Kaffee

Unsere Suchtpolitik – das Resultat von Moral, Business und Macht

Falls Sie gerne Kaffee trinken, hätten Sie vor 300 Jahren in Zürich etwas Verbotenes getan. Der Stadtrat verbot “das Trincken von Café by zwänzig Bazen Buss”, da es den Geist verwirre. In Istanbul drohten bei Kaffeekonsum gar Verstümmelung und Todesstrafe.
Dazu einfach einen kurzen Blick auf die heutigen Drogenverbote (Cannabis, Ecstasy, LSD, …), hinter denen statt primär gesundheitliche Überlegungen, vor allem machtpolitisch motivierte Gründe stehen.
Zum Schutz der Bevölkerung – insbesondere der Jugend – und im Sinne der Schadensminderung muss diese Prohibition dringend reformiert werden.

Voltaire und Kaffee

Der französische Philosoph Voltaire war der Legende nach ein sehr gieriger Kaffeetrinker. Er soll mindestens 30 Tassen Kaffee am Tag getrunken haben, manche Historiker sprechen sogar von 50 bis 80 Tassen täglich. Der Philosoph dachte, dass seine Gedanken durch das damals noch exotische Elixier stimuliert würden. Den Kaffee mischte er oft mit Schokolade, damals ebenfalls eine Delikatesse aus einem fernen Land, die ja auch anregend wirkt.
Voltaire lebte trotz ungehemmter Kaffeeleidenschaft und der Warnungen seines Arztes übrigens bis ins hohe Alter von 84 Jahren. Von ihm stammt auch der Satz: »Es gibt keine wahren Genüsse ohne wahre Bedürfnisse.«

Wann Kaffee trinken?

Kaffee beeinflusst unseren inneren Rhythmus gewaltig, falls man ihn irgendwann tagsüber trinkt. Man sollte seinen individuellen täglichen Energie-Rhythmus kennen lernen (Literatur dazu: Verena Steiner, Energiekompetenz) und den Kaffee dann nur in den “Up-Phasen” vor unseren Energiehochs einnehmen und nie zur (gesundheitlich bedenklichen) Überbrückung unserer “Down-Phasen”! Aus diesem Grund sollte man auch auf den Espresso nach dem Mittagessen verzichten (und erst recht nach dem Abendessen).
Übrigens: Kaffee, ausnahmsweise zum Wachhalten eingesetzt, hilft viel besser, falls man viele einzelne, kleinere Schlückchen über den Tag verteilt einnimmt, als die eine grosse Tasse am Morgen (James Wyatt in Sleep, 27, S.374).

Wirkungen und Nebenwirkungen

  • Wieviel Kaffee täglich ist gesund?!
    Heute muss man langsam antworten:
    Je mehr, umso besser für die Gesundheit!
    Ein günstiger Einfluss von regelmässigem Kaffeekonsum auf die Rate kardiovaskulärer Erkrankungen ist bereits häufiger berichtet worden. Neue Daten weisen darauf hin, dass es praktisch gar keine Konsum-Obergrenze für den positiven Effekt gibt.
  • Im spanischen SUN-Projekt, an dem 2017 rund 20.000 teilnehmen, wurde eine inverse Assoziation zwischen dem Kaffeekonsum und der Gesamtmortalität an Herz-Kreislaufkrankheiten gefunden. Bei Personen, die mindestens 4 Tassen täglich konsumierten war die Mortalität um 65% geringer als bei Personen, die nie oder fast nie Kaffee tranken. Besonders deutlich zeigte sich der Zusammenhang bei über 45-Jährigen. Pro zusätzliche 2 Tassen Kaffee täglich, verringerte sich die Gesamt-Mortalität im rund 10-Jahres-Follow-up um 30%. Auch wer viel Kaffee trinkt, setzt seine Gesundheit nicht aufs Spiel: Das zeigt eine grosse Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (Floegel A et al; Am J Clin Nutr. 2012 Apr;95(4):901-8.). Bei 43000 Menschen wurden zwei Gruppen verglichen: Vieltrinker, die täglich vier oder mehr Tassen Kaffee tranken, und Wenigtrinker mit weniger als eine Tasse pro Tag. Nach neun Jahren konnten sie für Krebs, Herz-Kreislauf (inkl. Schlaganfall) und auch für Diabetes ein Bonus für die Vieltrinker ausmachen: Ihr Risiko für alle diese Leiden war deutlich tiefer.
    Einerseits steigt das Gesamtcholesterin und LDL-Cholersterin bei über 6 Tassen Kaffee täglich zwar etwas. Anderseits: Bei regelmässigen Kaffeetrinkern bleiben die Halsschlagader elastischer und das Infarkt-Risiko sinkt. Bereits eine bis zwei Tassen pro Tag genügen. Das fanden Forscher der Universität Athen in einer Studie mit 235 Senioren heraus. Förderlich sind vermutlich die Polyphenole und andere gesunde Inhaltsstoffe von Kaffee. (European Society of Cardiology)
  • Führt Kaffee zu Rhythmusstörungen?
    Studien im Zusammenhang mit Kaffee – einem der meist konsumierten Getränke überhaupt – üben eine besondere Faszination aus. Anders kann man es sich kaum erklären, dass diese solid durchgeführte, aber doch relativ kleine Studie derart hochrangig publiziert werden konnte.
    Es wurden dazu 100 Probanden (mittleres Alter 39 Jahre, 51% Frauen) während zwei Wochen kontinuierlich hinsichtlich Auftretens von Extrasystolen und zur Messung von Schrittzahl und täglicher Schlafdauer monitorisiert. Die Studienteilnehmenden wurden sodann mittels SMS zufällig angewiesen, an bestimmten Tagen Kaffee zu trinken respektive darauf zu verzichten. Die Anzahl Kammer-Extraschläge veränderte sich durch den Kaffeekonsum nicht signifikant. Gut vereinbar mit diesen Resultaten wiesen ja bereits vorgängige Beobachtungsstudien darauf hin, dass Kaffeetrinkende kein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern haben.
    Interessant sind aber auch die Daten zu den sekundären Endpunkten der Studie: An «Kaffeetagen» war die nächtliche Schlafdauer im Schnitt eine halbe Stunde kürzer und die Probanden legten im Mittel 1000 Schritte mehr zurück. Zudem traten deutlich häufiger ventrikuläre Ektopien auf. Ob Letzteres ein Surrogatmarker für Folgekomplikationen ist, muss offenbleiben. Die bisherigen Mortalitätsdaten zum Kaffeekonsum sprechen nicht dafür. Wie die Autorenschaft selber konkludiert, generieren diese Resultate Hypothesen für weitere Studien.

  • Medizinische Studien über Kaffee haben aber auch ihre Tücken – vor allem die, für den Kaffeegenuss negativen. Sorgfältige Arbeiten (z.B. über Kaffeekonsum in der Schwangerschaft und vermehrte Früh- oder Fehlgeburten und untergewichtige Kinder bei der Geburt) zeigen, dass diese Komplikationen meist nur scheinbar mit dem Kaffeekonsum zusammenhängen. Berücksichtigt man nämlich dass sich bei den “schweren” Kaffeetrinkerinnen (mehr als 4 Tassen täglich) auch die Mehrheit der Raucherinnen und ein Drittel der Alkohol-konsumierenden Frauen, bei den Kaffee-Abstinentinnen aber nur 16% Raucherinnen und 14% Alkoholtrinkende befinden, so liess sich kein erhöhtes, durch Kaffeegenuss bedingtes Risiko mehr feststellen! (The New England Journal of Medicine 343, 1839-1845 (2000))
    Diesen Störfaktor in Studien bezeichnet man als “Confounder”.
  • Dieselben Überlegungen muss man beim vermeintlichen Osteoporoserisiko durch Kaffeekonsum anstellen, denn chronischer Alkohol- und Nikotinkonsum sind dort nachgewiesenermassen ein hohes Risiko. Sonstige Risikofaktoren für die Entwicklung einer Osteoporose im Alter sind auch viel höher einzustufen: Frauen nach der Menopause; enge Verwandte leiden bereits unter Osteoporose; Kalzium- und kalorienarme Ernährung und wenig Bewegung vor 15jährig; Frauen mit früher Menopause, entfernten Eierstöcken und Kinderlosigkeit; aber auch Konsum vieler phosphathaltiger Nahrungsmittel (wie “Soft-Drinks”=Colagetränke, Knäckebrot und bestimmte Wurstwaren, die entsprechend gesalzen sind); und eben chronischer Alkohol-, Nikotin- und möglicherweise Kaffeekonsum.
  • Menschen, die 3 oder mehr Kaffee täglich trinken haben gemäss einer grossen Studie (Bhupathiraju SN, Pan A, Manson JE, et al. Changes in coffee intake and subsequent risk of type 2 diabetes: three large cohorts of US men and women. Diabetologia. 2014;57:1346-1354. Abstract ) 37% weniger Risiko einen Diabetes Typ II zu entwickeln, als diejenigen die nur einen Kaffee täglich tranken.
    Auch konnten die Leute mit eineinhalb Kaffee mehr täglich ihr Risiko um 11% senken.
  • Kaffee hält Gefässe im Hirn fit:
    Frauen, die ein bis fünf Tassen Kaffee am Tag trinken, verringern ihr Risiko für einen Schlaganfall um rund einen Viertel. Dies zeigte Susanna Larsson vom Karolinska Institut, die mit ihrem Team die Gesundheitsdaten von mehr als 34 000 Frauen analysierte. Eine frühere Studie aus Finnland weist darauf hin, dass Kaffee auch Männerhirne schützt.
    (Larsson SC et al, Coffee consumption and risk of stroke in women; Stroke, 2011 Apr;42(4):908-12. Epub 2011 Mar 10)
  • Hoher Koffeinkonsum ist sogar mit einer signifikant tieferen Wahrscheinlichkeit verknüpft, an Morbus Parkinson zu erkranken (jama.ama-assn.org/issues/v283n20/full/joc91293.html).
    Es gibt sogar Studien, die zeigen, dass ein moderater Kaffeekonsum die Entwicklung einer Demenz bei älteren Frauen verhindern kann (Neurology 2007;69:536-545 August 7 2007 American Academy of Neurology The neuroprotective effects of caffeine. The Hree City Study. K.Ritchie et al.)
  • Gicht: Je mehr Kaffee Männer trinken, desto seltener erkranken sie an Gicht (Arthritis & Rheumatism). Männer, die vier bis fünf Tassen täglich tranken, hatten ein 40% geringeres Risiko an Gicht zu erkranken wie Männer, die keinen Kaffee tranken. Bei sechs oder mehr Kaffees pro Tag sank das Gichtrisiko sogar um 60%.)
  • Schon mehrere Studien haben gezeigt, dass Kaffee die Leber gesund erhält. Auch Leberkranke profitieren von dem Getränk. In einer Studie von 2009 mit 760 Hepatitis C-Patienten hatten Kaffeetrinker Vorteile: Bei ihnen schritt die Krankheit nur halb so oft fort wie bei den anderen!
  • Krebs: Reichlich Kaffeegenuss bewahrt Frauen möglicherweise vor Brustkrebs. Trägerinnen gewisser Genvarianten, die mindestens zwei Tassen Kaffee pro Tag tranken, erkrankten zu 30% seltener als die anderen (E.Bageman et al., Cancer Epidemiology Biomarkers & Prevention 17: 895-901).
  • Sonstige Nebenwirkungen von Kaffee hingegen sind unbestritten: Pulsbeschleunigung, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Zittern und Muskelschmerzen. Absetzen von Koffein vermag Entzugskopfschmerz auszulösen. Kaffee steigert Angst. (Leute, die unter Ängstlichkeit leiden oder sogar Panikattacken erleben, sollten auf Kaffee ganz verzichten!). Personen mit Leberzirrhose oder Schilddrüsenüberfunktion laufen Gefahr verstärkter Koffein-Störwirkungen.
  • Schon fünf Tassen Kaffee am Tag steigern das Risiko (akustische) Halluzinationen zu bekommen, vorrausgesetzt man hat eine Neigung dazu.
    Australische Wissenschaftler in der Zeitschrift “Personality and Individual Differences” kamen zu diesem erschreckenden Ergebnis. “Koffein und Stress in Kombination steigern das Risiko für Psychose- ähnliche Symptome”, so Studienleiter Simon Crowe von der La Trobe University.
    Die Wissenschaftler haben 92 gesunde Studienteilnehmer in Situationen mit viel oder wenig Stress versetzt. Anschliessend befragten sie die Teilnehmer, wie viel Kaffee sie an diesem Tag getrunken hatten. Man spielte ihnen ein Tonbeispiel mit einem weissen Rauschen vor und bat sie jedes Mal sich zu melden, sobald sie das Lied “White Christmas” von Bing Crosby hörten. Das Lied wurde tatsächlich nie eingespielt, trotzdem glaubten mehrere es zu hören, und zwar vor allem jene, die unter hohem Stress standen und viel Kaffee getrunken hatten.
    Wer in dieser Hinsicht bereits verletzbar ist, kann durch Stimulanzien derart erregt und unruhig werden, dass das Sensorium durchdreht. Ängste, Schlaflosigkeit bis hin zu Halluzinationen im Sehen oder Hören können die Folge sein.
    Vor allem Nikotin und Koffein nehmen Schizophrene häufig zu sich, was nur plausibel ist: Neben Produktivsymptomen wie etwa Trugbilder sind auch sogenannte “Negativsymptome” Kennzeichen der Krankheit. Dazu zählen die Antriebsschwäche, Kraftlosigkeit, Müdigkeit sowie Konzentrationsstörungen. Durch Zigaretten und Kaffee versuchen viele, diese Probleme zu überwinden.
    Ohne entsprechende Vorgeschichte wird niemand halluzinieren, auch wenn er fünf Tassen Kaffee pro Tag trinkt.
    Die Australier mahnen dennoch zur Vorsicht. Zuviel Koffein verbunden mit hohen Stress könnten auch bei normalen Menschen miteinander interagieren, wie die Untersuchung gezeigt habe. Kaffee als häufigste Alltagsdroge sei deshalb weniger harmlos wie oft dargestellt wird.

Achtung: Der Mode-Putscher GUARANA enthält mit 3-8% deutlich mehr Koffein als Kaffeebohnen (1-2%) oder Teeblätter (1-4%).
Nochmals Achtung: Koffein ist in vielen Mischmedikamenten gegen Schmerzen enthalten (die man sowieso meiden sollte).

Selbst koffeinfrei und bei 8 Tassen täglich – Kohortenstudie mit 500.000 Teilnehmern bestätigt: Kaffeetrinker leben länger

(Medscape – 23. Aug 2018)

Weder Kaffee noch Koffein sind gesundheitsschädlich, bestätigt eine neue prospektive Kohortenstudie mit einer Auswertung von Daten von fast 500.000 Menschen im Journal of the American Medical Association (JAMA). Das Neue an dieser Studie: Erstmals wurde der individuelle Koffein-Metabolismus der Teilnehmer berücksichtigt, der sich genetisch bedingt unterscheidet – und es wurde differenziert, ob die Menschen koffeinhaltigen oder koffeinfreien Kaffee bevorzugen.

Selbst 8 Tassen Kaffee schaden nicht, im Gegentei!

Die Autoren um Dr. Erikka Loftfield, Epidemiologen der metabolischen Abteilung des National Cancer Institute in Rockville im US-Staat Maryland, analysierten Datensätze der UK-Biobank zur Verknüpfung von Kaffeekonsum und Mortalität von 489.134 Menschen. Diese wurden in England über die Jahre 2006 bis 2016 verfolgt, wobei es in dieser Zeit zu 14.225 Todesfällen (< 3%) kam.
Eine solche Bezugnahme auf genetische Faktoren in grossem Stil gab es bisher noch nicht. Das Mortalitätsrisiko war bei den Kaffeetrinkern allgemein geringer und sank tendenziell mit der Menge getrunkener Tassen im Vergleich zu Nicht-Kaffeetrinkern: So lag die Hazard Ratio (HR) mit einer Tasse pro Tag bei 0,92, bei 4 bis 5 Tassen bei 0,88 und bei 8 oder mehr Tassen bei 0,86. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Person ein guter oder schlechter „Koffein-Verwerter“ war (also wie aktiv der genetisch bedingte Koffein-Metabolismus war) und ob laut Antwortbögen koffeinfreier, gefilterter oder löslicher Kaffee getrunken worden war.
Am Koffein liegt es also wohl nicht, dass Kaffee das Mortalitätsrisiko eher senkt als steigert., aber es sind natürlich wesentlich mehr Substanzen als nur Koffein im Kaffee. So fördert Kaffee etwa den Spiegel des körpereigenen Peptids Adiponektin im Blut, das mit einer erhöhten Insulinsensitivität in Verbindung gebracht wird.

Positiver Effekt unabhängig von Koffein und individuellem Metabolismus

Das Ausmass des individuellen Koffein-Metabolimus errechneten die Autoren aus der Zahl von single nucleotide polymorphismen (SNPs), also einzelnen Basenpaar-Austauschen in Genen, die in der Vergangenheit mit der Metabolisierung von Koffein in Verbindung gebracht worden sind. Sie analysierten dazu die Anzahl der SNPs in den relevanten Gensequenzen AHR, CYP1A2, CYP2A6 und POR aus der genomischen Sequenz, die von jedem Teilnehmer in der Datenbank vorlag. Zusätzlich floss ein spezieller Faktor für jedes dieser Gene in die Analyse ein, der die Stärke des Einflusses dieses Gens auf den Koffein-Metabolismus wiedergab. So errechneten sie für jeden Studienteilnehmer ein individuelles Mass für seinen Koffein-Metabolismus, der zwischen 0 (sehr niedrig) und 8 (sehr hoch) lag.
Diesen Einwand der individuellen Wirkung des Koffeins auf verschieden starke ‚Koffeinverwerter‘ unter den Kaffeetrinkern galt es noch zu entkräften. Ich denke, das ist mit dieser Studie wahrscheinlich gelungen.

Weiterhin schlüsselten Loftfield und Kollegen nach Geschlecht (45% Männer, 55% Frauen), Alter (unter und über 55 Jahren), Raucherstatus, allgemeinem Gesundheitsstatus (gut ca. 75% / schlecht ca. 25%), BMI, Diabetes (bei ca. 5%) sowie dem Auftreten von Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfall (gemeinsam ca. 10% der Teilnehmer) auf. In allen Subgruppen blieb der Trend erhalten, dass Kaffee, auch in grosser Menge von über 6 Tassen täglich, das Mortalitätsrisiko senkte.

Die Botschaft lautet: Zurücklehnen und Kaffee geniessen!

Eine Schwäche dieser Studie ist allerdings, wie die Autoren selbst schreiben, die Freiwilligkeit der Teilnahme. Die etwa 500.000 Menschen, die ihre Daten dokumentieren liessen, entsprachen nur etwa 5,5% der ursprünglich zur Teilnahme an der Erhebung Eingeladenen von über 9,5 Millionen. Somit ist es unwahrscheinlich, dass die Teilnehmer die Gesellschaft insgesamt repräsentieren, sondern es sich eher um eine an medizinischen Themen aufgeschlossenen Gruppe handelt. Andererseits sollte bei diesen eher eine ehrliche Beantwortung der Fragebögen zu vermuten sein.

Für die Belastbarkeit der getroffenen Aussagen spricht auch, dass sie die Ergebnisse vieler bereits veröffentlichter Studien zum Thema Kaffeekonsum bestätigen.
Kaffee, aber auch Tee, sind keine Medikamente, der Genuss geht meist mit Ruhe und einer Parasympathikus-Aktivierung einher, was sicher keinen negativen Aspekt für die Gesundheit bedeutet. Lediglich Schwangere sollten sich etwas zurückhalten. Allen anderen empfehle ich: Zurücklehnen und den Kaffee guten Gewissens geniessen!

Veröffentlicht am 15. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
29. April 2023

Metabolisches Syndrom

Das metabolische Syndrom und der Typ-2-Diabetes als Wegbereiter des Herzinfarktes

Begriffe:

 “Metabolisches Syndrom”: existiert das überhaupt?!

Bereits 1923 wurde die Kombination von Bluthochdruck, erhöhten Blutzuckerwerten und Gicht zu einem «Syndrom» zusammengefasst. Die auch als «Syndrom X» oder «deadly quartet» bezeichnete Kombination kardiovaskulärer Risikofaktoren hat unterdessen mehrmals ihren Namen geändert und ist mit weiteren Stoffwechselabnormitäten ergänzt worden. Gemäss den Richtlinien des amerikanischen National Cholesterol Education Program von 2001 umfasst der 1998 von der Weltgesundheitsorganisation als «metabolisches Syndrom» bezeichnete Symptomkomplex die bauchbetonte Fettleibigkeit, eine typische Konstellation der Blutfette, einen erhöhten Blutdruck sowie einen im nüchternen Zustand erhöhten Blutzuckerwert. Erfüllt eine Person mindestens drei dieser Kriterien, leidet sie an einem metabolischen Syndrom. Weitere Zeichen können eine «Mikroalbuminurie» – die Ausscheidung kleiner Bluteiweisse über die Niere -, Veränderungen der Blutgerinnung, vermehrt im Blut zirkulierende Entzündungseiweisse, Leberveränderungen oder erhöhte Harnsäurewerte sein. Laut neuesten Schätzungen weist rund ein Viertel der westlichen Bevölkerung Zeichen eines metabolischen Syndroms auf, wobei dessen Häufigkeit mit dem Alter ansteigt.

Metabolisches Syndrom (Der Bauchumfang und 2 der weiteren 5 Kriterien genügen zur Diagnose):
Mann Frau
Bauchumfang >102 cm >88 cm
Blutdruck >140/90 mmHg
Plasmatriglyzeride >2,0 mmol/l
Quotient Total-Cholesterin : HDL-Cholesterin                                             >5
Nüchternplasmaglukose >6,4 mmol/l (oder HbA1c>6,5%)

Entzündungsneigung als zentraler Mechanismus

Der Schweregrad des Metabolischen Syndrom korreliert mit einem Anstieg der Entzündungsneigung! Studien zeigen, dass die Stammfettsucht und die Hypertonie (ev. aber auch die Niereninsuffizienz!) die gefährlichsten Risikofaktoren für die chronische Entzündung im Rahmen des Syndroms sind. (Santos et al., International Journal of Obesity, Dec 2005;29:1452-1456).
Die Neuroinflammation und eine Hypersensibilität spielt ebenfalls eine zentrale Rolle.

Pathologische Aktivierung des Immunsystems

Die Entzündungsparameter im Blut (CRP, Interleukin-5, Interleukin-1 beta (IL-1 beta), Kortisol) sind auch bei Patienten mit einem Metabolischen Syndrom erhöht. Es ist bekannt, dass Fettgewebe Entzündungsprozesse begünstigen kann. Die Theorie: Wenn Fettpolster zu schnell anwachsen, werden sie nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt (Hypoxie) und rufen die Fresszellen (Makrophagen) des Körpers auf den Plan. Das Risiko für chronische Entzündungen steigt.
Allein schon der Anblick von Süssem kann bei einem Übergewichtigen ein Entzündung auslösen! In Erwartung eines süssen Teilchens schnellt der Insulinspiegel schon vor dem ersten Biss in die Höhe und sorgt so für einen geschmeidigen Abtransport der Kohlenhydrate nach der Mahlzeit.
Der Blick aufs Essen aktiviert im Gehirn offenbar bestimmte Immunzellen, die sogenannte Mikroglia. Diese Zellen schütten dann einen Entzündungsfaktor namens Interleukin-1 beta (IL-1 beta) aus. Normalerweise ist dieser Faktor an der Abwehr von Krankheitserregern beteiligt, im Verdauungsfall aber stimuliert IL-1 beta über einen bestimmten Nerv die Ausschüttung von Insulin. Mit Entzündungen im eigentlichen Sinne haben all diese Vorgänge nichts zu tun.
Nun gibt es aber den Verdacht, dass ein chronisch erhöhter Blutspiegel des Entzündungsfaktors IL-1 beta bei übergewichtigen Menschen Diabetes auslösen könnte.
Diese Gesamtentzündung wird heute als mitverantwortliche Ursache der Insulinresistenz, des Fehlens von Insulinsekretion bei Diabetes und auch der Arteriosklerose, sowie Krebs gesehen.
Bei einem gesunden Menschen funktioniert IL-1 beta als ganz normale Verdauungshilfe, ein nur etwa zehn Minuten andauernder Prozess: Der Kopf stupst die Bauchspeicheldrüse gleichsam nur an. Bei stark übergewichtigen Menschen aber ist die IL-1-beta-Produktion überschiessend und andauernd wie bei einer chronischen Entzündung.
Dieser Zusammenhang von Immunsystem und Stoffwechsel (auch Immun-Metabolismus genannt) beschreibt Jacques Philippe eindrücklich im Schweiz Med Forum 2018 (aber auch die Ernüchterung einer anti-entzündlichen, medikamentösen Therapie dagegen).

Auch wenig Sinn im eigenen Leben zu sehen, erhöht nach neueren Studien stets (wie beim Dauerstress) etwas den Kortisolspiegel im Blut, was eine permanente Schwächung des Immunsystems nach sich zieht – und deshalb nachgewiesenermassen eine Erhöhung der Entzündungsneigung: walserblog.ch/2021/07/04/sinn-im-leben/!

Auch der Darmflora wird eine grosse Rolle zugesprochen. Die Darmwand ist bei Patienten mit Übergewicht und Diabetes weniger dicht: dadurch können bakterielle Wandprodukte, sogenannte Lipopolysaccharide, sie besser durchdringen und Entzündungen in verschiedenen Geweben verstärken. Die Zusammensetzung der Darmflora scheint dabei eine wesentliche Rolle zu spielen! Mehr zum Diabetes als Entzündung!

Chronischer Arbeitsstress und die Verbindung zum Metabolischen Syndrom

In dieser prospektiven Kohortenstudie haben britische Forscher versucht, einen Zusammenhang zwischen Arbeitsstress und dem Metabolischen Syndrom nachzuweisen. 10308 Männer und Frauen zwischen 35 und 55 Jahren wurden inkludiert und durchschnittlich 14 Jahre lang nachverfolgt (1985-1999).
Man fand eine Dosis- Wirkungsbeziehung zwischen lange persistierenden Arbeitsstressfaktoren und dem Risiko am Metabolischen Syndrom zu erkranken. Angestellte, die mindestens 3 Monate lang chronischem Arbeitsstress ausgesetzt waren, hatten ein doppelt so hohes Risiko als jene ohne Stressfaktoren (alters- und der beruflichen Position angepasste odds ratio: 2.25).
Die Autoren schliessen, dass Arbeitsstress ein wichtiger Risikofaktor für das Entstehen eines Metabolischen Syndroms ist. Diese Ergebnisse bekräftigen die Wahrscheinlichkeit eines kausalen biochemischen Zusammenhanges zwischen psychosozialen Stressfaktoren des täglichen Lebens und der Entstehung von Herzkreislauferkrankungen, aber auch der Niereninsuffizienz.(Chandola T. et al. BMJ 2006; doi:10.1136/bmj.38693.435301.80)

Siehe dazu auch meine Gedanken zum stressigen “Cortisol-Jogger”:  www.dr-walser.ch/jogging/#langsamkeit !

Natürliche Rhythmen und Metabolisches Syndrom

Auch ein regelmässiger Tagesablauf mit gut eingeplanten Essenszeiten ist sehr wichtig. Licht und Nahrung sind die wichtigsten Zeitgeber für den Menschen. Sie sollten synchron sein. Das heisst man sollte 1 Hauptmahlzeit und (eins bis) zwei kleinere Mahlzeiten genau und immer regelmässig planen – und man sollte nur bei Tageslicht essen, da mit Eintreten der Dunkelheit unser Stoffwechsel sich grundlegend umstellt und Fett (und auch die Kohlenhydrate) viel langsamer abgebaut werden. Dies führt zur Entwicklung von chronischen Erkrankungen wie Übergewicht/Adipositas, Diabetes oder auch Hypertonie und Blutfettanstieg!

Akne und das metabolische Syndrom der Haut

Akne ist das sichtbare metabolische Syndrom der Haut durch übersteigerte Wachstumsfaktorsignale westlicher Ernährung. Niedrigglykämische Diäten führen zu einer Abnahme der entzündlichen Akneläsionen.
Gut ist also: Kaum Milch und Milchprodukte, selten zuckerhaltige Speisen und kein Fast Food oder Backwaren!
Meiden Sie alle Lebensmittel, die den Blutzuckerspiegel stark beeinflussen, also solche mit einem hohen “Glykämischen Index” (Weissbrot, gezuckerte Frühstückflocken, Gebäck, süsse Limonaden wie Cola…). Man vermutet, dass das Hormon Insulin schuld ist, da es die Produktion von männlichen Wachstumshormonen (Androgenen) sowie des Botenstoff IGF-1 anregt. Diese regen dann die Talgproduktion an und begünstigen die Verstopfung der Poren. (Neil Mann et al.;American Journal of Clinical Nutrition, 2007)
Neueste Untersuchungen zeigen auch eine klare Abhängigkeit von Kuhmilch und verschiedenen Milchprodukten (Quark, Streichkäse, Instant-Milchgetränke und v.a. entrahmte Milch sind die Übeltäter! Es hat also nichts mit dem Fettgehalt der Produkte zu tun.). Adebamowo CA et al., J Amer Acad Dermatol 2005; 52:207-214
Sicher ist, dass auch starkes Übergewicht durch einen Hyperinsulinismus die Produktion der männlichen Hormone (Androgene) stimulieren kann. Dann hilft Abnehmen auch gegen Akne.
Auch Rauchen sollte man unbedingt stoppen, da dies das metabolische Syndrom der Haut massiv verstärkt!

Gicht – Disease of Kings?

Die Gicht ist schon lange keine Krankheit der Könige mehr: ihre Inzidenz nimmt global zu und die Gründe dafür sind vielfältig.
Diese retrospektive Populationsstudie aus Korea hat den Zusammenhang von metabolischem Syndrom und Gichtinzidenz in einer riesigen Kohorte von jungen Männern (Alter 20–39 Jahre) untersucht. Als metabolisches Syndrom wurde gewertet, wenn drei und mehr der folgenden Kriterien erfüllt waren: abdominale Adipositas, Hypertriglyzeridämie, erniedrigtes HDL-Cholesterin, arterielle Hypertonie und erhöhte Nüchternglukose. Die Diagnose wurde an drei Gesundheitschecks im Intervall von jeweils zwei Jahren überprüft. Die Inzidenzrate der Gicht lag bei 3,36/1000 Personenjahren. Männer mit einem chronischen metabolischen Syndrom wiesen aber ein fast vierfach erhöhtes Risiko auf, eine Gicht zu entwickeln (Hazard Ratio [HR] 3,82)! Trat ein metabolisches Syndrom erst im Verlauf der Studie auf, war das Risiko immerhin noch doppelt so hoch (HR 2,31). Waren die Kriterien für ein metabolisches Syndrom bei einem Gesundheitscheck nicht mehr erfüllt, reduzierte sich umgekehrt das Risiko für eine Gicht um rund die Hälfte (HR 0,52). Veränderungen im Serumwert der Triglyzeride und im Gewicht hatten dabei den stärksten Effekt – eine Zunahme als Triggerfaktor, eine Reduktion im protektiven Sinn.
Die Studie setzt einen wichtigen Reminder: Auch im Zeitalter moderner Gichtmedikamente hat die Modifikation von Lebensstilfaktoren eine entscheidende Rolle bei der Prävention.
(Arthritis Rheumatol. 2023, doi.org/10.1002/art.42381.)

Was lässt sich tun?

Gehen Sie in sich und suchen Sie nach bildhaften Erinnerungen von Situationen, in denen Sie gesund gelebt und sich gut dabei gefühlt haben. Vielleicht war es ein Urlaub: Sie machten lange Strandwanderungen mit einem Freund, und abends gab es mediterrane Küche bei Kerzenschein. Lassen Sie dieses Bild in sich leben und führen Sie sich vor Augen, dass Ihr Arzt genau das mit seinen Empfehlungen meint.
Tatsächlich, so haben in letzter Zeit gleich mehrere Studien gezeigt, lässt sich der Ausbruch eines Diabetes bei diesbezüglich gefährdeten Personen mit recht unspektakulären Massnahmen wenn nicht verhindern, so doch zumindest verzögern. Denn schon mit moderaten Veränderungen des Lebensstils – einem Gewichtsverlust von 5 bis 10 Prozent des Körpergewichts, regelmässigen, alltäglichen kurze Fastenperioden (Intervallfasten) und regelmässiger körperlicher Bewegung – konnten die Studienteilnehmer ihr Risiko halbieren, in den kommenden Jahren zuckerkrank zu werden. Medikamente gegen Diabetes scheinen übrigens nicht gleich effektiv wie Änderungen des Lebensstils.
Eine Verminderung des Arbeitsstresses ist ebenfalls unumgänglich!

Oder anders gesagt:
Pro 1 Kilogramm Gewichtsverlust ergibt sich eine Reduktion des Diabetes um 13 Prozent.
Bei Gewichtsverlust von 20 kg verschwindet der Diabetes mellitus Typ II in 95 Prozent!

Mediterrane Kost mit etwas weniger Kohlenhydraten als gewöhnliche – die LOGI-Methode:

In der LOGI-Methode (steht für Low Glycemic Index) sollen in der täglichen Nahrung Lebensmittel mit niedrigem GI bevorzugt, solche mit hohem GI dagegen eingeschränkt werden. Die GL (Glykämische Last) aller pro Tag verzehrten Lebensmittel sollte am besten unter 80 liegen.
Im Unterschied zu Atkins und „South Beach“, etc. empfiehlt man viel Obst und Gemüse (und eine Handvoll Nüsse täglich) sowie ungesättigte Fette wie Raps- bzw. Olivenöl. Um die Stoffwechsellage zu verbessern, ist es einerseits wichtig, weniger Energie aufzunehmen. Andererseits ist insbesondere die Art der zugeführten Fette von grosser Bedeutung. Verschiedene Untersuchungen belegen in diesem Zusammenhang den Wert einfach ungesättigter Fettsäuren (besonders reichlich in Oliven- oder Rapsöl enthalten), die im Gegensatz zu den gesättigten Fetten die Insulinempfindlichkeit der Gewebe verbessern.
Die LOGI-Methode beruft sich auf die Ernährung unserer Urvorfahren, als KH noch eher knapp waren. Optisch umgesetzt wird diese Methode auch in der Lebensmittelpyramide, die Lebensmittel von „sehr empfehlenswert“ (= Basis der Pyramide, man soll viel davon zu sich nehmen), bis hin zur Spitze (= „weniger empfehlenswert“ – nur in geringen Mengen verzehren!) staffelt. Die Basis bilden Obst, stärkefreies Gemüse aber auch hochwertiges Öl.
Mindestens fünf Portionen Gemüse und Obst sollten pro Tag verzehrt werden – drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Früchte. Auf der zweiten Stufe folgen eiweissreiche Lebensmittel wie Milchprodukte, Eier, mageres Fleisch, Nüsse und Hülsenfrüchte. Erst auf der dritten Stufe sind kohlenhydratreiche Produkte wie Vollkornbrot, Nudeln und Reis zu finden. Die Spitze bilden schliesslich Weissmehl-Produkte, Kartoffeln und Süssigkeiten. LOGI entspricht einer Art mediterranen Ernährung, aber nicht mit Teigwaren und Pizza, sondern eher mit viel Salat, Gemüse, Obst, Fisch aber auch wenig Fleisch.

Gemäss Studien sind die Unterschiede nach sechs Wochen LOGI-Diät zwar klein, aber bedeutend. Insbesondere waren die Blutzucker- und Cholesterinwerte stärker als in der Kontrollgruppe gesunken (Journal of the American Medical Association JAMA 300, 2742-2753 (2008)).

Bereicherung der Darmflora verbessert das Metabolische Syndrom

Was sehr wahrscheinlich bei dieser Ernährungsumstellung noch viel wichtiger ist, scheint die Veränderung, die sie auf die Besiedlung mit Darmbakterien bewirkt. Die mediterrane Ernährung bekämpft die Verarmung dieser Darmbakterien, die höchst wahrscheinlich auch eine sehr wichtige Ursache für das Metabolische Syndrom ist.

Noch ein therapeutischer Schritt weiter sind Stuhltransplantationen:
2000 wagte Gerhard Rogler vom Universitätsspital Zürich erstmals den unorthodoxen Eingriff bei einer Patientin, die wegen einer Infektion mit dem Darmkeim Clostridium difficile an krampfartigen Bauchschmerzen, Durchfall und Fieber litt. Die Ärzte spülten den Darm der Patientin und spritzten danach gereinigten Kot einer Verwandten ein. Die Therapie war erfolgreich. Seither hat die Uniklinik Zürich sehr viele weitere Patienten mit einer C.-difficile-Infektion behandelt – bis auf ganz wenige sind alle geheilt.
Derweil testen Forscher weltweit die Stuhltransplantation bei einer Reihe weiterer Darmerkrankungen wie Reizdarm, chronischer Verstopfung, Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn. Holländische Forscher haben die Methode bei Patienten, die am metabolischen Syndrom leiden, erprobt – ebenfalls mit Erfolg. Bei den Patienten hat sich nach der Transplantation mit aufgereinigtem Kot eines dünnen Spenders die Insulinsensitivität erhöht.
Wirklich appetitlich ist diese Therapie nicht, dafür anscheinend
umso wirksamer: Stuhltransplantationen können lebensbedrohliche Darminfektionen heilen – und möglicherweise noch viel mehr.

Die wichtigste Massnahme überhaupt, ist neben dieser mediterranen Ernährung, dem Intervallfasten und mehr Bewegung auch das Stoppen eines eventuellen Nikotingebrauchs (wichtigster zusätzlicher Risikofaktor für die Arterienverkalkung)!

Ein Zustand der «Metabolischen Fitness» wird auch durch längere Pausen zwischen den einzelnen Mahlzeiten (vor allem ein langes Nachtfasten = Intervallfasten oder 16:8) erzielt. Dadurch reduzieren sich die für die Entwicklung arteriosklerotischer Veränderungen offenbar besonders kritischen Phasen nach einer Mahlzeit, während denen die Blutzucker-, Insulin- und vor allem Triglycerid-Werte im Blut erhöht sind (>>>Breakfast- oder Dinner-Canceling).

Die ideale Reihenfolge während einer Mahlzeit ist:
1. zuerst die Ballaststoffe (Gemüse, Salat, Nüsse), dann
2. die Proteine (Käse, Hülsenfrüchte, Fisch, Ei) und nur zum Schluss eventuell
3.) die Stärke (Brot, Pasta) und wenig Zucker (als Dessert!).

Sehr wichtig neben dem Erreichen des Normalgewichtes (resp. Verringern des Bauchfettes) scheint regelmässige Bewegung zu sein.  Zahlreiche Studien haben unterdessen bestätigt, dass körperliche Betätigung das Risiko für Herz- Kreislauf-Krankheiten reduziert, zumindest zum Teil über eine günstige Beeinflussung der Faktoren des Metabolischen Syndroms. Dass es für den erwünschten Effekt keineswegs nötig ist, Spitzensport zu betreiben, zeigen die jüngsten Empfehlungen der amerikanischen Centers of Disease Control and Prevention, wonach Erwachsene an möglichst vielen Wochentagen mindestens 30 Minuten «moderat körperlich aktiv» sein sollen. Als einfache Regel kann 3in3 gelten: mindestens 3 Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens 3mal! (genügend Bewegung?! >>>Test!) – und es muss nicht intensiver und langdauernder Sport sein, sondern die Bewegung kann (für die Gesundheit und nicht unbedingt für die Ausdauer) kurz und moderat, jedoch dann täglich und häufig sein!

Während die gesunde Skelettmuskulatur die Möglichkeit hat, neben Kohlehydraten auch Lipide zu verwerten, und je nach Bedarf, Stoffwechsellage und hormonellen Signalen zwischen diesen beiden Energiequellen wechseln kann, besteht bei adipösen Personen und Diabetikern durch die Einlagerung von Fettsäuren in die Muskeln eine metabolische Inflexibilität. Durch regelmässigen Sport nun werden die für die Fettverbrennung notwendigen Enzyme wieder aktiviert – die Fettreserven am falschen Ort können mobilisiert werden. Besonders günstig ist körperliche Bewegung nüchtern vor oder mindestens 3 Stunden nach den Mahlzeiten. Dadurch werden die muskulären Fettspeicher entleert, und die nach einer Mahlzeit anfallenden Nahrungsfette können wenigstens zum Teil aufgenommen werden.

Viel Sitzen ist ganz schlimm!

Je länger Menschen am Stück sitzen, ohne zwischendurch aufzustehen  und herumzugehen, desto schlechter reagiert ihr Organismus auf das Hormon Insulin und umso „süsser“ wird ihr Blut nach der Zufuhr erhöhter Glukosemengen. Erwartungsgemäss stand auch die im Laufe des Tages akkumulierte gesamte Sitzdauer in einer engen Beziehung zum Zuckerstoffwechsel. So tendierte der Metabolismus umso stärker in  Richtung eines Diabetes, je mehr Sitzstunden pro Tag zusammen kamen.
Versuchspersonen, die trotz allem noch körperlich aktiv waren, schnitten zwar besser ab als Bewegungsmuffel. Weder Sport noch andere vor Diabetes schützende Faktoren, darunter vor allem ein gesundes Körpergewicht, konnten die verhängnisvollen Bande zwischen Dauersitzen und Entgleisungen des Zuckerstoffwechsels allerdings auflösen.

Eine weiter Studie zeigte, dass jede Zunahme der Fernsehdauer um zwei Stunden pro Tag mit einer 25%igen Steigerung des Übergewichts und einer 15%igen Steigerung des Diabetesrisikos verbunden war (JAMA 289 (2003) 1785-1791). Es sollte also nicht nur die körperliche Aktivität gefördert, sondern auch auf die Risiken sitzender Tätigkeiten verstärkt hingewiesen werden.

Ein stabiles Körpergewicht senkt das Risiko für das Metabolische Syndrom

In einer 15jährigen  Beobachtungsstudie (Donald M.Lloyd-Jones et al., Circulation 2007;115:1004-1011) mit 2700 Männern und Frauen wurde eindeutig gefunden, dass ein stabiles Körpergewicht (BMI) UNABHÄNGIG VOM AUSGANGSWERT langfristig das Risiko für ein Metabolisches Syndrom senken kann!

Schon 2 Softdrinks pro Tag erhöhen das Risiko eines Metabolischen Syndroms

Um einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Genuss von Softdrinks und der Entstehung des metabolischen Syndroms festzustellen haben Forscher 6039 Personen (Durchschnittsalter 52.9 Jahre) aus der Framingham Studie, welche keine Hinweise auf ein metabolisches Syndrom zeigten, untersucht. Die Daten wurde für das Alter, Geschlecht, physische Aktivität, Rauchverhalten, gesättigte Fettsäuren aus der Ernährung, Transfette, Magnesium, Ballaststoffe, Gesamtkalorien und glykämischen Index angepasst.
Man fand bei Personen, die mehr als 1 Softdrink/Tag zu sich nahmen eine höhere Prävalenz des metabolischen Syndroms (OR=1.48) als bei jenen, die weniger konsumierten. Beim Follow up nach ca. 4 Jahren hatten 18.7% der Personen aus der Gruppe mit weniger als 1 Softdrink/Tag (n=4095) und 22.6% aus der Gruppe mit mehr als 1/Tag (n=2059) ein metabolisches Syndrom entwickelt. Der Genuss von mehr als 1 Softdrink/Tag war mit einem höheren Risiko zur Entwicklung eines metabolischen Syndroms (OR=1.44), Adipositas (OR=1.31), erhöhtem Bauchumfang (OR=1.30), erhöhtem Nüchternblutzucker (OR=1.25), erhöhtem Blutdruck (OR=1.18), Hypertriglyceridämie (OR=1.25) sowie erniedrigtem HDL-Cholesterin (OR=1.32) assoziiert.
Die Forscher schliessen daraus, dass der Genuss von Softdrinks bei Personen im mittleren Alter zur Erhöhung mehrerer metabolischer Risikofaktoren führt. (Ravi Dhingra et al., Circulation 2007;116:480-488)

Steigender Fruktosekonsum als Auslöser des Metabolischen Syndroms?

In den letzten Jahrzehnten kam es zu einem drastischen Anstieg des Konsums von freier Fruktose (welche etwa 1,6mal süsser ist als Glukose oder Saccharose), da das billigere Süssmittel “high fructose corn syrup” (HFCS) in vielen unseren Getränken, Backwaren und anderen süssen Lebensmitteln beigefügt wurde. Daten aus den USA zeigen eine parallele Entwicklung zwischen der rasanten Zunahme von Übergewicht und den Zusätzen an freier Fruktose. Im Gegensatz zur Glucose wird die Fructose insulinunabhängig verstoffwechselt. Da Insulin indirekt einen Anteil an der Erzeugung des Sättigungsgefühls hat, Fructose also den Appetit nicht nimmt, kann durch den starken Einsatz von HFCS als Süssstoff leicht Übergewicht entstehen. In grossen Mengen kann freie Fruktose möglicherweise auch Bluthochdruck begünstigen. Es beeinflusst auch das Lipidprofil (Blutfette) ungünstig, da es in höheren Mengen die Fettsynthese fördert und damit die postprandialen (nach dem Essen) Serumtriglyzeride (Art Blutfett) ansteigen lässt. Patienten mit metabolischem Syndrom muss v.a. vom Konsum von mit HCFS oder Saccharose gesüssten Getränken abgeraten werden. In der Schweiz gibt es aber bisher keine Deklarationspflicht für die Mengen einzelner zugesetzter Zuckerarten wie Fruktose, Saccharose, Maltose usw.!
Nun kommen neuere Studien, die zeigen, dass ein moderater Fructose-Konsum (<1–1,5 g/kg/d) bei ausgeglichener Ernährung doch sicher zu sein scheint. Ein übermässiger Zuckerkonsum hingegen ist schädlich, und dies unabhängig von der Zuckerart.

Weitere Massnahmen, die sich leicht angehen lassen:

Der Hausarzt sollte unbedingt den Blutdruck und die Blutfette (Cholesterin, etc.) und auch die Nierenwerte kontrollieren und (ev. auch medikamentös) behandeln.

Das Fettgewebe als endokrines Organ

In den letzten Jahren hat sich immer deutlicher gezeigt, dass das Fettgewebe nicht einfach nur ein Energiespeicher, sondern vielmehr ein endokrines, also hormonell aktives Organ ist, das proportional zur Menge der Fettzellen verschiedene Substanzen in die Zirkulation abgibt. Dazu gehören Moleküle wie etwa der Tumor-Nekrose-Faktor- (TNF-), Leptin, Resistin, Adipsin oder Adiponectin, die über den Appetit und den Energieumsatz Körpergewicht und Fettdepots steuern. Weiter beeinflussen sie die Blutgerinnung, den Tonus der Gefässe sowie die Insulinempfindlichkeit der verschiedenen Zielgewebe. Die bei Fettleibigkeit erhöhte Konzentration dieser hormonähnlichen Substanzen steht deshalb in engem Zusammenhang mit der Entwicklung von Bluthochdruck, der Insulinresistenz sowie Störungen der Blutgerinnung – alles Symptome, die mit dem metabolischen Syndrom assoziiert sind.
Ist viel Fettgewebe vorhanden, werden zudem grosse Mengen an Fettsäuren freigesetzt und nicht nur in die normalen Fettdepots der Unterhaut, sondern auch in Muskulatur und Leber eingelagert. Wie Tierversuche und Magnetresonanz-Untersuchungen an adipösen Probanden gezeigt haben, wird dadurch die Insulinwirkung auf diese Gewebe gestört. Die im Rahmen der Nahrungsaufnahme anfallende Glukose, aber auch Fette und Aminosäuren können von den Muskelzellen nicht mehr verwertet werden; in der bei fettleibigen Personen nahezu immer verfetteten Leber wird die endogene Glukose-Produktion durch Insulin nicht mehr unterdrückt – der Blutzuckerspiegel steigt an.
Weiter lassen neuere Arbeiten vermuten, dass vorab im Bauchfett eine lokal angekurbelte Kortison-Synthese für die Insulinresistenz eine verhängnisvolle Rolle spielen könnte. Offenbar ist in übermässig vorhandenem Fettgewebe die Aktivität eines Schlüsselenzyms der Kortison-Produktion gesteigert und führt – so die Beobachtung an Mäusen – zur vermehrten Freisetzung von Fettsäuren und zu einer verminderten Adiponectin-Synthese. 

Bewege ich mich genug?

Dass es für einen gesundheitsfördernden Effekt keineswegs nötig ist, Spitzensport zu betreiben, zeigen die jüngsten Empfehlungen der amerikanischen Centers of Disease Control and Prevention, wonach Erwachsene an möglichst vielen Wochentagen mindestens 30 Minuten «moderat körperlich aktiv» sein sollen.
Als einfache Regel kann 3in3 gelten: im Minimum 3 Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens 3mal!
Ein Werkzeug zur schnellen Berechnung der eigenen Bewegungs- oder körperlichen Aktivitätsleistung wurde in einer Studie mit englischen Hausärzten entwickelt (Br J Sports Med 2005;39:294-297, A L Marshall, brief physical activity assessment for use by family doctors):

Zählen Sie die Punkte zusammen, welche für Sie zutreffen:

  • A) Wieviel mal pro Woche führen Sie üblicherweise 20 Minuten schwere körperliche Tätigkeit aus, die Sie zum Schwitzen bringt (z.B. Jogging, Gewichtheben, Aerobic, schnelles Velofahren, etc.)
    – mehr als 3mal in der Woche: 4 Punkte
    1 bis 2mal die Woche : 2
    – Nie! 0
  • B) Wieviel mal pro Woche führen Sie üblicherweise 30 Minuten leichte körperliche Tätigkeit aus, die Ihre Atmung schneller werden lässt (z.B. Velofahren, Wandern, leichte Gewichte Tragen, etc.).
    – 3 bis 4mal in der Woche: 3 Punkte
    – 1 bis 2mal pro Woche: 1
    – Nie! 0

Total: 

Total = Score A + Score B:
höher als 4: genügend körperliche Aktivität!  >>> Machen Sie weiter so!
0 bis 3: ungenügend körperliche Aktivität! >>> Versuchen Sie mehr zu tun!

Wie steht es um meinen Fitnessstand?

 Die norwegische Uni Trondheim hat einen Fitness-Kalkulator aus einer grossen Studie erschaffen, der ganz einfach aus 5 Faktoren (Geschlecht, Alter, Bewegungsquantität und -qualität, Bauchumfang, Ruhepuls) errechnet wird. Bestimmen können Sie dabei auch gleich Ihr Fitness-Alter, was dann vielleicht in etwa Ihrem “Biologischen Alter” entspricht (mit Vorsicht zu geniessen!):
www.ntnu.edu/cerg/vo2max

Die AMPK – ein universeller Energiesensor

AMPK (5-Adenosin-Monophosphat-aktivierte Proteinkinase) ist ein Enzym mit sehr interessanten Wirkungen in unserem Körper: Es verbessert die Blutfett- und Zuckersituation und wirkt auch antiproliferativ, also krebshemmend!

Folgende Stoffe pflanzlicher Herkunft aktivieren alle die AMPK:

Vollbildansicht

>>>weiterführender Artikel über die AMPK hier auf dieser Website!

Veröffentlicht am 13. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
27. Juni 2023