber. Erst mal ein schöner Gedanke. Nur, was tun mit dieser individuellen Freiheit? Aha, Selbstverwirklichung. Diesen Raum muss man dann auch füllen. Dass das mit enorm viel Druck verbunden ist, haben viele nicht bedacht.
    Die Chance wird zum Imperativ: Du musst deine Freiheit nutzen, du musst gut sein, glücklich sein. Das führt dazu, dass schon Dreijährige im Kindergarten Chinesisch lernen sollen, damit sie mit 24 Jahren einen guten Job bekommen. Die Biografie muss bis ins Letzte durchgeplant sein, nur keinen Fehler machen. Wie soll man sich denn entspannen, wenn man zu dieser Optimierung gezwungen ist, egal worum es geht, Sport, Sex, Liebe, Familie?
    Dies führt unweigerlich irgendwann ins Burnout, in die absolute Erschöpfung!

    Burnout, auch eine gestörte Fähigkeit zur Empfindung positiver Emotionen?

    Die Realität eines Menschen wird durch seinen Fokus bestimmt. Ganz ähnlich ist es mit dem Gefühl, das seine Wahrnehmung beeinflusst. Ganz oft, wenn wir uns leer und ausgebrannt fühlen, vergessen wir, dass sich dadurch, was wir wahrnehmen, verändert und achten nicht mehr auf die übrige Welt um uns herum. So erinnern sich etwa Personen, die sich gestresst oder ausgebrannt fühlen, bei einer Reihe positiver, neutraler und negativer Bilder mit erstaunlicher Detailtreue an das, was auf den negativen Bildern zu sehen ist, wo hingegen sie keine Fakten von den positiven oder neutralen Bildern zu berichten wissen.

    Aus evolutionsbiologischer Sicht möge das auch sinnvoll sein. Wenn Sie auf der Flucht vor einem Säbelzahntiger sind, achten Sie vielleicht darauf, wer Sie noch gerne zum Mittagessen hätte oder was Ihnen bei der Flucht im Weg ist, aber Sie werden wohl nicht innehalten und einen schönen Regenbogen bewundern. Für das Überleben unserer Art ist das auch gut so, doch für das individuelle Wohlbefinden und Glück ist das verheerend.

    Burnout ist im Grunde die gestörte Fähigkeit zur Empfindung positiver Emotionen – und Interventionen, die bei Burnout erfolgreich sind, haben offenbar alle etwas gemeinsam: Sie alle steigern die Fähigkeit einer Person, positive Emotionen zu erleben: Weiterlesen.

    Elternburnout

    Manchmal geraten Eltern in eine Erschöpfung, die anders aussieht als das Jobburnout. Die Mütter und Väter entwickeln Fluchtfantasien, träumen davon, die Familie zu verlassen, vernachlässigen ihre Kinder, können keine emotionale Beziehung mehr zu ihnen aufbauen und neigen sogar zu Gewalt. Sie sind erschöpft davon, dass sie Eltern sind.
    Zwei Studien erbrachten die Bestätigung, dass Elternburnout anders ist als Jobburnout. Fluchtgedanken etwa seien charakteristisch für Eltern – vielleicht weil sie sich nicht krankmelden und bei Erschöpfung nicht ohne weiteres erholen könnten. Die Wirkung auf die Kinder sei gravierend, schreiben die Autoren. Betroffene berichteten übereinstimmend von ihrem Scheitern, emotionale Bindungen zu den Kindern zu pflegen, und von ihrer Aggressivität.
    Ob die Erscheinungsformen Ursache oder Folge des Elternburnouts sind, ist wissenschaftlich nicht geklärt. Es könne auch sein, dass es eine gemeinsame Ursache für die erhöhte Neigung gebe, bei Stress in Fluchtgedanken zu verfallen und die Kinder aus den Augen zu verlieren, etwa ausgeprägter Neurotizismus. Es gibt Hinweise auf Anfälligkeiten: etwa mangelnde Unterstützung des sozialen Netzwerks, der Wunsch, eine perfekte Mutter oder ein perfekter Vater zu sein, fehlende Unterstützung durch den Partner oder fehlende Fähigkeiten, mit Stress und heftigen Emotionen umzugehen.
    (Moïra Mikolajczak u. a.: Parental burnout: What is it, and why does it matter? Clinical Psychological Science, 7/6, 2019. DOI: 10.1177/2167702619858430)

    Abgrenzung zu Erschöpfung und chronischer Fatigue bei ME/CFS und weiteren Ursachen

    Was hilft prophylaktisch und auch therapeutisch gegen das Burnout?

    • Nein sagen lernen!
      Sie können nicht immer allen alles recht machen, ob im Beruf oder in Beziehungen! Wer keine Grenzen ziehen kann, wird unzufrieden und hat bald das Gefühl, dass andere mehr über die eigene Energie und Zeit verfügen als man selbst. Lernen Sie ihre eigenen Bedürfnisse kennen und leben Sie danach.
      Die Arbeitsstelle scannen auf Situationen, in denen wir ohnmächtig sind: Überreglementierung, Ausbeutung und Allverfügbarkeit. Burnout ist eine Kompetenz. Wer ausbrennt, sollte sich das nicht als Schwäche oder Versagen auslegen, er kann stolz sein auf sein Engagement – „müdstolz„. Ein Müdstolzer weiss um seine Leistung und hat daher kein Problem damit, sich und anderen einzugestehen: „Ich kann unmöglich allem gerecht werden!“
      Er empört und wehrt sich an der richtigen Stelle.
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    • Seine Resilienz vergrössern. Die „Resilienz“ ist unsere Kraft zum „Gedeihen trotz widriger Umstände“.
      Dazu ausführlich hier >>>
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    • Dann ist in unserer Zeit des Dauerstress die Entspannung das A und O. Der Rhythmus von Spannung und Entspannung (Kontakt und Rückzug, etc.) sollte auch über die Arbeitswoche weg erhalten bleiben. Das optimale Modell für Dauerstressgeplagte und Leute mit Burnoutgefährdung ist eine 80%-Arbeit mit einem ganztägig freien Mittwoch!
      Ein tägliches Mittagsschläfchen von 30 bis 45 Minuten (nicht länger!) wäre natürlich optimal!
      Weiterlesen >>>
      Auch im Winter kann man saisongerechter Leben und sich bei kürzerem Tageslicht und grösserer Nachtlänge mehr zurückziehen, zur Ruhe kommen und länger Schlafen: also mehr erholen und entspannen (mehr dazu).
      Allgemein lässt sich sagen, dass ein Stärken des Parasympathikus (anabole Seite, regenerativ) hilft (für bessere Verdauung, gegen Schlafstörung und für optimale Reparation).
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    • In der «Müdigkeits­gesellschaft» gehen alle Mitglieder permanent an die Grenzen ihrer Mobilisierbarkeit, der Burnout wird zur Universal­pathologie, zum permanent drohenden Leistungs­infarkt. Dem setzt Byung-Chul Han in seinem neuen Buch „Vita contemplativa“ ein Ethos des Flanierens, des Schlenderns, des Verweilens entgegen.
      Denn alles, was der menschlichen Existenz nach Han einen wirklichen Sinn gibt – die Liebe, das Fest, die Kunst­erfahrung –, hat sein Geheimnis darin, nicht zweck­gerichtet zu sein, kein Ziel zu haben und Zeit zu beanspruchen für nichts als sich selbst. «Das Leben», schreibt Han, «erhält seinen Glanz erst von der Untätigkeit (…) Das wahre Leben beginnt in dem Moment, in dem die Sorge um das Überleben, die Not des schieren Überlebens aufhört. Der letzte Zweck menschlicher Anstrengungen ist die Untätigkeit.»
      Und das Zeremoniell der Untätigkeit – hier werden Hans Reflexionen unmittelbar politisch – ist auch ein Korrektiv für unser «instrumentales Natur­verständnis», das die Welt nur als Ressource betrachtet und unseren Zwecken unterwirft.
      Etwas überspitzt gesagt: Um die Natur zu schonen, die fossilen Brenn­stoffe im Boden zu lassen, müssen wir zuallererst unser Grund­ethos ändern. Um Ressourcen zu sparen, müssen wir wieder lernen, zu verschwenden: unsere Zeit. Wir müssen die Welt so annehmen, wie sie ist. Bei ihr verweilen. Um sie zu betrachten und zu feiern.
      (aus „Die Ökologie des Verschwendens“ von Daniel Binswanger, die Republik 01/23)
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    • Distanz zur Arbeit erhöhen: Keine ständige Erreichbarkeit zu Hause, also keine Arbeitsmails, natürlich auch keine Telefons. Aber auch keine ununterbrochene Erreichbarkeit während der Arbeit! Um konzentriert zu arbeiten, müssen Perioden von 30 bis 40 Minuten völlig störungsfrei sein! Deshalb:
      – Zeitfenster festlegen, wann man erreichbar ist und wann nicht.
      – Antwortfristen festlegen (nicht sofort, sondern dann, wenn es passt).
      – Push-Nachrichten ausschalten.
      – Nein-Sagen, auch mal zum Chef, wenn es sein muss!
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    • Ein Internet, welches mich beherrscht – und nicht umgekehrt, macht krank und brennt aus: Weiterlesen >>>
    • Aufgaben delegieren: Man muss nicht immer alles selber machen – und auch nicht sofort – und auch nicht perfekt!
      Perfektionismus (höchste Ansprüche an sich selbst, strenge Selbstkritik und die ständige Sorge, Fehler zu begehen) kann krank machen, depressiv und ausgebrannt. Therapeutisch hilft, dem „Inneren Kritiker“ mit Mitgefühl zu begegnen. Menschen, die trotz leistungsfordernder Gedanken in schwierigen Momenten achtsam und liebevoll zu sich waren oder eigene Misserfolge eher als Teil der menschlichen Entwicklung sahen, geht es darauf wesentlich besser.

    Stellen Sie sich die dazu die Frage: „Wem gehört mein Leben?!“ (Robert Betz)

    Wer nicht zum Burnout neigt

    Menschen, die offen, fair, verträglich und gewissenhaft sind, haben ein geringeres Risiko, ein berufliches Burnout zu erleiden. Dies ergab eine Onlinestudie mit rund 500 Erwerbstätigen. Diejenigen, die laut dem Hexaco-Persönlichkeitsmodell bei diesen Eigenschaften höhere Werte erzielten, berichteten zum zweiten Befragungszeitpunkt seltener über Burnoutsymptome als die Personen mit hohen Werten beim Neurotizismus und mit höherer Emotionalität.

    Das Forschungsteam schlussfolgert: Menschen mit den Eigenschaften Ehrlichkeit und Bescheidenheit, Verträglichkeit und Extraversion verhalten sich im Job anders. Sie engagieren sich, legen Wert auf wechselseitige Fairness und sind gut im Strukturieren und Organisieren. Sie sehen auch die negativen Aspekte ihres Jobs. Dies befähige sie, sich damit auseinanderzusetzen und aktiv etwas zu verändern.

    Wer das nicht macht, neigt dazu, sich emotional zu distanzieren, schnell zu überfordern und erschöpft zu fühlen, und gerate so schneller in ein Burnout.
    (Karolien Hendrikx u.a.: Personality and burnout complaints: The mediating role of proactive burnout prevention behaviors at work. Scandinavian Journal of Psychology, 2024. DOI: 10.1111/sjop.13005)

    Aber wie sagt man es nun dem Chef?

    Es erleben heute deutlich mehr Menschen als noch vor zwanzig Jahren chronische Erschöpfung durch Arbeit. Das ist nicht nur schlecht für persönliche Schicksale, sondern auch für die Produktivität von Unternehmen. Weswegen viel dafür spricht, dass nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Chefs verstehen, was Burnout ist.

    Erraten kann er oder sie es nicht, selbst wenn er oder sie schon sensibilisiert ist? Drei gute Argumentationshilfen dazu können Sie hier finden.

    Warum es grossartig ist, in etwas schlecht zu sein

    Hässliche Tassen töpfern, maximal peinlich surfen: In der Freizeit darf man schlecht in etwas sein. Für die Psyche. Das Leben hat so viel mehr zu bieten als nur Talent.
    Von Kira von der Brelie in Zeit Online, 02/24

    Wenn Karen Rinaldi darüber spricht, wie schlecht sie surft, lächelt sie übers ganze Gesicht. Dabei gäbe es eigentlich genug Anlass für Frust: Fünf Jahre dauerte es, bis die US-Amerikanerin ihre erste Welle surfte. Fünf Jahre voller Scheitern, Kampf und Selbstzweifel. Fünf Jahre, in denen sie immer wieder versuchte, den richtigen Moment zu erwischen, die richtige Welle, die richtige Körperhaltung. Selbst als es endlich klappte, mutierte sie nicht plötzlich zum Surftalent. Diese Geschichte hat kein klassisches Happy End. Rinaldi fiel immer wieder vom Board, riss sich grosse Wunden in ihre Beine. Und trotzdem machte sie weiter. Selbst als sie an Brustkrebs erkrankte, hörte sie nicht auf ihre Ärzte und surfte wieder, sobald ihre Kräfte es zuliessen.

    Karen Rinaldi hatte sich einen Sport ausgesucht, der für viele gleichermassen faszinierend und schwierig zu bewältigen ist. Dieses Entlanggleiten in den rauschenden Wellen, verschmolzen mit dem Brett und dem glitzernden Nass, das so leicht und spielerisch aussieht. Wer surft, scheint Naturgewalt und den eigenen Körper souverän zu beherrschen. Aber es ist ein Sport, den nur wenige schnell meistern. Zu kraftlos und ungelenk die eigene Körpermitte, zu wenig Balance, um die Kraft des Wassers auszugleichen. Es gibt sicher einfachere Hobbys.

    Warum tat Rinaldi sich das an? Das wusste sie selbst lange nicht, erzählt sie heute im Zoom-Interview und zieht die Schultern hoch. „Ich habe sehr oft daran gedacht, aufzugeben. Dieser Gedanke ist eigentlich immer in meinem Kopf.“ Aber das Meer habe schon immer eine besondere Anziehungskraft auf sie ausgeübt. „Mein ganzes Leben lang hatte ich immer wieder Träume von Meereswellen. In den guten werde ich eins mit dem Meer und bin furchtlos, in den schlechten ertrinke ich“, erzählt sie. „Diese Spannung hat mich fasziniert. Surfen war eine Möglichkeit, sie auf eine sehr reale, körperliche Weise zu erleben.“ Dieser Gedanke zaubert ihr das breite Lächeln aufs Gesicht.

    Es war ein Gefühl, das stärker war, als der Wunsch aufzugeben. Und Karen Rinaldi wagte einen Perspektivwechsel: Sie transformierte ihren Dilettantismus vom Makel zum eigentlichen Ziel. In der New York Times veröffentlichte sie eine Kolumne über ihre talentfreie Surfleidenschaft, die so erfolgreich war, dass sie daraufhin ein ganzes Buch damit füllte. „Ich glaube, dass das Glück darin besteht, zu akzeptieren, was wir nicht können und darin zu verweilen“, schreibt sie darin. Und: „Das Leben hat so viel mehr zu bieten als nur Talent.“

    Recht hat sie. Es macht glücklich, schlecht in etwas zu sein und es trotzdem zu tun – oder auch gerade deswegen. Ulrich Reinhardt, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen, forscht seit Jahren zum Freizeitverhalten der Deutschen. Er sagt: „Immer mehr Menschen wollen eine Alternative zum leistungsorientierten Alltag und suchen sich deswegen ein Hobby.“ Denn das Hobby habe keinen Zweck. Es müsse nicht effizient sein. Es solle einzig und allein dem individuellen Wohlbefinden dienen. Man nenne es allerdings eher nicht so, sagt Reinhardt, weil der Begriff „Hobby“ selbst als uncool gelte.

    Ob Feuerwehr oder Fussball – in den Siebzigern sei es ganz normal gewesen, in zwei Vereinen zu sein, mit der zunehmenden Medialisierung in den Nullerjahren sei das allerdings weniger geworden. Seit etwa zehn Jahren erlebe das Hobby eine Renaissance, beobachtet Reinhardt. Ein Faktor: die Corona-Pandemie, in der viele plötzlich selbst Gemüse anbauten oder sich in Heimwerkerprojekten verausgabten. Ein Trend, der sich hält: Auch 2023 war Gartenarbeit laut einer Erhebung der jährlichen Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse das beliebteste Hobby der Deutschen, dicht gefolgt von Shoppen und Fotografieren.

    „Die Menschen wollen sich nicht mehr optimieren, sondern in ihrer Freizeit einen Kontrast zum Alltag herstellen“, sagt Reinhardt. Und dafür sei ein Hobby eben ideal. Auch bei Sportvereinen stehe nicht mehr nur die Leistung im Fokus, sondern immer mehr die Gemeinschaft. „Es geht auch darum, sich in der Umkleidekabine auszutauschen und nach dem Spiel noch was zusammen trinken zu gehen“, sagt Reinhardt. Regelmässig ins Fitnessstudio zu gehen, um abzunehmen oder etwas für den Körper zu tun, sei dagegen jedoch kein Hobby. Denn da steht der Zweck ganz klar im Vordergrund.

    Hobbys haben zwar keinen Zweck – aber eine Menge Vorteile. Sie sind sogar gut für die psychische Gesundheit. Nach Einschätzung von Theo Wehner, emeritierter Professor für Arbeitspsychologie an der ETH Zürich, können Hobbys eine wirksame Prävention gegen psychische Belastungserkrankungen wie Depressionen und Angststörungen sein. „Im Hobby kann man Zeit und Raum vergessen, man geht ganz darin auf, ist im Flow“, sagt er. „Das zu erleben, stärkt unsere geistige Gesundheit enorm.“ Zudem stelle sich die Sinnfrage im Hobby in der Regel nicht. „Es geht nicht darum, dass es objektiv sinnvoll ist, was ich da tue“, sagt Wehner. „Allein dadurch, dass ich mich dafür entscheide, Ton zu kneten oder ein Instrument zu lernen, gebe ich der Tätigkeit eine Bedeutung. Ich generiere Sinn.“

    In unserer Leistungsgesellschaft ist es geradezu subversiv, keinen Erfolg haben zu wollen. Nicht der oder die Beste sein zu wollen, sondern sich stattdessen durchwurschteln zu wollen. Frieden zu finden mit der eigenen Mittelmässigkeit, einen Bereich erlauben, der frei ist von Zwecken und Fremderwartungen. Insofern ist die Zunahme von Hobbys vielleicht auch eine Reaktion auf den alltäglichen Druck.

    Aber was ist mit der Enttäuschung über die eigene Mittelmässigkeit? Der Erkenntnis, dass man eben nicht so gut surft oder töpfert, wie erhofft. Dass Gitarre lernen schwieriger ist als gedacht und man nach Wochen zwar verhornte Finger hat, aber immer noch nicht mal ein Einsteigerstück spielen kann. Diesem unangenehmen Schmerz des Scheiterns, diese Nadelstiche des Unvermögens. Klar, theoretisch wäre es schön, sich von gesellschaftlicher Leistungserwartung frei denken zu können. Praktisch ist das aber gar nicht so leicht.

    Scheitern ist eine Übung in Selsbtmitleid

    Wenn Karen Rinaldi vom Surfen redet, klingt es, als habe sie ihren Frieden mit den eigenen Erwartungen gemacht. Die 62-Jährige spricht viel von Demut, Bescheidenheit und Akzeptanz. Davon, dass das Scheitern eine ständige Übung ist. Wie Meditation. „Ich muss immer wieder lernen, dass es darum geht, sich nicht frustrieren zu lassen und die kritische Stimme im Kopf auszuschalten. Das ist wirklich hart“, sagt sie. „Scheitern ist eine Übung in Selbstmitgefühl.“ Man wisse häufig nicht, wie schwer manches ist, bevor man es nicht selbst ausprobiert habe.

    Rinaldi hilft dieser Raum der Zweckfreiheit auch im Alltag: „Ich habe weniger Angst davor zu scheitern – auch bei den wichtigen Dingen wie Kinder erziehen oder der Ehe“, sagt sie. Rinaldi ist geschieden und hat zwei Kinder im Alter von 23 und 25 Jahren. „Sich selbst zu erlauben, schlecht zu sein, gibt einem viel mehr Freiheit als darauf zu bestehen, besser zu werden.“

    Psychologische Studien zeigen zudem: Schlimmer als das Gefühl des Scheiterns ist das Vermeiden oder Ignorieren von Fehlern. Denn wer einen Irrtum gar nicht wahrnimmt oder ihm von vorneherein aus dem Weg geht, kann auch nicht aus ihm lernen. „Genau darum geht es beim Scheitern: Wir trainieren den Teil unserer Person, der ständigen Erfolg nicht braucht“, sagt Rinaldi. „Dafür müssen wir lernen, unser Ego loszulassen.“ So paradox es auch klingt: Das Scheitern gibt einem die Chance, sich von Leistungserwartungen zu emanzipieren – auch, weil in dem Moment gar nichts anderes übrig bleibt, wenn man nicht aufgeben will.

    „Früher war mit Leistung auch gemeint, dass man jemandem Gesellschaft leistet. Heute geht es um gute Noten, viel arbeiten und darum, Qualitätsansprüchen gerecht zu werden“, sagt der Arbeitspsychologe Theo Wehner. „Und diese Ansprüche haben viele stark verinnerlicht.“ Dabei sei Qualität auch immer eine Sache der subjektiven Wahrnehmung – man könnte es also auch anders sehen. Sein Tipp: „Scheitern akzeptieren, neue Pläne schmieden und keinesfalls in die Opferrolle gehen.“

    Aber wer scheitert, kann seinen Job verlieren. Oder seine Beziehung. Es gibt natürlich auch Bereiche im Leben, da ist es besser, keinen Fehler zu machen. Nicht so im Hobby. „Das Hobby bietet Raum für Spiel und Scheitern“, sagt Wehner. Es muss nicht gelingen, was man da tut. Die eigene Existenz hängt nicht davon ab, ob man gut ist oder nicht. „Es kann einen auch erfüllen, jahrelang auf einem Surfbrett zu stehen und immer wieder nass zu werden, weil man dort seine Begrenztheit im positivsten Sinne erlebt“, erklärt Wehner. „Der irische Schriftsteller Samuel Beckett beschreibt das sehr treffend mit: Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better. Diese Haltung können sich Künstler erlauben, aber auch der Hobbyist sollte es sich erlauben.“ Schöner scheitern also.

    Oder wie die Hobbysurferin Karen Rinaldi es beschreibt: „Die Freude liegt im Versuchen und Herumprobieren.“ Bereichernd findet sie es auch, wenn Menschen ihr beim Surfen Tipps geben. Menschen, die sie noch nie zuvor gesehen hat. „Ich kenne sie nicht, sehe sie nie wieder und trotzdem helfen sie mir. Das ist eine Erfahrung, die fast so gut ist wie das Surfen selbst“, sagt Rinaldi. „Das erlebt man nicht, wenn man alles immer kann.“

    Das Spielerische steckt auch in der ursprünglichen Bedeutung des Hobbys: dem Steckenpferd. „In diesem Bild, über eine Wiese galoppierend, mit einem Stecken zwischen den Beinen, wird die Selbstironie sehr deutlich“, sagt Wehner. „Im Hobby darf ich mich weniger ernst nehmen. Wir sollten so mutig und neugierig sein, das auch zu tun.“

    Einer der Grundpfeiler des Hobbys ist die grosse Freiheit, selbst zu entscheiden, welche Massstäbe man sich setzt. Es geht nicht darum, ob man sich das Getöpferte auch selbst ins Regal stellen würde. Das, was zählt, ist, dass einem das Gefühl des Tons an den Händen gefällt. Oder der Klang der Gitarre, auch wenn man nur jeden dritten Ton trifft.

    Als Karen Rinaldi mit 52 Jahren eine Brustkrebsdiagnose bekam, veränderte sich ihr Leben radikal. Plötzlich war ihr Alltag geprägt von Chemo, Operationen und der Erkenntnis, dass eine Brust abgenommen werden muss, weil sie sonst keine Chance aufs Überleben hätte. Und sie machte sich Sorgen um zwei Dinge: Ob sie ihre 13- und 15-jährigen Kinder weiter aufwachsen sehen würde und ob sie weiterhin surfen gehen könnte. „Ich verstand plötzlich, wie wichtig das Surfen für mich geworden war“, sagt sie. „Uns in den dunkelsten Momenten unseres Lebens spielerisch dem Scheitern hinzugeben, kann helfen, eine neue Perspektive zu finden.“ Man muss sich nur trauen – und ein bisschen Frustrationstoleranz mitbringen.

    Beim „nutzlosen“ Hobby ist es möglich in einen Flow-Zustand zu kommen. Und Flow, wo es auch immer auftritt, macht uns glücklich!

    Warum Ärztinnen mehr Burnout entwickeln als Ärzte

    Der grösste Unterschied zwischen Ärztinnen und Ärzten besteht in der Erwartung, die wir an sie haben. Und das hat Folgen: Ärztinnen sind gefährdeter für Burnouts.
    Wir (Patientinnen und Patienten) wünschen uns eine einfühlsame Behandlung nach den aktuellen medizinischen Erkenntnissen. Ärztinnen sind eher in der Lage als ihre männlichen Kollegen, beide Erwartungen gleichermassen zu erfüllen: Sie zeigen mehr Empathie im zwischenmenschlichen Umgang. Das lässt sich zum Beispiel daran erkennen, dass sie mehr Fragen stellen und sich mehr Zeit für Gespräche nehmen. In Ärztin-Patienten-Gesprächen geht es häufiger um Gefühle verglichen mit Arzt-Patienten-Gesprächen. Deshalb bekommen Ärztinnen häufiger das Prädikat „gut“ als ihre männlichen Kollegen.
    Wenn sich aber ein Arzt als besonders einfühlsam zeigt, wird ihm im Gegensatz dazu eher das Prädikat „sehr gut“ verliehen. Allein schon deshalb, weil wir seltener die Erfahrung machen, dass Männer über Gefühle reden, sind wir positiv überrascht und schätzen in der Folge auch die fachlichen Qualitäten des Arztes höher ein. Diese Verknüpfung passiert bei Ärztinnen seltener und weniger stark.
    Wie seltsam: Wir wünschen uns einfühlsamere Medizin, bewerten sie aber unterschiedlich, je nachdem, ob wir sie von einer Frau oder einem Mann bekommen. Wir schimpfen auf die kalte, unpersönliche Apparatemedizin und verurteilen gleichzeitig den sanfteren Ansatz als weniger kompetent, womöglich weniger hilfreich – zumindest tendenziell.
    Relevant ist dieses Phänomen allein schon deshalb, weil inzwischen die Hälfte der Mediziner weiblich sind und zwei Drittel der Medizinstudenten. Frauen prägen die Medizin der Zukunft. Aber auch wir Patienten. (Quelle: Silke Jäger, piqd, 5.5.18).
    Daraus entsteht eine Dynamik, die zur Folge hat, dass Ärztinnen schneller und anders ausbrennen als Ärzte.
    Der weiterführende Text erklärt sehr anschaulich, wieso: burnout-bei-aerztinnen.pdf

    Millennials brennen speziell aus

    Das Gefühl permanenter psychischer Überlastung drängt vor allem die Generation der zwischen 1981 und 1996 Geborenen (Millennials) sowohl zum Dauerarbeiten, wie auch zum Dauerndwegwollen. Das Lesen dieses fundierten Essay lohnt sich natürlich auch für andere Geburtsjahrgänge:
    www.buzzfeednews.com/article/annehelenpetersen/millennials-burnout-generation-debt-work.

    Zur Lektüre: Byung-Chul Han: «Vita contemplativa oder von der Untätigkeit». Ullstein, Berlin 2022. 128 Seiten, ca. 37 Franken.

    Veröffentlicht durch Dr.med. Thomas Walser am 07. Mai 2018
    Letzte Aktualisierung:
    25. Mai 2025