Demenz und Alzheimer

Ist dies noch normale Altersvergesslichkeit oder schon Demenz?

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Demenz muss nicht sein!

Welche 8 vermeidbaren Risikofaktoren tragen am meisten zur Prävention bei:

Weitere Demenzprävention:

  • Prophylaktisch hilft das regelmässige Essen von Fisch. Senioren, die durchschnittlich einmal pro Woche Fisch assen, hatten ein um 60 Prozent geringeres Risiko, an Alzheimer zu erkranken, als solche, die kaum oder keinen Fisch zu sich nahmen (Rush-Presbyterian St.Luke’s Medical Center, Chicago 2003).
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  • Nach anderen Studien hatten Menschen die vermehrt Salat, Nüsse, Fisch, Tomaten, Geflügel, Gemüse, Früchte und wenig rotes Fleisch, Butter oder fettreichen Lebensmitteln zu sich nahmen, ein geringeres Risiko an M. Alzheimer zu erkranken (bereinigte HR 0,62) als die Teilnehmer/innen, bei welchen der Konsum von fettreichen Lebensmitteln und rotem Fleisch überwog.
    Zusätzlich positive kann angemerkt werden, dass diese Ernährungsweise auch das Risiko für Diabetes und Herzkreislauferkrankungen senkt.
    (Arch Neurol 67(6):699-706, June 2010 © 2010 to the American Medical Association Food Combination and Alzheimer Disease Risk-A Protective Diet. Yian Gu, Jeri W. Nieves, Yaakov Stern, Jose A. Luchsinger, Nikolaos Scarmeas. Link zum Abstract: http://archneur.ama-assn.org/cgi/content/abstract/67/6/699?etoc)
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  • Entzündliche Prozesse spielen in der Entstehung der Alzheimerschen Krankheit eine wichtige Rolle (es trifft also die Betagten nicht schicksalhaft oder v.a. durch Vererbung!). Eine Vielzahl von Studien zeigte, dass Personen, die längere Zeit entzündungshemmende Medikamente (NSAR) einnahmen, ein deutlich niedrigeres Alzheimerrisiko haben (0.3 – 0.6). Es war übrigens wichtig, dass diese Medikamente vor Ausbruch der Demenz genommen werden müssen. Bei Patienten, die schon erste Anzeichen zeigten, verschlechtern die Entzündungshemmer den Krankheitsverlauf!
    Billiger und nebenwirkungsärmer ist hier das Trinken von Grüntee (siehe oben)!
    Es laufen zur Zeit mehrere Interventionsstudien mit entzündungshemmenden Substanzen. Bis zum Vorliegen der Ergebnisse dieser kontrollierten Studien kann jedoch aufgrund von Resultaten epidemiologischer Studien allein die Einnahme von Entzündungshemmern noch nicht empfohlen werden.
    Interessant ist aber alleweil, dass die lange als Ursache beschuldigten Plaques (Beta-Amyloid-Eiweiss-Ablagerungen) im Gehirn “nur” die Folge einer durch Entzündung geschädigten Hirnzelle sind. Ist also Alzheimer eine entzündliche Krankheit?!
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  • Einsamkeit ist ein Risikofaktor für Demenz: Salinas J, Beiser A, Jasmeet K et al. Association of loneliness with 10-year dementia risk and early markers of vulnerability for neurocognitive decline. Neurology. 2022 Mar 29;98(13):e1337-e48. [Link]

  • Regelmässiges Teetrinken hilft auch prophylaktisch: englische Forscher fanden, dass schwarzer (ca. ein Tag lang) oder grüner (ca. 7 Tage lang) Tee bestimmte Enzyme (Acetylcholinesterase-Hemmer u.a.) im Gehirn blockieren, die an der Entstehung von Alzheimer beteiligt sind. Die Inhaltstoffe von grünem Tee, die Catechine, haben sich als eigentliche multifunktionale neuroprotektive Substanzen erwiesen. Diese Polyphenole durchdringen die Blut-Hirn-Schranke und wirken unter anderem auch als Eisenchelatoren, Antioxidanzien und Entzündungshemmer.(Neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson entstehen multifaktoriell durch komplexe toxische Einflüsse, die das Absterben von Neuronen provozieren. Wo Neurone absterben, wurde bei diesen Erkrankungen als zentrale biochemische Veränderung eine Ansammlung von Eisen festgestellt. Dadurch entstehen freie Sauerstoffradikale, die bei der Bildung toxischer Aggregate – Alpha-Synuclein bei der Parkinsonkrankheit und Beta-Amyloid bei der Alzheimerdemenz – beteiligt sind. Deshalb ist die Entzündungshemmung und  Eisenbindungsfähigkeit der Polyphenole auch so wichtig.)

Was muss ich beachten, wenn Grünteetrinken wirklich einen medizinischen Wert haben soll:
– Ein bis eineinhalb Liter täglich trinken.
– Drei gehäufte Esslöffel Pulver auf einen Liter.
– Pestizidfreien Grüntee wählen (“Bio”).
– Kalziumarmes Wasser benützen.
– Zwischen 60 und 80 Grad warmes Wasser zum Aufguss benützen.
– Fünf bis zehn (besser sogar zwanzig!) Minuten ziehen lassen.
– Ein paar Tropfen Zitronensaft im Tee schützt die Polyphenole vor den Verdauungssäften.
– Kann mit Traubensaft (auch Polyphenol-reich) ergänzt werden.

Grünteeregeln als PDF-Datei

  • Allgemein gilt präventiv eine sog. mediterrane oder Mittelmeerkost:
    5 Portionen Früchte oder Gemüse pro Tag
    Fett, vor allem aus Pflanzenölen (Oliven-, Raps-, Leinöl)
    Wenig rotes Fleisch und andere tierische Fette
    mehr als 2 Portionen Fisch pro Woche (vegetarische Variante: 25 g Walnüsse oder Mandeln pro Tag)
    Energie, vor allem durch Getreide- oder Kartoffelprodukte
    Gemäss einer Studie (Qi Dai. Fruit and vegetable juice may reduce Alzheimer’s risk. Am J Med. 2006;119:751-9.) reichen nur drei Gläser Frucht- oder Gemüsesaft pro Woche zur Reduktion der Wahrscheinlichkeit, Zeichen einer Alzheimer-Krankheit zu entwickeln, um 75%!
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  • Häufige Kopfverletzungen, die zu einer Gehirnschädigung führen, können für sich genommen bereits kognitive Einbussen verursachen. Untersuchungen von Sportlern, die Kontaktsportarten wie Boxen oder Fussball ausüben, haben gezeigt, dass häufige kleinere Kopfverletzungen zu vermehrten Amyloid-Ablagerungen im Gehirn führen, die als wesentlicher Entstehungsfaktor für die Alzheimer-Erkrankung gelten.
    Präventiv wirkt also das Verhindern von Hirntraumas: Helmtragen beim Velofahren oder anderen gefährlichen Sportarten!
  • Feinstaubbelastung zählt neu auch zu den Gefahren, die zr Demenz beitragen können. Die Autoren berufen sich dabei hauptsächlich auf Tierstudien, in denen gezeigt wurde, dass die Schmutzpartikel neurodegenerative Prozesse beschleunigen können. Man sollte auch nicht direkt an einer stark befahrenen Strasse wohnen!
  • Auch übermässigen Alkoholkonsum haben die Forscher als neuen Risikofaktor hinzugefügt. Wer pro Woche mehr als 21 Einheiten (Standardgläser) Alkohol trinkt, erhöht demnach sein Risiko für eine Demenz. Zwar wird schon seit Jahrhunderten beobachtet, dass schwere Trinker Hirnschädigungen und geistige Einbussen erleiden. Doch erst jetzt fanden die Wissenschaftler genügend hochwertige Studien, um den Zusammenhang zu belegen
  • Wer im mittleren Alter unter eingeschränkter Hörfähigkeit leidet, hat ebenfalls ein grösseres Risiko, später an einer Demenz zu erkranken. Der daraus folgende Kontaktmangel und Depressionen scheint dann ursächlich zu wirken. Das gute Hörgerät ist also auch demenzverhütend!
  • Bildung und regelmässige kognitive Stimulation stärken die Fähigkeit des Gehirns, bei Bedarf neue Nervenzellverbindungen zu knüpfen. Die Menschen haben dann eine kognitive Reserve, mit der sie Schädigungen durch eine beginnende Demenz kompensieren können. Wenn aber etwa durch den Verlust des Gehörs oder durch Einsamkeit die Stimulation fehlt, fällt dieser Schutz weg, und die Krankheit macht sich schneller bemerkbar.
  • Man sollte nicht näher als 50 Meter zu einer Hochspannungsleitung wohnen. Gemäss einer Schweizer Studie (American Journal of Epidemiology, 2008: http://aje.oxfordjournals.org/cgi/content/abstract/kwn297) war das Risiko, an einer Alzheimerkrankheit zu erkranken nach 15 Jahren stark erhöht.
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  • Keine Benzodiazepine (Valium, Temesta, …) länger als 1 Monat einnehmen!
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  • Präventiv gilt allgemein eine Verhinderung des Hirnschlags (optimaler Blutdruck, Diabetes gut behandelt und Blutfette nicht erhöht) und eine Erhöhung der zerebralen Reserve (Kombination von körperlicher Bewegung, die über 3 Stunden pro Woche zum Schwitzen führt und tägliches Gedächtnistraining). Es scheint, dass ein erhöhter (systolischer = oberer) Blutdruck und ein erhöhter Cholesterinwert im mittleren Lebensabschnitt das Risiko einer Alzheimerschen Krankheit im Alter erhöht. (BMJ 2001; 322: 1447-51; Kivipelto M et al.).
  • Aber: Möglichst tiefen Blutdruck (systolisch unter 130 mmHg) vermeiden – d.h. auch die Blutdruckmedikamente nicht überdosieren!
    Studie hier!
  • Neuere Arbeiten zeigen, dass eine Behandlung einer Hypertonie zwar kognitive Defizite vorbeugt, aber einer Demenz nicht!
    Studie hier!
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  • Auch gesunde Zähne mindert im Alter das Risiko, geistig abzubauen: Je weniger Zähne wir noch haben, je höher ist unsere Demenzrisiko. Karies, Parodontose und Zahnverlust sollte mit einer guten Zahnhygiene vermieden werden (T. Yamamoto u.a.: Association between self-reported dental health status and onset of dementia. Psychosomatic Medicine, 74/3, 2012, 241-248)

Zusammengefasst:
Neugierig bleiben, Neues dazulernen, etwa Instrumente, Tänze oder Sprachen, uns mit Menschen mit verschiedenen Ansichten umgeben. Ein aktives Sozialleben und körperliche Betätigung bis in hohe Alter.
Oder: Alles, was für das Herz gut ist, ist auch gut fürs Gehirn!

60 Prozent geht auf Einflüsse wie die Gene zurück

Andererseits zeigen viele Studien, dass 60 Prozent aller Demenzfälle auf Einflüsse wie die Gene zurückgehen, die die Menschen nicht kontrollieren können. Es wäre also fatal, wenn Betroffene oder Angehörige denken, dass sie allein die Schuld an einer Demenzerkrankung trügen.

Ist dies noch normale Altersvergesslichkeit oder schon Demenz?

Man muss unterscheiden zwischen Altersvergesslichkeit und Demenz. Ein persönliches Beispiel: Heute Morgen ist mir der Zugangscode für mein Bankkonto nicht eingefallen. Jetzt könnte ich sofort einen Termin in einer neurologischen Praxis ausmachen. Aber oft hat Vergesslichkeit nur mit Überforderung oder Müdigkeit zu tun oder mit Interferenz, also dass einem mehrere Inhalte gleichzeitig im Hirn herum schweben. Man kennt das, wenn man in den Abstellraum geht und auf dem Weg vergisst, was man dort holen wollte. Das passiert allen. Der Unterschied zwischen Altersvergesslichkeit und Demenz ist, dass man sich bei Vergesslichkeit irgendwann wieder an den Code fürs Bankkonto erinnert. Wenn man aber gar nicht mehr auf die Information zugreifen kann und vielleicht sogar das „Gesamtpaket“ ablehnt, also sagt: „Ich habe nie einen Code fürs Banking bekommen“, könnte es sich um eine demenzielle Veränderung handeln.

10 Warnsymptome der Alzheimer-Krankheit

  • zunehmende Gedächtnisprobleme:
    Daraus resultierende Einschränkung der beruflichen Fähigkeiten. Einfaches Sich-Nicht-Erinnern an Namen ist noch völlig normal (v.a. über 70). Hilft man etwas, erinnert man sich wieder. Alzheimerkranke dagegen zeigen nicht nur Schwierigkeiten mit Namen, sie erkennen auch die Person nicht oder haben entscheidende biografische Informationen der Person vergessen. Anfangsbuchstaben oder andere Hinweise, führen bei ihnen nicht zum Ziel.
    Sie finden auch nicht mehr den bisher alltäglich gegangenen Weg zum Einkaufsladen.
  • Schwierigkeiten beim Erfüllen häuslicher Pflichten:
    Vergessen ganzer Erlebnissequenzen.
    Fähigkeit zum Finanzmanagement und Geldzählen überhaupt nimmt ab (Rechnungen werden zweimal bezahlt, etc.).
  • Sprachschwierigkeiten:
    Wortfindungsstörungen, falsches Verwenden bzw. Verstehen abstrakter Begriffe.
  • Zeitliche und räumliche Orientierung:
    Verlaufen in bekannter Umgebung, beeinträchtigte Zeichen- und Schreibfähigkeit, falsche Wiedergabe von Datum und Jahreszeit.
  • Urteilsvermögen herabgesetzt:
    Unpassende Kleidung.
  • Probleme beim abstrakten Denken:
    Formalitäten werden zum Problem, knifflige Aufgaben unlösbar.
  • Sachen verlegen:
    Versorgen von Gegenständen an inadäquaten Orten (z.B. Kleider in Kühlschrank).
  • Stimmungsschwankungen
  • Persönlichkeitsveränderungen:
    Verwirrung, Misstrauen, Ängstlichkeit
  • Antriebslosigkeit

Acht Fragen helfen, Alzheimer frühzeitig zu erkennen

Die US-Forscher der Washington University stellten Angehörigen von Patienten acht Fragen über die Betroffenen (Galvin JE et al., Brain 2010 Nov;133(11):3290-300). Sie fragten, ob das Interesse an Hobbys nachgelassen habe und ob die Betroffenen Fragen oder Aussagen ständig wiederholen. Zudem wurde gefragt, ob die Betroffenen plötzlich Vereinbarungen und Termine vergessen und den Überblick über die eigenen Ausgaben verloren hatten – ob sie Probleme mit der Bedienung von Geräten zeigten; über das Vergessen des laufenden Monats oder Jahres; sowie nach dem Neuauftreten ständiger Erinnerungslücken. Der Verdacht auf Alzheimer besteht den Wissenschaftlern zufolge bei den Patienten, deren Angehörige zwei oder mehr Fragen mit “Ja” beantworten können.

Eine interessante Alzheimer-Früherkennung könnte das fehlende Unterscheiden von Gerüchen sein (z.B. Seife, Erdnüsse und Menthol kann frühzeitig nicht mehr unterschieden werden) (http://ajp.psychiatryonline.org/cgi/content/abstract/157/9/1399). Diese Geruchsverminderung tritt aber auch bei schweren Depressionen auf.

Seh- oder Hörbehinderung und Weiteres kann mit Demenz verwechselt werden

Neue Studien geben Hinweise darauf, dass Demenz-Diagnosen nicht immer zutreffen. Manche Betroffenen haben in Wirklichkeit Seh- oder Hörprobleme.
Auch Nebenwirkungen von Medikamenten, die Folgen einer Alkoholsucht, eines Vitaminmangels oder eines Schlaganfalls gleichen den Anzeichen einer Demenz.
Wenn man befürchtet, an einer Demenz erkrankt zu sein, sollte man mögliche Symptome gründlich abklären lassen. Die Hausärzte sind die erste Anlaufstelle. Für genauere Abklärungen verweisen sie die Person an Nervenärzte oder an eine Memory-Klinik. Es empfiehlt sich auch, bei einem Verdacht auf Demenz die Augen und die Ohren von einem Facharzt gründlich untersuchen zu lassen.

Nicht medikamentöse Therapien

  • Nicht medikamentöse Therapien von Frühstadien von Demenzkranken sind wirkungsvoller als die heute erhältlichen Pharmakotherapien, wenn sie in Kombination angewendet werden (Wettstein A, Nicht-pharmakologische Therapie der Demenz, Schweiz Med Forum 2004;4:632-635). Besonders wirkungsvoll ist die Kombination von Beratung, Schulung, Entlastungsangeboten und regelmässigen Besuchen von Aussenstehenden, was eine Heimverzögerung um etwa ein Jahr bewirken kann.
    Besuche, auch kurze, von Angehörigen verbessern zudem die Lebensqualität der Demenzkranken erheblich.
  • Zweimal täglich “therapeutisches Berühren” (im Schulter-Nackenbereich) während 5 – 7 Minuten führte zu einer signifikanten Reduktion von Agitation bei Alzheimerpatienten (Woods DL, Seattle). Voraussetzung ist genaues Beobachten, wann im Tagesablauf die Agitation jeweils einsetzt und die Anwendung der Massage ca. eine halbe Stunde vor diesem Zeitpunkt am nächsten Tag.
    Alzheimerkranke werden auch ruhiger, wenn sie regelmässig Fische in einem Aquarium beobachten können. Schon nach 4 Wochen waren diese weniger nervös und assen auch wieder mehr (Studie aus Indianapolis, USA).
  • Auch regelmässige Fussreflexzonenmassage scheint bei Demenzpatienten den Allgemeinzustand klar zu verbessern (Hodgson NA et al: The clinical efficacy of reflexology in nursing home residents with dementia. J Altern Complement Med 2008;14:269-275).
  • Eine Metastudie zeigte einen deutlichen Effekt von Ginkgo biloba-Extrakt (3 bis 6 Monate 120 bis 240 mg täglich), der vergleichbar der bis 1997 verfügbaren Medikamente war (Arch Neurol 1998 Nov;55(11):1409-15).
    Es werden aber auch über viele Verdachtsfälle von Herzrhythmusstörungen berichtet (arznei-telegramm, 08/20).
  • Die Einnahme eines hoch dosierten Extraktes aus Zitronenmelisse besserte Gedächtnis, Aufmerksamkeit, die Agitiertheit und die Fähigkeit, Probleme zu lösen deutlich stärker als Plazebo (New Scientist 2003; 178: 20).
    • Manchmal helfen Kleinigkeiten: Eine Studie im “American Journal of Alzheimer’s Disease and other Dementias” zeigt, dass zwei Gläser Apfelsaft am Tag Patienten mit mittlerer bis schwerer Alzheimer-Demenz helfen kann. Zwar bringt das Getränk ihnen nicht ihre Erinnerungsfähigkeit zurück, aber sie meistern ihren Alltag wieder ein wenig besser. Ihre Angstzustände wurden weniger (auch psychotische) und ihre Beweglichkeit verbesserte sich. (http://aja.sagepub.com/cgi/content/abstract/25/4/367)
    • Nikotinpflaster (15mg/Tag) hilft älteren Nichtrauchern bei leichten kognitiven Schwächen (v.a. Aufmerksamkeit, Gedächtnis und psychomotorische Reaktionsfähigkeit) (Neurology 2012;78:91)
    • Das altbekannte Diabetes-Medikament Metformin löste vor einigen Jahren einen echten Hype aus. Es sollte Krebs aufhalten, Herzleiden bekämpfen und als Abnehmhilfe dienen. Schon lange wird vermutet, dass Metformin das Risiko für eine Demenzerkrankung mindert.
      Nun haben Forscher der Boston University im Fachjournal JAMA den Beweis geführt, dass Metformin tatsächlich segensreich für das Gehirn sein kann. 12.000 von 29,000 Patienten in dieser Studie mit DM Typ 2 und einer Metformin-Therapie mussten schon frühzeitig Metformin absetzen. Entweder waren ihre Nieren durch den Diabetes zu stark geschädigt, oder sie litten unter Nebenwirkungen der Therapie – so kann Metformin starke Blähungen verursachen.
      Durch das Absetzen der Tabletten in einer Gruppe von Patienten hatten sich nun auf natürliche Weise zwei Gruppen gebildet. So liess sich der Einfluss des Diabetes-Mittels auf die Häufigkeit von Demenz beobachten. Das Ergebnis: Patienten, die Metformin abgesetzt hatten, erkrankten deutlich häufiger. In dieser Gruppe war das Demenzrisiko 21 Prozent höher als in der Vergleichsgruppe.
      Obwohl Metformin einst für Diabetes entwickelt wurde und den überbordenden Zuckerspiegel im Blut senken soll, hat es offenbar noch andere Wirkungen. Einerseits sorgt es dafür, dass die Leber eine überschiessende Glukoseproduktion drosselt, andererseits senkt es den Energiebedarf der Zellen – die Energiekraftwerke der Zellen, die Mitochondrien, werden gebremst. Krebszellen mit ihrem enormen Glukoseverbrauch werden ausgehungert und sterben ab. Viele randomisierte Studien mit Metformin konnten keinen Effekt auf das Krebsrisiko nachweisen. In Molecular Cancer aber zeigten Autoren kürzlich, dass Metformin das Wachstum bestimmter Prostata-Karzinome erheblich verlangsamen kann. Zudem hemmt Metformin Entzündungen – möglicherweise beruht die Anti-Demenz-Wirkung auf diesem Effekt.
      Das alles kann wie Werbung für die prophylaktische Einnahme des Medikaments klingen. Doch es ist eine Sache, wenn Diabetiker ein erprobtes Medikament einnehmen und sich erfreuliche Nebenwirkungen zeigen, und eine andere, wenn sich Gesunde unbekannten Risiken aussetzen. Vor vier Jahren ergab eine Studie zum Beispiel, dass die Mitochondrienbremse Metformin die positiven Effekte von sportlichen Aktivitäten aufheben kann.
      Für Gesunde gibt es zudem auch andere Möglichkeiten der Prävention vor Alzheimer und anderen Demenzformen (siehe oben).

Abgrenzung zur Depression:

In der Praxis ist die Unterscheidung zwischen einer Depression und einer Demenz durch die Alzheimer-Krankheit oft recht schwierig. Demenz und Depression können gleichzeitig auftreten. Depressionen bei demenzkranken Menschen sind nicht so leicht zu diagnostizieren, weil die Betroffenen oft nicht mehr in der Lage sind, ihre affektive Befindlichkeit mit Worten auszudrücken. Es gibt aber auch die sog. depressive Pseudodemenz, d.h. Leistungsstörungen bei Depressiven.
Es gibt aber doch klare Unterscheidungen:

Lesen Sie darüber ausführlich hier: www.dr-walser.ch/alzheimer-depression/!

Ist Alzheimer eine “lohnende” Diagnose, also eine “Erfindung” zugunsten der Pharmaindustrie?!

Cornelia Stolze sichtet in ihrem lesenswerten Buch “Vergiss Alzheimer! Die Wahrheit über eine Krankheit, die keine ist.” (Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2011) umfassend die wissenschaftliche Literatur und führt etliche Interviews mit den Autoren. Ihr Urteil: “Der M.Alzheimer ist ein Konstrukt. Ein nützliches Etikett, mit dem sich wirkungsvoll Forschungsmittel mobilisieren, Karrieren beschleunigen, Gesunde zu Kranken erklären und riesige Märkte für Medikamente und diagnostische Verfahren schaffen lassen.” Was man sicher bedenken muss: Es geht hier um viel, sehr viel Geld – weltweit um Milliarden!
In meinen Augen: “Exotisch” – und gleich extrem schwarzmalerisch in die andere Richtung. Fundamentalistische Schwarz-Weissmalerei mit starrer Abgrenzung in jeglicher Form lehne ich kategorisch ab!

Überlebenszeit nach der Diagnosestellung M.Alzheimer:

Von 23’000 über 60jährigen Alzheimer-Patienten wurde 521 mit neu diagnostiziertem Alzheimer (in den Jahren 1987 bis 96) verfolgt. Das Überleben betrug im Mittel für Männer 4,2 und für Frauen 5,7 Jahre. Prädiktoren der Mortalität sind schlechte Kognition, signifikante funktionelle, vor allem frontale Ausfälle, Gangstörungen, Stürze und bedeutsame komorbide Erkrankungen (Diabetes, Herzinsuffizienz).
Achtung: Es geht um das Überleben nach Diagnosestellung, nicht um das Gesamtüberleben! (Larson EB, et al. Survival after initial diagnosis of Alzheimer disease. Ann Intern Med 2004;140:501-9).

Hier noch ein paar externe Links:

  • http://forum.demenzforum.ch
    Die Berichte informieren und berühren zugleich: Betroffene Menschen schreiben über ihren Umgang mit der schleichenden Vergesslichkeit, Angehörige tauschen sich rege aus. Die Seite ist informativ und wird rege benutzt.
  • www.sonnweid.ch > Demenz-Info
    Das Krankenheim Sonnweid in Wetzikon ZH hat sich auf die Betreuung und Pflege von Menschen mit Demenz spezialisiert. Auf der Site findet man auch Überraschendes zum Thema – etwa über den idealen Lebensraum oder die Kreativität dementer Menschen.
  • www.alz.ch > Demenzkrankheiten
    An wen soll man sich bei Verdacht auf Demenz melden? Wie stellt der Arzt die Diagnose? Wie geht es danach weiter? Infos, Hintergründe und Neues aus der Forschung.
  • Literatur für Angehörige:
    Hildegard Nachum: Die Weisheit der Demenz. Wegweiser zum würdevollen Umgang mit desorientierten Menschen. Kneipp, Wien 2022
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    Jahrelang musste die Tochter die Aggressionen ihrer Mutter ertragen. Sie war an Demenz erkrankt, und der Vater wollte sie selbst pflegen. Ein Fall, der Michael Schmieder besonders berührte. Sein Rat: Angehörige sollten rechtzeitig Unterstützung suchen, zum Beispiel von einem Pflegedienst. Michael Schmieders neues Buch ist spannend zu lesen und macht Mut. Er erklärt, die Demenz müsse eine lange, harmonische Beziehung nicht zerstören – sie könne diese sogar bereichern. Der Autor weiss genau, worüber er schreibt: Der frühere Leiter des Heims Sonnweid in Wetzikon ZH gilt als Pionier in der Betreuung von Demenzkranken.
    Michael Schmieder: «Dement, aber nicht vergessen», Ullstein Verlag

Foto von Rad Cyrus auf Unsplash

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
10. November 2023