Ernährung

ESSEN kann THERAPIE sein – aber primär: GENUSS!

Ratschläge zur Ernährung

Was kann man heute in der Ernährung noch raten?!

Zuallererst mal plädiere ich für einen entspannten Umgang mit der Ernährung, denn das zwanghafte Streben nach einer perfekten Ernährungsweise tut der Psyche nicht gut. Das Stück Sahnetorte am Sonntag oder die gelegentliche Tüte Chips ist kein Problem, wenn ich mich ansonsten gesund ernähre und starkes Übergewicht vermeide. Wer langfristig eine gesunde Basis hat, braucht keine Angst haben, wenn er mal Schrott isst.
Die Ernährungsforschung der letzten Jahre bewies aufgrund ihrer konsistent widersprüchlichen Befunde, dass es beim Essen weder strenge Gebote noch Verbote geben kann! (mehr ganz unten)
Was kann man also heute noch raten?!

Hier in Kürze die wichtigsten Ernährungstipps für eine optimale Gesundheit.

  • “Eat food. Mostly plants. Not too much.” (Michael Pollan)
    “vrai, végétal, varié.“ (Anthony Fardet)
  • “mässig, regelmässig”:
    Alles mit Mass. Iss weniger. Iss langsamer. Iss wenn Du Hunger hast, nicht wenn Du dich langweilst. Gewöhne Dich wieder an kurze Hungerperioden (Nachtfastenzeit verlängern, keine Zwischenmahlzeiten). Frag Deinen Bauch.
    Iss mit Lust und Freude, aber beende den Genuss, bevor du übersättigt bist. Nur soviel, dass Du “normalgewichtig” bleibst (Welches Gewicht ist normal?!).
    Zum Beissen brauchst Du gutes Werkzeug: Pflege Deine Zähne also liebevoll.
    Je einfacher wir dann unsere Mahlzeiten gestalten, desto dankbarer wird unser Magen sein. Während den Essenszeiten bist Du am besten guter Stimmung. Bei sehr schlechter Laune verzichte lieber ganz auf das Essen. Schmücke deshalb den Esstisch und serviere die Speisen appetitlich mit viel Phantasie.
  • Iss immer etwa zu den gleichen Zeiten (max. dreimal täglich).
  • Nicht zuviel tierische Produkte (vor allem auch wegen der Klimakrise!) und nicht zu viele Kohlenhydrate (vor allem keine Backwaren mit Hefeschnellgärung – eher Sauerteigbrot aus Vollkorn).
  • Viel trinken, aber nicht zuviel (den Durst beachten).
  • Iss möglichst das, was wild wächst oder lebt. Iss bunt. Iss was regional und saisonal wächst (siehe “saisongerechte Ernährung”).
  • Iss nichts, was nicht auch Deine Urgrossmutter als Lebensmittel erkannt hätte. Meide also auch die Nahrungsprodukte, die sich als “light”, “fettarm”, “fettfrei” oder “glutenfrei” ankündigen oder solche, für die im Fernsehen geworben werden.
  • Wenn Du für deine Gesundheit etwas tun willst, koche Dir selbst.
  • Und… körperlich aktiv bleiben (“Lieber fett und fit als mager und matt!”, d.h. nicht in erster Linie auf das Gewicht kommt es an, sondern auf die körperliche Fitness).
  • Der vielleicht grösste Irrglaube ist, man könne seine Gesundheit durch ein einziges Lebensmittel ganz besonders boostern. Das ist das Konzept der vermeintlichen Superfoods mit Chiasamen, Açai-Beeren, Moringa und ähnlichem. Das funktioniert nicht. Bei den Grundprinzipien der gesunden Ernährung spielt es langfristig keine grosse Rolle, welche Hülsenfrüchte, Gemüsesorten oder Nüsse ich esse. Und eine ungesunde Ernährung kann ich auch nicht dadurch kompensieren, dass ich mir morgens einen Ingwer-Shot reinziehe oder Selleriewasser trinke.

In Kürze:
Füll einfach die Hälfte deines Tellers mit Gemüse und Obst,
einen Viertel mit Vollkornprodukten (geschrotetes Vollkorn (vor allem Hafer) oder Flocken, Pasta oder Brot) und
einen Viertel mit Lebensmitteln die viel Eiweiss enthalten wie Hülsenfrüchte (Erbsen, Bohnen, Lupinen, Soja, Erdnüsse), Nüsse, Hartkäse, Fisch oder Ei (und kaum oder wenig Weidefleisch).
Dazu auch täglich hochwertige Pflanzenöle (Oliven-, Lein- und Rapsöl)

Und halte die ideale Reihenfolge während einer Mahlzeit bei:
1. zuerst die Ballaststoffe (Gemüse, Salat, Nüsse), dann
2. die Proteine (Nüsse, Hartkäse, Hülsenfrüchte, Fisch, Ei) und nur zum Schluss eventuell
3.) die Stärke (Brot, Pasta) und wenig Zucker (als Nachspeise!).

Dann lies mal meinen Blog über Gesundheitsmythen mit „You should aim to eat five portions of fruit and veg a day“.

Geniessen!

Esswaren sind Genuss-Mittel, Moodfood oder “Stimmungs-Nahrung”. Sie sind zum geniessen da!
Wirf deine Nährwerttabellen, Diätratgeber und Multi-Vitaminpillen in den Müll und beginne, dein Essen zu geniessen. Auch Mediziner und Ernährungskundler mussten umdenken. Jahrzehntelang lehrten sie, alles, was Spass macht und schmeckt – Alkohol und Zucker, Fett und Salz – mache uns krank.
Jedoch lassen uns der Biss in die Praline, der Schluck Rotwein oder der dampfende Espresso wohl fühlen und werden augenblicklich Labsal für die Seele. Diesem Gefühl kann man trauen. Von der Schokolade beispielsweise haben wissenschaftliche Analysen nachgewiesen, dass Hunderte von Aromastoffen und einige verblüffend Marihuana-ähnliche Substanzen für bekannt nachhaltige Genusswonnen sorgen.
Natürlich auch hier alles mit Mass. Werde nicht zum “Chocoholic”.
Siehe dazu auch meine Seite “Genuss und Schuldgefühle“!
Hier noch eine wunderbare Studie über die Korrelation von Schokoladekonsum und Anzahl Nobelpreisträger in einer Nation: schokolade.pdf!

Wenn Du für deine Gesundheit etwas tun willst, koche Dir selbst!

Denn sonst kochen diejenigen, die dafür bezahlt werden. Und die würden Wege finden, uns so schnell und so billig wie möglich abzuspeisen!
Essen alles, was Du willst und geniesse es. Du willst Apfel­kuchen? Iss heute Abend einen ganzen Apfelkuchen! Mit Keksen und Glacé? Iss alle Kekse, die Du heute Abend schaffst, und alle Glacé. Du musst nur etwas tun: Mach sie selbst, den Kuchen, die Glacé, die Kekse!
Du weisst, was dann passiert: Falls Du alles selbst kochst, wirst Du heute Abend vermutlich weder Apfel­kuchen noch Kekse noch Glacé essen – oder nur ausgelesen wenig…

Nichts im Übermass!

Dies ist für uns Überfluss-Gewohnten sehr wichtig:

      • “Am Morgen iss wie ein Kaiser, zu Mittag wie ein König, abends wie ein Bettler.” (siehe dazu das Intervallfasten oder Dinner-Cancelling). Es hat sich als sehr günstig erwiesen, dass man regelmässig über den Tag weg, aber nicht zu häufig,  maximal dreimal pro Tag isst.
        Licht und Nahrung sind die wichtigsten Taktgeber für den Menschen. Sie sind am besten synchron. Das heisst, man nimmt nach Möglichkeit eine Hauptmahlzeit und (eins bis) zwei kleinere Mahlzeiten pro Tag zu sich. Man isst wenn möglich nur bei Tageslicht, da mit Eintreten der Dunkelheit unser Stoffwechsel sich umstellt und Fett und die Kohlenhydrate viel langsamer abgebaut werden.
      • Geniesse, was du isst!
      • Lerne, zu spüren, was dein Körper – und deine Seele – braucht und was dir im Moment gut tut. Das Ziel wäre also ein Wechsel von Genuss und Zurückhaltung, da wirklicher Genuss ohne zeitweiligen Verzicht nicht denkbar ist!
      • Wähle zum Sattessen immer auch etwas Protein (Käse, Nüsse,…) mit viel Gemüse und Obst. An apple a day keeps the doctor away (besser: zwei bis drei)! Keine Fruchtsäfte allein.
      • Trink viel.
      • Beginn jede Mahlzeit mit einer Gemüsevorspeise (auch Salat passt).
      • Wähle mit Vorteil häufig Fisch.
      • Wähle viel sparsamer (oder lass es gleich völlig weg!): Milchprodukte, Geflügel und Fleisch, Brot und sonstige Backwaren,Teigwaren, Reis, Kartoffeln.
      • Wähle wenig und nur zum Verfeinern: tierische Fette und raffinierte Zuckerprodukte (auch Honig).

Vollwertig

Bevorzuge möglichst naturbelassene, vollwertige Nahrungsmittel, d.h. nicht solche denen irgendwelche Teile entzogen sind (raffinierte) – also Vollkornmehl anstelle von weissem Mehl (Vollkornbrot, Vollkornteigwaren),  Vollreis oder Naturreis anstelle von poliertem Reis, frische Speisen anstelle von Konserven,… “Vollwertig” dürfte sich Gemüse, Obst und Getreide eigentlich nur nennen, wenn es aus biologischem Anbau stammt, welcher ohne Gifte zum Spritzen und Düngen auskommt.

Immer Produkte aus der Nähe bevorzugen (Auf den Markt gehen! – Direkt beim Bauern kaufen! Eigener Garten – auch nur auf dem Fenstersims!). Nahrung aus fremden Kontinenten empfehle ich zu reduzieren oder zu meiden. Die heute (mit ungeheurem Energieverschleiss) aus Übersee – zu Spottpreisen – importierte Nahrung wird in riesigen Monokulturen angepflanzt, was gegen die Natur ist und deshalb einen massiven Wasserverbrauch und enorme Düngung und Pestizide/Insektengifte nötig macht. Ferner fordert jeder lange Transport Massnahmen der Haltbarmachung, was heute wiederum meist mit der chemischen Keule erfolgt. Paradebeispiele sind Bananen, Ananas, aber auch Kaffeebohnen!

Saisongerechte Salate, Gemüse und Obst auftischen: Tomaten, Gurken und Kopfsalat nur kaufen, wenn sie nicht aus beheizten Treibhäusern stammen! Im Winter beschränkt man z.B. den Kopfsalatkonsum. Auch Eier sind Saisonartikel. Wenn wir Freilandeiern den Vorzug geben, müssen wir uns darauf einstellen, dass die Hühner im Winter weniger legen (Weiterlesen über “saisongerechtes” Essen hier unten & in meinem Blog).

Um es mit Michael Pollan zu sagen: “Essen Sie nichts, was ihre Urgrossmutter nicht als Essen erkannt hätte!” (aus “64 Grundregeln ESSEN”)

Umweltbewusst


(angegebene Links:  www.wwf.ch/saisontabelle und www.co2online.de/konsumcheck)

Zusätzlich würde ich noch unbedingt anfügen:
Kein Trinkwasser aus Plastikflaschen und keinerlei Plastikverpackungen (Stichwort Mikroplastik!)

Das Grünzeug auf dem Teller hat manchmal einen viel zu guten Ruf. Avocados verwüsten ganze Landstriche, Erdnüsse töten und Zucchetti ebenso. Eine kleine Ernährungsberatung von einem, der die übliche Lobhudelei satt hat.
(Thorsten Glotzmann in Sonntagszeitung, 30.6.19)

Weizen, Reis, Mais: 42 Prozent der weltweit konsumierten Kalorien kommen von nur drei Pflanzenarten. Das verstärkt die Gefahr von Hungersnöten.
Mehr Vielfalt würde die Abhängigkeit von Lieferketten reduzieren, die Ernte würde widerstandsfähiger gegen Extremwetter und Schädlinge. Und gesünder wäre es sowieso.
Beispielsweise stoppten mit Beginn des Krieges in der Ukraine die grössten Weizenproduzenten der Welt, die Ukraine und auch Russland ihren Export. Dies schuf auch u.a. in Senegal eine Hungersnot. Es wären plötzlich eigene Quellen gefragt: Schon vor Jahren haben nun gewitzte Bauern angefangen die alten traditionellen Getreidesorten des Senegals anzubauen. Sorghum etwa oder Hirse. Das schien lange wie ein Hobbyprojekt, denn das Getreide vor allem aus der EU war billig dank Massenproduktion und EU-Subventionen. Nun aber können sich diese Bauern vor Anfragen kaum retten.

Ernährung als Ersatzreligion – Abgrenzung und Erhöhung über Andere!

Was ist richtige Ernährung, wie sollte sie aussehen, welche Lebensmittel beinhalten und welche auf keinen Fall? Und wer kann sie sich leisten?!
Fragen, die heute mehr sind als der Anstoss von Lifestyle-Debatten. Denn die Antworten darauf sind immer öfter identitätsstiftend, legen fest, zu welcher sozialen Schicht man zählt, welcher Lebensphilosophie man anhängt. Essensgewohnheiten dienen längst dazu, sich von anderen abzugrenzen.
Früher war das Essen ein Teil des Privatlebens, das man kaum nach aussen getragen hat. Heute ist Ernährung ein Statement, eine Art Selbstmarketing. Man ist, was man isst, gilt mehr denn je. Der Essensstil ist zur politischen Überzeugung, zu einer Art Ersatzreligion geworden, die man stolz vor sich her trägt und von der man andere geradezu missionarisch überzeugen möchte. Ernährung wird oftmals mit moralischer Überzeugung gleichgesetzt. Der bewusste Umgang mit Nahrung ist dabei gar nicht schlecht. Zu kritisieren ist nur der inszenatorische Charakter dabei. Wenn man etwa Essensgewohnheiten benützt, um sich über andere zu erhöhen, die keinen so kritischen und bewussten Zugang zu Lebensmitteln haben. Oftmals auch, weil ihnen die finanziellen Mittel dazu fehlen.

Kohlenhydrate

Kohlenhydrate (Reis, Brot, Kartoffeln, Pasta) beruhigen und entspannen eher, Fett macht eher träge. Eiweisse (=Proteine) hingegen bauen körperlich auf und aktivieren. Morgens also eher Proteine und abends eher Kohlenhydrate! Dagegen kann eingewendet werden, dass vor Anstrengungen am besten nichts oder kohlehydratreich gegessen wird (Tiere jagen auch mit leerem Magen, essen danach und ruhen dann.). Was wieder mal zeigt, dass “Regeln” beim Essen mit Vorsicht zu geniessen sind!
Noch eine Regel für einen gesunden Blutzuckerhaushalt (Diabetesprophylaxe!): Kohlenhydrate nie alleine oder zu Beginn einer Mahlzeit – dort immer nach Pflanzen/Ballaststoffen.
Lesen Sie auch “Wenig Kohlenhydrate ist besser!” weiter unten!

Zucker

Zucker hebt das Lebensgefühl – sofort. Ob man Schokolade, Konfitüre, Eis oder Kuchen isst: der Blutzuckerspiegel steigt ebenso unmittelbar wie unsere Laune, da die Endorphinproduktion der körpereigenen Opiate aktiviert wird. Die Lust auf Zucker ist uns im übrigen angeboren: bereits kleine Babies beginnen zufrieden zu lächeln, träufelt man ihnen das erste Mal Zuckerlösung auf die Zunge (Muttermilch ist ebenfalls sehr süss) – bei Salzigen und Saurem dagegen verziehen sie das Gesicht. Bitteres ist in der Natur meist giftig.
Ein Problem besteht beim kurzkettigen, schnell wirkenden Zucker (Weisszucker, Weissmehl): Der Blutzuckerspiegel jagt in die Höhe und sinkt bereits nach einer Stunde wieder in den Keller. Diese Unterzuckerung (Hypoglykämie)  bewirkt ein enormes Hungergefühl und ein Teufelskreislauf beginnt (wieder ein Riegel und nach einer Stunde wieder eine Cola…).
Zudem steigt mit dem Zuckerkonsum das Hormon Insulin aus der Bauchspeicheldrüse im Blut. Und Insulin im Blut verhindert den Fettabbau in unserem Körper. Zwischenmahlzeiten können also dick machen!

Die goldene Regel für einen gesunden Blutzuckerhaushalt (Diabetesprophylaxe!): Kohlenhydrate nie alleine oder zu Beginn einer Mahlzeit – dort immer nach Pflanzen/Ballaststoffen.

Zuckerhaltige Limos (Coca, Red Bull und Konsorten) zeigen noch weitere Tücken:

  • Der Konsum von mindestens zwei zuckerhaltigen Limonaden am Tag erhöht die Wahrscheinlichkeit für Gicht um 85 Prozent! (BMJ, Bd.336, S.309)
  • Diese Studie zeigt einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen dem täglichen Konsum von mit Zucker gesüssten Getränken und einem erhöhten Risiko für Leberkrebs sowie dem Risiko, an einer chronischen Lebererkrankung zu sterben. (Zhao L et al. Sugar-Sweetened and Artificially Sweetened Beverages and Risk of Liver Cancer and Chronic Liver Disease Mortality. JAMA. 2023 Aug 8;330(6):537-546. doi: 10.1001/jama.2023.12618. [Link])

Noch eine Bemerkung zu den künstlichen Süssstoffen (oder Zuckeraustauschstoffe wie Saccharin (E 954), Cyclamat (E 952), Aspartam (E 951), Splenda = Sucralose (E 955), Acesulfam K (E 950), Isomalt (E 953), Thaumatin (E 957)…): Sie können dann ein Problem werden, wenn du sie allein, ohne etwas Nahrhaftes zu dir nimmst. Sie treiben die Insulinproduktion hoch und liefern aber zugleich nicht genug Kalorien: Der Hunger wird angeregt, ohne gestillt zu werden. Forscher vermuten, dass diesen Süssstoffen mit der Fähigkeit, Süsses mit Kalorien zu assoziieren, in die Quere kommt. Dadurch werde es schwieriger, die Essensmenge zu kontrollieren. Das System kommt nicht zur Ruhe. Jemand, der eben um 14 Uhr einen künstlich gesüssten Snack gegessen hat, wird schon gegen 16 Uhr ein Stück Kuchen haben wollen.

Frühere Studien lieferten bereits Hinweise, dass ein hoher Süssstoff-Konsum mit einer schlechteren Blutzucker Kontrolle verbunden ist und dass der HbA1c-Wert mit zunehmendem Konsum Süssstoff-haltiger Getränke ansteigt.
Kalorienfreie Süssstoffe beeinträchtigen offenbar die Aufnahme und die Kontrolle des Blutzuckers, indem sie das Darmmikrobiom durcheinanderbringen, wie australische Forscher erstmals zeigen konnten. [54th Annual Meeting of the European Association for the Study of Diabetes (EASD), 1. bis 5. Oktober 2018, Berlin].

Und hier:
Eine sehr umfassende und sorgfältige Studie findet, dass diverse, bisher als metabolisch neutral angesehene künstliche Süssstoffe zu charakteristischen Veränderungen des kolorektalen (intestinalen) Mikrobioms und damit zusammenhängenden sekundären Veränderungen bei einer Reihe von systemisch zirkulierenden Metaboliten («Metabolom») führen. Die Folge davon war, was man eigentlich verhindern möchte: Die Glukosetoleranz verschlechterte sich signifikant, wobei die interindividuellen Unterschiede recht gross waren. Die klinischen Implikationen künstlicher Süssstoffe könnten also negativer Art sein, die Ernährungsberatung mithin (nochmals) schwieriger.
Cell. 2022, doi.org/10.1016/j.cell.2022.07.016.

Also: Besser noch wenig pflanzlichen Zucker als reine Chemie! (Behavioral Neuroscience, Bd.122, S.161)

Insulin und metabolisches Syndrom

Hyperinsulinismus (Metabolisches Syndrom): Leute, die unter Hyperinsulinismus (zuviel Insulin im Blut) leiden, können Kohlenhydrate nicht mehr richtig verarbeiten und in Energie umwandeln. Bei ihnen lagert sich – ganz typisch für diese (vererbte) Stoffwechseldisposition – Fett vor allem in der Bauch- und Taillengegend ab. Leider besitzen einen Grossteil der Übergewichtigen diese Störung. Insulin ist ein anaboles Hormon. Im Fettgewebe bewirkt es eine Hemmung der Lipolyse und eine Steigerung der Lipogenese. Es bunkert das Fett an Bauch und Hüften. Solange Insulin im Blut schwimmt, können fettabbauende Enzyme ihre Wirkung nicht entfalten und wir nicht abnehmen. Zudem führt Insulin an der Muskulatur zur vermehrten Glukoseaufnahme und Glykogenspeicherung. Ferner nimmt durch die Blutzuckerabnahme die Glukosurie (Zuckerausscheidung im Urin) ab. Energiereiche Glukose, die vorher mit dem Harn verlorengegangen ist, bleibt nun im Körper und wird, wenn sie nicht verbraucht wird, als Fett gespeichert.
Ein Hyperinsulinismus kann der Hausarzt diagnostizieren. Dann heisst es nur noch einmal am Tag Vollkorn, geschrotetes Korn und kein Brot oder Backwaren essen. Teigwaren, Reis, Hülsenfrüchte oder Kartoffeln nur noch in kleinen Mengen essen. Es ist der “glykämische Index = GI” der Lebensmittel wichtig (siehe dazu meine Extraseite).

Man isst am besten mehr Gemüse und Früchte (vielleicht aber Obst nur zwei Handvoll täglich) und schlussendlich auch mehr Eiweiss… Denn Eiweiss in nicht allzu grossen Portionen provoziert die Ausschüttung von Glucagon, einem Hormon, das Fett aus den Zellen holt (die Atkins-Diät, d.h. nur noch Speck und Spiegeleier, ist deshalb noch lang nicht richtig. Man nimmt anfangs tatsächlich etwas ab, mag sich aber nie lange so einseitig ernähren!).

Zwischenmahlzeiten unterhalten den Hyperinsulinismus (Insulin wird selbst bei einem Apfel wieder ausgeschüttet). Pausen von mehr als 7 Stunden zwischen den Mahlzeiten sind ideal und nachts ab und zu sogar 14 Stunden (siehe meine Seite über das Dinner Cancelling).

Kurzum: Nordische Ernährung, Traditionelle Mittelmeerkost (mediterrane Ernährung), Paleodiät (Essen wie ein “Jäger und Sammler”), die LOGI-Methode und die Vollwert-Ernährung sind typische Beispiele für eine Kost mit niedrigem GI bzw. niedriger GL – ohne dass diese Werte hier explizit dokumentiert werden. Und diese Formen der Ernährung werden auch bereits heute von fast allen Forschern als empfehlenswert gegen das Metabolische Syndrom eingestuft.

Fett

Zuerst mal: Es gibt keine einzige Untersuchung, die einen langfristigen gesundheitlichen Nutzen einer fettarmen Diät belegt. Aber: Fett macht hungrig! Schon länger vermuten Mediziner, dass fettes Essen süchtig macht. Fett aktiviert das Hungerhormon Ghrelin. Die Folge: Statt zu sättigen, fördert das fette Essen den Appetit und man isst noch mehr.
Wichtig ist auch hier v.a. die Qualität der Fette. Unterscheiden wir die Omega-6- von den Omega-3-Fettsäuren (auch n-6 oder n-3-Fettsäuren): Die mehrfach ungesättigten Omega-6-Fettsäuren (unter ihnen ihr wichtigster Vertreter, die Linolsäure) findet sich besonders reichhaltig in bestimmtem Pflanzenölen wie Sonnenblumen-, Maiskeim- und Distelöl. Die Omega-3-Fettsäuren existieren im Fisch (v.a. in fetten Meeresfischen, wie Hering, Lachs, Makrelen – aber auch in Süsswasserfischen, nur bei wild und nicht in Zucht lebenden). Dort v.a. die DHA (Docosaheexanensäure) und die EPA (Eicosapentaensäure) und eine etwas kürzerkettige, die Alpha-Linolensäure vorwiegend in Pflanzen, v.a. in Oliven-, Lein- und Rapsöl und in vielen Nüssen (speziell in Baumnüssen, natürlich auch im Walnussöl) und in grünem Gemüse. Der Nachteil dieser Pflanzen-n-3-Fettsäuren ist ein geringerer Wirkungsgrad als Herzschutz (und nur in Verbindung mit gleichzeitig eingenommenen Antioxydantien, zum Beispiel in Form von Gemüse und Olivenöl, wirksam) – geringer als die Fisch-n-3-Fettsäuren. Auch Wildtier-Fleisch hat gutes n-3, in kleineren Mengen auch Eier und Milch von Weidetieren! Die Tierhaltung ist also enorm wichtig (anderes Futter)!
Omega-6 ist wohl doch nicht so schlecht wie es lange dargestellt wurde – man hat es aber sowieso genügend in unserer täglichen Nahrung. Was meist fehlt sind die Omega-3. Die beachtet man nach Möglichkeit und isst dann mehr davon!

Langer Rede kurzer Sinn:
Mehr Fisch (v.a. wilder, freilebender, auch einheimischer oder direkt daraus das Fischöl), mehr Lein-, Oliven- oder Rapsöl und Nüsse und grünes Gemüse – und weniger Sonnenblumen-, Maiskeim- und Distelöl (siehe auch bei der mediterranen oder nordischen Ernährung!).

Übrigens: Je bitterer ein Öl (v.a. Olivenöl) ist, umso mehr Polyphenole (Antioxidantien) enthält es (siehe unter “Stärkung des Immunsystems“)! Auch ein Grüntee, der bitter schmeckt (also das Kraut 5 bis 7 Minuten gezogen hat), enthält viel mehr Polyphenole! Und auch die bitteren Apfelsorten (z.B. Boskop – und dabei vor allem auch die Apfelhaut!)…

Der optimale Fettbedarf ist heute sehr umstritten. Es ist wie oben beschrieben die Qualität des Fetts, welches wichtig ist und nicht so sehr die Menge. Es wird sogar auf den Steinzeitmenschen verwiesen, dessen Verdauung und Stoffwechsel wir immer noch haben – unsere Ernährung hat sich aber grundlegend verändert: Der Urmensch ass mindestens zwei Drittel tierische Produkte (v.a. aber Wildtiere und Fisch!). Da er zudem auch viele Pflanzen verzehrte, die n-3 enthalten, liegt das n-6-n-3-Verhältnis in dieser fettreichen Nahrung bei wesentlich günstigeren Werten als bei uns. Es fehlen auf dem Speisezettel der Wildbeuter die in der heutigen Ernährung dominierenden blutzuckersteigernden Getreideprodukten.

Aber aufgepasst: kalorien- und fettreduzierte Nahrungsmittel gelten als „gesund“, so dass man beliebig viel davon essen kann und dann in der Summe mehr Kalorien und Kohlenhydrate aufnimmt, als wenn man eine normale Portion eines nicht fettreduzierten Nahrungsmittels genommen hätte. Durch den Reboundeffekt kann der Insulinspiegel unter die Norm absinken, was dann wieder Hunger auslöst. So können besonders Kohlenhydrate mit hohem GI als „Hungermacher“ agieren.
Unter einer zu kohlenhydratlastigen und fettarmen Diät verschlechtert sich das Lipidprofil stark.

Übrigens: Der schlechte Ruf der gesättigten Fette ist unbegründet. Bereits 2010 kam ein kalifornisches Forscherteam zum Schluss, dass es keine Beweise dafür gibt, dass sie Herzkrankheiten begünstigen. Im März 2017 bestätigten englische Forscher diese Erkenntnis. Die Forscher hatten Daten von über 600’000 Menschen aus 18 Ländern ausgewertet. Dabei zeigte sich: Menschen, die auf gesättigte Fette verzichten, haben nicht weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle. Die Forscher fordern, dass die Behörden ihre Empfehlungen überarbeiten.
Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse bedeuten aber nicht, dass Fleisch und Wurst sehr gesund wären. Wer viel rotes Fleisch isst, hat ein höheres Risiko für Krebs und Arterienverkalkung (der Link ist auch hier die Darmflora!). Und in Würsten stecken krebserregende Pökelstoffe und viel Salz.

Eier

Ein Konsum von mehr als einem Hühnerei pro Tag ist – gemäss einer Metaanalyse [Am J Med. 2021, doi.org/10.1016/j.amjmed.2020.05.046] – mit einer verminderten Wahrscheinlichkeit assoziiert, einen Schlaganfall oder eine koronare Herzkrankheit zu erleiden. Eier sind reich an Mineralien, ­Folsäure, Vitamin B12 und fettlöslichen Vitaminen, aber ob diese den klinischen Effekt bedingen, ist kausal nicht geklärt.

Ein grosses Hühnerei enthält etwa 180 mg Cholesterol, aber es gibt keine überzeugende Evidenz, dass dadurch auch die Blutfette erhöht werden.

Eiweiss / Fleisch? – besser Nüsse und Hülsenfrüchte!

Essentielles Eiweiss: Abschied von handgestrickten Ernährungsempfehlungen, z.B. “Zwischendurch ein Apfel”. Es hat sich gezeigt, dass in der Physiologie das Sättigungsgefühl von der Zufuhr von gewissen Aminosäuren abhängt. Mithin ist es also erforderlich, auch bei Zwischenmahlzeiten die Eiweisse nicht zu vergessen, wenn man satt werden will (also etwas Käse, Nüsse, usw.).
Der Genuss von tierischem Eiweiss (=Fleisch, Fisch, Ei) ist aber heute mit vielen Gefahren, ja “Schweinereien” verbunden (Hormone, Antibiotika, Gifte, Mikroben, Klimaschaden,… ).
Die deutsche Fleischindustrie ist ganz auf billige Massenproduktion und den Export getrimmt. Allein bei Tönnies in Rheda arbeiten 7000 Leute und zerlegen 50’000 Schweine – pro Tag! Damit lässt sich nicht nur viel Geld verdienen, auch die meisten Konsumenten sind damit höchst zufrieden: Schinken, Schnitzel und Wurst können ihnen gar nicht billig genug sein. So spielt sich der ruinöse Wettbewerb um das billigste Fleisch auf dem Rücken von Tieren und Wanderarbeitern ab.
Die Agrarindustrie setzt dabei tonnenweise Antibiotika ein. Auch solche, die man eigentlich nur für absolute Notfälle bei uns Menschen einsetzen sollte. Die Schlachttiere sollen schnell wachsen und immer “gesund” sein. Die Folge: Gegen viele Keime gibt es keine wirksamen Antibiotika mehr, da durch diesen breiten Gebrauch beim Tier die Resistenz der Keime massiv zunimmt (multiresistente Bakterien!) – und schlussendlich für viele Todesfälle in unseren Intensivstationen verantwortlich ist!
Deshalb rate ich Dir, nur ein- bis zweimal in der Woche möglichst Fisch, ev. auch heimisches Weidefleisch (z.B. KAG, Natura-beef, Porco Fidelio,…) zu essen – also auch keine Würste (ausser zum Geniessen, sehr selten…).

Es gab immer wieder einzelne Studien, die keinen gesundheitsförderlichen Effekt finden konnten, wenn Menschen auf Fleisch verzichteten. Diese Studien hatten aber ausser Acht gelassen, wodurch das Fleisch ersetzt wurde. Später zeigte eine bahnbrechende Untersuchung der Harvard University, dass der Fleischverzicht nur dann keinen positiven Effekt hat, wenn man statt Fleisch vermehrt Kohlenhydrate wie Kartoffeln oder Nudeln isst. Ersetzt man es dagegen durch pflanzliche Proteine aus Hülsenfrüchten und Nüssen, gibt es grosse positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System.

Tiere in unserem Essen und Klimakatastrophe:

  • Methan hat 34-mal so viel Treibhauspotenzial wie CO2.
  • Nutzvieh ist die grösste Methanquelle überhaupt.
  • Stickoxide haben 310-mal so viel Treibhaus­potenzial wie CO2.
  • Nutzvieh ist der grösste Verursacher des Stickstoff­ausstosses.
  • Wären die Rinder der Erde eine Nation, stünden sie beim Treibhausgas­ausstoss an dritter Stelle hinter China und den USA.
  • Menschen nutzen 59 Prozent des auf der Erde verfügbaren Landes zum Anbau von Tierfutter.
  • 60 Prozent aller Säugetiere auf der Welt werden nur gezüchtet, um sie aufzuessen.
  • Menschen essen jährlich 65 Milliarden Hühner.
  • 2018 stammten über 99 Prozent der in Amerika verzehrten Tiere aus Massentierhaltung.
  • Nutztierhaltung ist verantwortlich für 91 Prozent der Rodungen im Amazonas.
  • Fleischessen ist etwas vom Unökologischsten, was Sie tun können: 1 Kilogramm Rindfleisch benötigt sage und schreibe 15’000 Liter Wasser bis es in Ihrem Teller liegt! Dagegen z.B. 1 Kilogramm Kartoffeln nur 100 Liter.
  • Die Wissenschaft streitet nicht über die Frage, ob Nutztierhaltung einer der Hauptverursacher des Klimawandels ist. Sondern ob sie DER Haupt­verursacher ist!

Quintessenz: Sich vegetarisch (oder auch vegan) ernähren! Mindestens: keine tierischen Produkte vor dem Abend. Denn, wenn wir den Planeten retten wollen, müssen wir deutlich weniger Tierprodukte konsumieren!

Der Eiweissgehalt der Muttermilch beträgt mit 2% nur ein Drittel des Eiweissgehalts der Kuhmilch. Dieses Eiweiss in der Muttermilch ist aber äusserst hochwertig, und damit wäre auch erwiesen, dass der Mensch selbst im strengsten Wachstumsalter mit relativ wenig, aber dafür hochwertigem Eiweiss auskommt (siehe dazu auch die Steinzeitmenschernährung weiter !).

Kuhmilch ist wohl in kleinen Mengen noch okay. Kuhmilch ist eine tierische Säuglingsnahrung und für uns Menschen eigentlich schwer abbaubar. Besser sind da die bereits “vorverdauten” Milchprodukte (Käse, Quark, Joghurt, Kefir, Sauermilch…).
Eiweiss erhalten wir auch durch Nüsse (ein Nussmix enthält pro Gewicht gleich viel Eiweiss, wie Fleisch!), Getreide, Hülsenfrüchte, Samen, Mais, Kartoffeln.
Zu beachten ist auch, dass die Proteine eine sehr hohe Thermogenese aufweisen, d.h. es gehen ca. 28% der Gesamtenergie bei der Verdauung als Wärme verloren (bei Fett nur 2 bis 3% und bei Kohlenhydraten 7%). Eine Kalorie ist also nicht eine Kalorie! Man nimmt also durch eine Kalorie Proteine nicht gleich viel zu wie durch eine Kalorie Zucker oder noch weniger als durch eine Kalorie Fett.

Warum tun sich eigentlich so viele Männer schwer mit dem Fleischverzicht?

Es wird nach Studien vermutet, dass ein (unbewusster?) Drang nach mehr Maskulinität zu mehr Fleischkonsum, zu mehr Grillieren und mehr Protein zum Bodybuilding führt. Fleischverzehr ist für viele Männer eine Demonstration von Virilität, Macht und Naturbeherrschung. Verkörpert wird das von der Figur des Cowboys, des jederzeit mutigen, unerschrockenen Viehhüters in der Einsamkeit des Wilden Westens (der übrigens auch für den Genozid an den Native Americans steht, die das Land zuvor genutzt haben – ein kulturimperialistischer Aspekt des Mythos Cowboy, der oft vergessen wird). Das Halten riesiger Viehherden in den Great Plains geht einher mit dem Aufbau gewaltiger Schlachthöfe, die grosse Mengen an Fleisch zu günstigen Preisen unter das Volk brachten.
Männer müssen sich fragen, ob sie dieses Bild des“lonesome Cowboys” pflegen.
(Quelle: theguardian.com/food/2023/aug/14/beef-american-masculinity-beef-cowboys)

Salz

Kochsalz (= Natriumchlorid, NaCl) spielt eine Rolle beim hohen Blutdruck. Man kann kurz und bündig sagen, dass wenig Natrium und viel Kalium gesund ist.
Sehr kaliumhaltig sind Bananen, Spinat, Broccoli, Nüsse und Vollkorn. Wer heute noch am Nutzen einer kaliumreichen Ernährung zweifelt, sollte sich dank einer zusammenfassenden Studie eines Besseren belehren lassen. Nicht zu vergessen ist auch, dass Früchte und Gemüse – die wichtigsten Kaliumträger unserer Nahrung – noch einige weitere Vorteile mit sich bringen., (infomed-sceen, 05/2022).

Viel Salz führt nicht nur zu einem Blutdruckanstieg, sondern auch zu einer Entzündungsantwort (Stimulation proinflammatorischer TH17-Zellen). Durch Salz wird der Lactobacillus murinus in unserer Darmflora gehemmt. Diese Darmbakterien hemmen aber die Entwicklung dieser TH17-Zellen. Deshalb ist wenig Salz auch gut für unser Immunsystem.
(Nature.2017;551:585-9)

Vitamine

Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente muss man höchst selten zusetzen – sie sind hauptsächlich in Obst, Gemüse, Salaten, Nüsse enthalten.
Die Bedeutung dieser Stoffe wird komplett überschätzt und ein historisches Relikt aus der Ernährungsforschung der 1920er-Jahre. Damals wurde viel Vitaminforschung betrieben, und es wurde postuliert, dass wir vor allem Vitamine und Mineralstoffe benötigen. Alles andere sei eben Ballast. Heute wissen wir, dass das nicht stimmt. Diese Geschichte ist übrigens auch der Grund dafür, warum es heute so viele Vitaminpräparate gibt – und die Bedeutung der Ballaststoffe vielen nicht bewusst ist.
(siehe speziell dazu!)

Trinken

Lies zuerst über den Gesundheitsmythos „You need to drink two litres of water a day“ in meinem Blog.

Die Trinkmenge lässt man sich am besten vom Durstgefühl vorschreiben – nicht von Gesundheitsaposteln! Wir brauchen täglich  um die 2 Liter Flüssigkeit, am besten in Form von Wasser, Mineralwasser oder Kräutertee. Und auch für diese Empfehlung gibt es bis heute keinen klaren wissenschaftlichen Beleg! Übermässiges Wassertrinken kann sogar zu einem Salzmangel und schliesslich zu Bewusstlosigkeit führen. Und zu wenig kann zur Vermehrung von Harnsäurekristalle aus dem Essen (Fleisch, Fisch…) führen, die dann nach und nach u.a. ins Gleitgewebe der Sehnen und in den Gelenken abgelagert werden. Daraus würde allgemein eine langsame Abnahme der Elastizität des Bindegewebes, eine zunehmende Steifigkeit und erhöhte Verletzungsneigung bis zu entzündeten Gicht-Gelenken resultieren.
Noch ein Wort zu Frucht- und Gemüsesäften: Man muss dabei bedenken, dass man dadurch weniger satt wird, da das Kauen wegfällt. Man trinkt also vielleicht “in einem Zug” einen Liter Orangensaft, was doch etwa 10 Orangen entspricht – also eine ansehnliche Menge Kalorien, bei der man nicht mal satt wird. Die Gefahr, davon zu viel zu nehmen (und eventuell zuzunehmen) ist gross!

Wasser aus Plastikflaschen ist ungesünder als gedacht

Eine Studie lässt aufhorchen! Sie hat festgestellt, dass in Flaschen abgefülltes Wasser viel mehr Mikroplastik enthält als bisher angenommen. Forschende haben Proben von verschiedenen Marken mit einer neuartigen Technik analysiert und fanden bis zu einer Viertelmillion winziger Plastikpartikel pro Liter Wasser. Das sind etwa 10 bis 100 Mal mehr als zuvor geschätzt.
Die meisten dieser Partikel stammten überraschenderweise nicht aus dem typischen PET-Material von Wasserflaschen, sondern hauptsächlich aus Polyamid und Polystyrol. Das deutet darauf hin, dass die Verunreinigungen während des Abfüll- und Reinigungsprozesses ins Wasser gelangen.

Das kann bedeutende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat, da Nanoplastik klein genug ist, um den Verdauungstrakt und die Lungen zu passieren. Es kann über die Plazenta auch ungeborene Babys und über die Muttermilch auch Babys erreichen. Die Auswirkungen auf den Körper sind noch unklar, aber Toxikologen warnen vor möglichen Schäden an DNA, Herz und Blutgefässe, Lungen, Gehirn, Immun-, Fortpflanzungs- und Nervensystem.

Alkohol und Kaffee

Der Widerspruch, dass als “Essenssünden” geltende Speisen und Getränke gut tun, wird beim Reizthema Alkohol besonders deutlich: Alkohol ist und bleibt ein Teufelszeug, das Körper und Kopf schwer schädigen kann – wenn man ihn missbraucht. Dass aber mässiger Alkoholkonsum gesundheitsfördernd sein kann – und vor allem Herzerkrankungen wirksam vorbeugt -, steht mittlerweile auch bei kritischster Prüfung ausser Frage.

Ähnlich wie Alkohol verhält es sich mit dem Koffein – einem “Nervengift”, das Kaffee und Tee weltweit so beliebt gemacht hat – oder Gewürzen wie Chili, Pfeffer und Salz: geniesst man sie in rechten Massen und zum richtigen Zeitpunkt, wirken sie auf Körper (v.a. auch das Hirn und die Nervenzellen) und Geist erwiesenermassen anregend und wohltuend (also nicht mehr als 2-3 Tassen Kaffee täglich).

Fruchtsäfte – Smoothie

Noch ein paar Worte zu den Smoothie, die momentan ganz hype sind…
Wir besitzen den besten (Kau-)Apparat mitten im Gesicht, um Früchte zu verkleinern. Das hat seinen Sinn! Dazu brauchen wir nicht 2-PS-Elektromixer(!)… Der Kauvorgang bringt die Verdauung in Gang – mindestens ein Fünftel der ganzen Verdauung findet bereits im Mund statt.
Mit den Smoothie ist kein Einspeicheln der Nahrung mehr nötig. Der Speichel wird dann weniger produziert und hinterlässt mit der Zeit einen trockenen Mund.

Mit Fruchtsäften kann unser Körper auch weniger gut umgehen, als mit ganzen Früchten. Sie gehen viel zu schnell in unseren Blutkreislauf und steigern unseren Blutzucker zu schnell, was wieder einen Hyperinsulinismus auslöst. Nach einer Stunde nimmt dann die Gegenregulation ihren Lauf und wir fallen in eine Unterzuckerung…
Menschen, die täglich Smoothie trinken, haben auch häufig einen Durchfall-Stuhl, denn Smoothie ist eigentlich eine Säuglingsnahrung – und der Säuglingsstuhl ist dann mehrmals täglich sehr dünn und cremig…
Zudem kann man sich mal vor Augen halten, welche Mentalität hinter häufigen Smoothies steckt: Man schüttet alles in sich rein, vorgefertigt und ohne Anstrengung… Es entspricht dies der heutigen News-Konsumations-Haltung: “overnewsed” durch (Gratis-)Zeitungen, TV,…

In den vergangenen Jahren kam es vermehrt zu Gichtanfällen bei jungen, schlanken Frauen, was extrem untypisch war. Dann hat man festgestellt, dass sich diese Frauen sehr fruchtreich ernährten. Sehr viel Obst, sehr viele Säfte. Fruchtsäfte für gesund zu halten, ist ein typischer Irrtum. Was vielen nicht klar ist: Ein Glas Orangensaft enthält genauso viele Kalorien und genauso viel Zucker wie ein Glas Cola. Aus ernährungsmedizinischer Sicht sollte man nicht mehr als zwei Portionen Obst pro Tag essen – und keine Fruchtsäfte.
Zuckerhaltige Limos (Coca, Red Bull und Konsorten) zeigen noch weitere Tücken:
Der Konsum von mindestens zwei zuckerhaltigen Limonaden/Fruchtsäfte am Tag erhöht die Wahrscheinlichkeit für Gicht um 85 Prozent! (BMJ, Bd.336, S.309).

Achtung mit Fruchtsäften bei Kindern >>> siehe dort!

Ballaststoffe

Es beginnt schon beim Namen Ballaststoffe, über den ich sehr unglücklich bin. Er klingt nach Ballast, als wären diese Stoffe unnötig. Das ist falsch und ein historisches Relikt aus der Ernährungsforschung der 1920er-Jahre. Damals wurde viel Vitaminforschung betrieben, und es wurde postuliert, dass wir vor allem Vitamine und Mineralstoffe benötigen. Alles andere sei eben Ballast. Heute wissen wir, dass das nicht stimmt. Diese Geschichte ist übrigens auch der Grund dafür, warum es heute so viele Vitaminpräparate gibt – und die Bedeutung der Ballaststoffe vielen nicht bewusst ist.

Ballaststoffe nehmen wir vor allem in Vollkorn, dann auch im Gemüse, Salaten und Obst zu uns. Sie füllen unseren Magen und verleihen ein angenehmes Sättigungsgefühl. Ausserdem sorgen sie für eine gute Verdauung und verhüten auch viele Darmerkrankungen (bis zum Dickdarmkrebs!). Viele Ballaststoffe in der Nahrung senken auch die Blutfette und sind gut für unser Herz. Sie bereichern unser Mikrobiom.


Aber aufgepasst: das Ganze ist eine Gratwanderung: Allzu viel ist auch hier ungesund: Ballaststoffe enthalten reichlich pflanzliche Abwehrstoffe. Diese reizen den Darm und können Entzündungen verursachen. Sie stehen in Verdacht, eine Ursache des sogenannten Reizdarms zu sein.

Abnehmen: Lesen Sie dazu meine Extraseite übers Abnehmen!

“Saisongerechter” Essen

Thema optimales Verhalten im WINTER optimales Verhalten im SOMMER
Verhalten Kälter und weniger Licht bei kürzeren Tagen:
“sesshaft”

Wärmer und mehr Licht bei längeren Tagen:
“unterwegs”
Nachtlänge und Schlaf längere Schlafenszeit:
längere Nächte und weniger Licht sollte in früherer Einschlafzeit und längerem Schlaf münden.
kürzere Schlafenszeit:
Man schläft natürlicherweise kürzer (quasi „mediterran“ mit viel Abendsonne).
Ernährung längere Nachtfastenzeit:
Man isst dann optimal nur noch, wenn es hell ist, also nur 8 bis 10 Stunden täglich. Im Winter ist also ein eigentliches “intermittierendes Fasten” (16:8) das natürliche und gesunde Verhalten!
Etwas “schwereres” Essen mit mehr Fett – auch Getreide und Milchprodukte.
kurze Nachtfastenzeit:
Man isst wie ein Mensch in der Jäger- und Sammlerzeit bevor er sesshaft wurde, also kein oder wenig Getreide und ohne Milch = die sog. Paleodiät oder „mediterran oder nordisch“.
Leichtere Nahrung – mehr Früchte und Gemüse.
Körpergewicht Man legt im Winter normalerweise etwas an Gewicht zu (Winterspeck)… …um dann im Sommer wieder an Gewicht zu verlieren.

Vegetarische Ernährung

Leben Vegetarier gesünder?
Diese Frage kann ich mit wenigen Einschränkungen absolut mit Ja beantwortet – und mit Sicherheit leben Sie mit kleinerem ökologischen Fussabdruck (siehe unten beim wahnsinnigen Wasserverschleiss durch die Fleischproduktion!)!
Vegetarier sind Personen, die auf den Genuss tierischer Nahrungsmittel verzichten. Genau genommen wird zwischen folgenden Gruppen unterschieden:

  • Pesco-Vegetarier (Pescetarier) essen auch Fisch.
  • Ovo-Lacto-Vegetarier essen kein Fleisch von Tieren, wohl aber deren Produkte wie Eier und Milch.
  • Lacto-Vegetarier verzichten zusätzlich auf den Genuss von Eiern, da daraus Leben entstehen könnte.
  • Veganer lehnen den Genuss aller tierischen Nahrungsmittel – inklusive Honig – ab. Obst, Nüsse, Samen, Getreide, Hülsenfrüchte und Gemüse bilden die Hauptbestandteile ihrer Nahrung.
  • Neu wird noch ein “gemässigter” Vegetarier oder Veganer als Reduktarier (engl. Reducetarians) genannt. Jemand, der seinen Fleisch- und Milchproduktekonsum zu reduzieren versucht – ohne ein strenger Vegetarier oder Veganer werden zu wollen.

Die Motivationen zur vegetarischen Ernährungsweise sind verschieden: ethische Überzeugung, dass man keine Lebewesen töten soll oder aber gesundheitliche, ernährungsphysiologische und (immer wichtiger!) auch ökologische Aspekte.

Ohne Fleisch ist unglaublich viel ökologischer!

Ökologisch meint: Da Vegetarier durch ihre Einstellung meist auch biologische Produkte bevorzugen, fördern sie mit ihrer Ernährungsweise Bauern, die ihr Land und ihre Tiere sorgfältig und ohne Chemie behandeln – und die vor allem immens weniger Wasser für ihr Tierfutter benötigen, denn 1 Kilogramm Rindfleisch braucht sage und schreibe 15’000 Liter Wasser bis es auf Ihrem Teller liegt! Dies benötigt ein Mensch für ein ganzes Jahr lang täglich ausgiebiges Duschen. Als Gegenbeispiel benötigen 1 Kg Kartoffeln nur 100 Liter (jedoch 1 Kg Avocados auch 1000 Liter!): Wahnsinn! Da ist nur gerade ein Interkontinentalflug gravierender für unsere Erde!

noch mehr Tatsachen dazu:

  • Methan hat 34-mal so viel Treibhauspotenzial wie CO2.
  • Nutzvieh ist die grösste Methanquelle überhaupt.
  • Stickoxide haben 310-mal so viel Treibhaus­potenzial wie CO2.
  • Nutzvieh ist der grösste Verursacher des Stickstoff­ausstosses.
  • Wären die Rinder der Erde eine Nation, stünden sie beim Treibhausgas­ausstoss an dritter Stelle hinter China und den USA.
  • Menschen nutzen 59 Prozent des auf der Erde verfügbaren Landes zum Anbau von Tierfutter.
  • 60 Prozent aller Säugetiere auf der Welt werden nur gezüchtet, um sie aufzuessen.
  • Menschen essen jährlich 65 Milliarden Hühner.
  • 2018 stammten über 99 Prozent der in Amerika verzehrten Tiere aus Massentierhaltung.
  • Nutztierhaltung ist verantwortlich für 91 Prozent der Rodungen im Amazonas.
  • Die Wissenschaft streitet nicht über die Frage, ob Nutztierhaltung einer der Hauptverursacher des Klimawandels ist. Sondern ob sie DER Haupt­verursacher ist!

Die drei wichtigsten Dinge, die Sie selbst tun können um wirklich umweltfreundlicher zu leben, sind:
– kein Fleisch und tierische Produkte essen,
– nicht mehr fliegen und
– kein Auto fahren!
(Studie dazu!)
Viele Vegetarier haben ein enges Verhältnis zur Umwelt und zeigen daher Vorliebe für naturbelassene Nahrungsmittel wie Rohkost und Vollkornprodukte. Die gesunde Lebenshaltung geht oft über die Ernährung hinaus und äussert sich in vermindertem Alkohol- und Nikotinkonsum sowie in vermehrter körperlicher Aktivität. All diese Faktoren zusammen tragen zur gesundheitsfördernden Wirkung des Vegetarismus bei.

Gesundheitliche Vorteile:
Wie Untersuchungen zeigen, ist vegetarische Ernährung kalorienärmer, da weniger versteckte Fette gegessen werden. Der Anteil an gesättigten Fetten und Cholesterin wie auch jener von Zucker ist gegenüber den Omnivoren (Allesessern) vermindert. Durch den häufigen Konsum von Obst, Gemüse und Vollkornprodukten ist zudem die Aufnahme an faserreichen Ballaststoffen erhöht, was ebenfalls zum gesundheitlichen Wert der Nahrung beiträgt. Dies alles resultiert in weniger Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes sowie bessere Lipidwerte im Blut.
Die Darmflora, unseres Mikrobiom wird durch eine vegetarische Ernährung speziell reich und funktioniert hervorragend (mehr zur Darmflora hier auf meiner Website).
Eine vegetarische Ernährung enthält wenig Eisen – und es ist nun durch viele Studien nachgewiesen, dass dies ein Infektionsschutz bedeutet.
Die Oxford Universität forscht viel mit Vegetarier und findet 2019, dass die Koronare Herzkrankheit bei Vegetarier und Pescetarier viel seltener auftritt, jedoch Schlaganfälle werden kaum beeinflusst (BMJ 2019;366:l4897 ).

Weniger oder kein Fleisch essen nützt auch gegen die Ursachen der Zoonosen wie Covid-19!

Nachteile:
Allerdings können nicht alle Formen des Vegetarismus uneingeschränkt empfohlen werden. Je mehr Nahrungsmittel ausgeschlossen werden, desto schwieriger wird es, den Bedarf an lebensnotwendigen Nährstoffen zu decken. Für Kinder und Jugendliche sowie schwangere und stillende Frauen kann es gefährlich werden, wenn sie ihren Bedarf nur mit pflanzlichen Produkten zu decken versuchen. Denn sie benötigen für Wachstum und Milchsynthese vermehrt Proteine, Vitamine und Mineralstoffe.
Wie weiter oben im Kapitel “Fett” geschildert, ist das Verhältnis der Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren (optimal unter 5 zu 1) auch bei Vegetarier viel zu hoch, falls auch auf Fisch verzichtet wird. Dies kann gesundheitlich nachteilig sein. Deshalb wäre ein Lockerung der vegetarischen Ernährung mit wenig Fischverzehr ideal oder mindestens wenig Milchprodukte und Eier (oder viel der etwas minderwertigeren pflanzlichen Omega-3-Spender Lein- und Rapsöl und Nüsse, v.a. Baumnüsse). Also essen wie ein Reduktarier oder Flektarier.
Überhaupt sind viele pflanzliche Proteine gegenüber den tierischen “minderwertig”. Sie enthalten nicht alle vom Menschen benötigten Aminosäuren (= Eiweissbausteine) und ergeben somit eine schlechtere Ausbeute, weil sie dem Körpereiweiss weniger ähnlich sind. Sie müssen daher durch geeignete Kombination mit anderen Proteinen aufgewertet werden. Guten Ergänzungswert haben die Kombinationen:

  • Hülsenfrüchte (Erbsen, Linsen, Soja-Bohnen) mit Getreide (Weizen, Mais, Reis u. a.)
  • Hülsenfrüchte mit Samen und/oder Nüssen
  • jede Kombination von pflanzlichem Eiweiss mit tierischem, wie «Pasta mit Milch, Rahm, Ei» oder «Kartoffeln mit Eiern»…

Die knappe Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen kann bei veganer Ernährung zu Mangelerscheinungen führen. Vitamin B12, Kalzium und Eisen stehen dabei im Vordergrund. Vitamin B12 ist nur in tierischen Produkten enthalten, kann aber durch Vitamin B12 angereicherte Sojaprodukte oder Vitaminsäfte sichergestellt werden (mehr dazu hier!).
Ovo-Lakto-Vegetarier kennen kaum Probleme, da Eier viel Eisen, Milchprodukte viel Kalzium und beide Vitamin B12 enthalten.
Zudem ist zu Bedenken, dass heute auch Pflanzen arg mit Herbiziden belastet sind. Im Vordergrund steht hier Glyphosat (http://de.wikipedia.org/wiki/Glyphosat), ein seit Jahrzehnten enorm verbreitetes Mittel zur Unkrautbekämpfung, welches mit unserer Nahrung aufgenommen unsere Darmflora schädigt und verarmen lässt. Biologisch angebautes Gemüse und Früchte werden so betrachtet noch wertvoller!

Der goldene Mittelweg:
Sehr gute Kenntnisse über den Nährwert der einzelnen Nahrungsmittel sowie Kreativität im Zusammenstellen der Mahlzeiten sind Voraussetzungen, damit vegetarische Ernährung sowohl ernährungsphysiologisch als auch kulinarisch ganz befriedigen kann. Geringeres Körpergewicht, tieferer Blutdruck, bessere Blutwerte u. a. m. sind sicher Grund genug, sich vermehrt mit dieser Ernährungsform zu befassen.
Auch für jene, die sich nicht vollständig zum Vegetarismus bekennen können, ist es von Vorteil, häufig fleischlose Tage einzuschalten oder den anderen Proteinlieferanten mehr Beachtung zu schenken.

Dazu noch Henriette Kuhrt zum Thema Vegetarier in der NZZ, 01/14:
Ich mag keine radikalen Verzichte, in der Regel führen sie nur dazu, dass man sich moralisch so sehr im Vorteil wähnt, dass man an einer anderen Stelle die Sau rauslässt – das zumindest erklärt die grosse Anzahl von SUV-Fahrern in Bioläden.
Auch erinnern mich Appelle zum Fleischverzicht an die Versuche der katholischen Kirche, Sex für unmoralisch zu erklären. Netter Versuch, aber die Menschen werden damit weitermachen, weil es ihnen viel zu viel Spass bereitet. Zu guter Letzt: Es ist unmöglich, als Mensch in dieser Gesellschaft zu leben, ohne dass dabei andere Wesen zu Schaden kommen. Sie könnten genauso gut auf Jeans verzichten wegen der Sauerei für die Umwelt bei der Produktion, auf Nudeln, weil eventuell Eier aus Käfighaltung drin sind, auf die Nutzung von Facebook, weil die Server unnötig Strom verbrauchen. So kommt man also nicht weiter.
Ich rate Ihnen, sich Ihre Schuld als etwas Unvermeidliches einzugestehen, sich damit abzufinden und dann pragmatisch vorzugehen. Wollen Sie, dass Ihr Essen voller Antibiotika ist? Glauben Sie, dass Tiere Schmerzen empfinden so wie Sie? Möchten Sie vermeiden, dass sie beim Tod unnötig leiden müssen? Dann ist die Antwort doch ganz einfach. Kaufen Sie Ihr Fleisch beim Bio-Metzger oder direkt in einem Demeter-Bauernhof. Erkundigen Sie sich, wie die Tiere gehalten und geschlachtet werden. Mein Metzger sagte mir, seine Rinder stürben durch einen Bolzenschuss mit Blick auf die Alpen. Finde ich als Perspektive ganz okay, ausserdem ist es so teuer, dass sich Fleisch-Orgien von allein verbieten.

Klimabilanz von Nahrungsmittel – oder so nachhaltig ist mein Essen

Die untenstehende Grafik der ZEIT zeigt auf, welche der wichtigsten Lebensmittel besonders viel CO2 verursachen und Wasser benötigen. Das Ganze ist schön übersichtlich und man stösst neben weitgehend bekannten Tatsachen auch auf ein paar Überraschungen. Ungeschlagen beim CO2 (in kg)-Rekord ist natürlich Rindfleisch. Aber der Gegenspieler, wenn man so will, an der Spitze beim Wasserverbrauch, sind Mandeln.
Ansonsten kann man sich aber rundum gut fühlen, wenn man sich hauptsächlich pflanzlich ernährt. Datteln sind ein weiterer überraschender Ausreisser beim Wasserverbrauch (vielleicht auch nicht so überraschend, wenn man bedenkt, dass sie in Wüstenoasen wachsen). Aprikosen und Spargel schlucken ebenfalls vergleichsweise viel Wasser. Was mich sonst noch überrascht hat:
1. Kokos- und Kuhmilch liegen fast gleichauf. Eier und Erdnüsse auch.
2. Überhaupt, der Milchvergleich: Kuhmilch verursacht besonders viel CO2, klar, aber der Wasserverbrauch ist sogar etwas weniger als bei Reismilch. Mandelmilch braucht Unmengen an Wasser. Und Hafermilch ist bei CO2 und Wasser ungeschlagen sparsam.
3. Es gibt überhaupt eigentlich nichts, das so viel Wasser verbraucht wie Mandeln – siehe Mandelmilch.
4. Avocados und Linsen sind dicht beieinander, sowohl bei Wasserverbrauch als auch beim CO2.
5. Kaffee, Butter und Lammfleisch liegen quasi gleichauf bei CO2 und beim Wasser.
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Siehe dazu auch weiter oben >

«Fettleibigkeit ist eine normale Reaktion auf ein abnormales Umfeld»

Starkoch Jamie Oliver Der britische Bestsellerautor über den fatalen Zusammenhang zwischen Armut und Lebenserwartung und seinen Dauerkampf für gesundes Schulessen (im Interview mit der Sonntagszeitung, 19.11.2023): Wenn man sich die Regierungen in Europa der vergangenen zehn, fünfzehn Jahre anschaut, stellt man fest: Keine Partei hat das Thema Kindergesundheit in ihrem Wahlprogramm auch nur erwähnt. Dabei ist es so simpel! Wer sich früh gesund ernährt, ist körperlich und geistig fitter und hat auch in schlechten Gegenden bessere Chancen, nicht zur Bestätigung einer Statistik zu werden.”
Sie sind wirklich verärgert.
Ach, es ist einfach so frustrierend, dass sich so wenig ändert. Dabei ist der Zusammenhang zwischen der Herkunft und der Ernährung doch offensichtlich. Es ist so wichtig, dass wir Kindern ein Bewusstsein dafür mitgeben.”

Und wie mache ich Kindern Gemüse schmackhaft?

Kinder sind empfindlicher für Bitteres. Bitter bedeutet in der Natur, dass Giftstoff nicht weit ist, es ist ein Schutz der Pflanzen gegen Fressfeinde. Sie sehen also: Gemüseverweigerung ergibt durchaus Sinn.
Aber wie lernen Kinder dann, dass etwas vielleicht doch schmeckt?
Nicht durch Versuch und Irrtum, das wäre ja lebensgefährlich. Sondern über soziales Lernen: Kinder beobachten die, mit denen sie essen. Wie reagieren sie? Sie interessieren dabei die positiven Emotionen: Geniessen die das? Wenn da jemand dauernd negativ ist – »Iss den Brokkoli, sonst wirst du krank!« –, dann verbinden sie Brokkoli mit Stress.
Wenn ich also selbst etwas gern esse, mag mein Kind das auch irgendwann?
Das macht es zumindest wahrscheinlicher. Aber Kinder sind Muster-Sucher. Was du einmal machst, ist interessant, aber interessanter ist das, was häufig und regelmässig gemacht wird. Beim Essen hat man herausgefunden, dass Kinder zwischen 8 und 15 positiv konnotierte Expositionen haben müssen, bis sie selbst aktiv werden: Aha, das haben Mama und Papa 15-mal mit Freude gegessen! Und dann fangen sie auch damit an. Aber wenn sie in der Zeit Zwang erleben, also: »Iss das auf!«, dann geht das Ganze von vorne los. Kinder wollen Freude haben, auch beim Essen. Essen hat mit Entspannung zu tun. Mein wichtigster Rat deshalb: gute Stimmung am Tisch. Trotz der normalen Ablehnung von Gemüse ist unsere Nahrung so vielfältig, dass es keine gesundheitliche Gefahr gibt, nur weil Kinder eine Zeit lang kein Gemüse essen. Irgendwann geht der Geschmackshorizont wieder auf in die Breite. Man muss einfach Geduld haben.

Es gibt zudem ein paar Tricks, mit denen man den lieben Kleinen die gesunde Nahrung schmackhaft machen kann:

  • Gehen Sie mit den Kindern auf den Markt! Lassen Sie die Kinder die Karotten und das Gemüse berühren! Bilden Sie bei ihnen einen Sinn für “regional und saisonal”!
    Wer schon als Kind Surrogate zu sich nimmt, der wird sie ein Leben lang den echten Lebensmitteln vorziehen. Darum ist es so wichtig, dass schon von klein auf ein guter Geschmack ausgebildet wird und die Sehnsucht nach dem Richtigen entsteht.
  • Dann: Kinder naschen weniger ohne Verbote!
    Lassen Sie Ihre Jungmannschaft so viel Schokolade essen, wie sie wollen. Denn ohne Verbote oder Einschränkungen durch die Eltern naschen die Kinder weniger – hingegen macht Rationierung die Süssigkeiten attraktiver (Studie der Uni of Surrey, Guildford GB, 2010)!
  • Mit Fingerfood werden Babys nicht dick:  Statt das Baby mit Brei voll zu stopfen, lässt man es selber mit den Fingern essen. So behält es ein gesundes Körpergewicht.
    Und zwar besser, als wenn die Eltern ihnen Brei mit dem Löffel füttern. Das zeigt eine neue Studie aus der Uni Nottingham, Grossbritannien (Ellen Townsend et al).
    Beim Fingerfood entscheidet das Baby selber, wann es genug hat.  Jene, die selber mit den Fingern assen, waren nicht nur seltener übergewichtig. Sie waren auch weniger stark auf Süssigkeiten aus.
    Viele Eltern stopfen ihre Babys richtiggehend, weil sie Angst haben, dass diese zu wenig essen. Das ist Unsinn. Ich empfehle Eltern, die Kleinen ab dem ersten Geburtstag selber essen zu lassen und nur bei Bedarf nach zufüttern. Für die Entwicklung der Kinder ist es wichtig, dass sie die Nahrung selber fühlen, tasten und schmecken können.
    Als Fingerfood eignet sich fast alles, was am Familientisch auf den Teller kommt – von Früchten über Gemüse, Teigwaren, Brot bis zu Fleischstücken. Es ist am besten weich und nicht allzu klein. Denn bei harten, kleinen Stücken wie Nüssen verschlucken sich Kleinkindern leicht.
  • Für Abwechslung sorgen! Immer wieder andere Sorten ausprobieren, Gemüse mal roh, mal gegart auf den Tisch stellen.
  • Kinder beim Kochen mitarbeiten lassen. Eigene Meisterwerke werden mehr geschätzt.
  • Gemüse klein schneiden und in Lieblingsmenüs schmuggeln, z. B. Pastagratin mit kleinen Gemüsestückchen oder Spaghetti an Gemüsesosse.
  • Gemüse-Soja-Burger oder Gemüsewähe sind für Kinder attraktiv.
  • Rohes Gemüse zum Knabbern mit Kräuterdip anbieten.
  • Gemüse oder Obst ein wenig zurecht schnitzen. Aus Rüebli können Krokodile werden, aus Radieschen kleine Mäuschen. Äpfel lassen sich aushöhlen und zu «Schatzkammern» für kleine Obststückchen verwandeln. Kinder sind mit Phantasie schnell zu begeistern.
  • Gemüse im Märchen mitspielen lassen, z.B.: «Die kleine Fee kann so gut zaubern, weil sie so viel Rüebli und Brokkoli isst.»
  • Frische Kartoffeln sind ein guter Ersatz für Gemüse. Als Salzkartoffeln, Kartoffelstock oder Ofenkartoffeln können sie sogar Kinder-Favoriten werden.
  • Seien Sie zurückhaltend mit Pommes Frites!
  • Hülsenfrüchte wie Erbsen und Bohnen liefern auch eine Menge an Vitaminen und Mineralstoffen. Nehmen Sie sie zumindest einmal pro Woche in den Speiseplan auf.
  • Fruchtsäfte sind überhaupt nicht sinnvoll. Kein Fruchtsaft für Kinder unter einem Jahr – ausserdem sollten Klein- und Schulkinder von Fruchtsaft auf Obst umsteigen: Das fordert die American Academy of Pediatrics (AAP) in ihren neuen Empfehlungen.
    Wie Softdrinks, können auch Fruchtsäfte zur Energie-Dysbalance beitragen. Es kann der hohe Konsum von Saft zu Durchfall, Über- oder Unterernährung und der Entwicklung von Zahnkaries beitragen.
  • Vor allem eines: Haben Sie Geduld! Kinder werden nicht über Nacht zu guten Gemüseessern.

Was bleibt denn nun sehr Wichtiges?!

Noch einmal: Die Ernährungsforschung der letzten Jahre bewies aufgrund ihrer konsistent widersprüchlichen Befunde, dass es beim Essen weder strenge Gebote noch Verbote – kein Fleisch!, kein Cholesterin!, kein Salz!, kein Alkohol!, kein Zucker!, kein Weizen! – geben kann, es sei denn, medizinische Gründe machen Diät-Vorschriften individuell notwendig.

  • “Eat food. Mostly plants. Not too much.” (Michael Pollan)
    “vrai, végétal, varié.“ (Anthony Fardet)
  • Alles mit Mass. Iss weniger. Iss langsamer. Iss wenn Du Hunger hast, nicht wenn Du dich langweilst. Gewöhne Dich wieder an kurze Hungerperioden (Nachtfastenzeit verlängern, keine Zwischenmahlzeiten).  Frag Deinen Bauch.
    Iss mit Lust und Freude, aber beende den Genuss, bevor du übersättigt bist. Nur soviel, dass Du “normalgewichtig” bleibst (Welches Gewicht ist normal?!).
  • Iss immer etwa zu den gleichen Zeiten (max. dreimal täglich).
  • Nicht zuviel tierische Produkte (vor allem auch wegen der Klimakrise!) und nicht zu viele Kohlenhydrate (vor allem keine Backwaren mit Hefeschnellgärung – eher Sauerteigbrot aus Vollkorn).
  • Viel trinken, aber nicht zuviel (den Durst beachten).
  • Iss möglichst das, was wild wächst oder lebt. Iss bunt. Iss was regional und saisonal wächst (siehe “saisongerechte Ernährung”) – die nordische Ernährung beinhaltet auch diesen Aspekt.
  • Iss nichts, was nicht auch Deine Urgrossmutter als Lebensmittel erkannt hätte. Meide also auch die Nahrungsprodukte, die sich als “light”, “fettarm”, “fettfrei” oder “glutenfrei” ankündigen oder solche, für die im Fernsehen geworben werden.
  • Und… körperlich aktiv bleiben (“Lieber fett und fit als mager und matt!”, d.h. nicht in erster Linie auf das Gewicht kommt es an, sondern auf die körperliche Fitness)!

“Mediterrane” Ernährung

Die sogenannte “mediterrane” Ernährung könnte man auch “Jäger und Sammler-Ernährung” nennen (siehe dazu auch die “Paleodiät“). Sie kann als Muster einer gesunden Ernährung angesehen werden. Man kann sich dabei auf eine stattliche Anzahl von Beobachtungsstudien und eine darauf basierende Metaanalyse aus Italien stützen (Francesco Sofi et al. BMJ 2008;337:a1344). Diese fand ein signifikant geringeres Risiko für die Gesamt- und für die kardiovaskuläre Mortalität (-10%), eine geringere Häufigkeit von Krebserkrankungen und ein geringeres Risiko an Krebs zu sterben (-10%) sowie eine geringere Inzidenz von M.Parkinson und Alzheimer (-15%). Auch das Risiko, an einer Depression zu erkranken sinkt bei einer mediterranen Diät!
In einer grossen Studie von 25’000 griechischen Frauen und Männer zeigte sich, welche Faktoren bei einer gesunden mediterranen Ernährung wichtig sind:

  • mässiger Alkoholkonsum
  • geringer Verzehr von Fleisch und Fleischprodukten – aber viel Fisch (bei sogenannt “grüner mediterraner Ernährung”, welche vielleicht noch gesünder ist, isst man gar kein Fleisch und wenig Fisch & wenig Milchprodukte/ Eier)
  • viel Gemüse und Hülsenfrüchte
  • viele Früchte (zwei Handvoll pro Tag) und Nüsse (eine Handvoll)
  • mehr einfach ungesättigte als gesättigte Fette oder Öle- d.h. mehr Lein-, Oliven- oder Rapsöl und mehr Nüsse – und weniger Sonnenblumen-, Maiskeim-, Distelöl und Fleisch.

Das Essen von viel Getreide und von wenig Milchprodukten war aber nur mit einer minimalen gesundheitlichen Besserung verbunden.(Anatomy of health effects of Mediterranean diet: Greek EPIC prospective cohort study -Trichopoulou A, Bamia C, Trochopoulos D. BMJ  2009 (July 4); 338: b2337 http://fulltext519.notlong.com/)

Eine mediterrane Ernährung ist mehr als nur die Zusammensetzung von Mahlzeiten. Sie ist Ausdruck von Tradition und einer ritualisierten Lebensführung, bei der die Verwendung ausgesuchter Produkte, die Zubereitung und das entspannte Geniessen im Kreis der Familie oder mit Freunden eine grosse Bedeutung haben. Menschen in Südeuropa bestätigt die Studie darin, zu tun, was sie immer schon getan haben. Inwieweit Leute in Nord- und Mitteleuropa von den Erkenntnissen profitieren, bleibt eine unbeantwortete Frage. Sie werden es vielleicht nur dann, wenn sie einen mediterranen Lebensstil übernehmen – und nicht nur einen mediterranen Speiseplan.

Nordische Ernährung

Sie ist ganz ähnlich wie die mediterrane Küche, aber saisonaler und vor allem regionaler. Z.B. Wurzelgemüse statt Auberginen/Tomaten. Bei Rezepten aus der mediterranen Küche kann zur Kritik angeführt werden, dass z.B. Tomaten im Winter nicht passen. Daher scheint mir dieser nordische Ansatz sehr interessant.

Mediterrane Ernährung Nordische Ernährung
Olivenöl Rapsöl, Leinöl, Nussöl
Gemüse, Hülsenfrüchte möglichste lokale Gemüse: Wurzelgemüse, Kohl, Hülsenfrüchte
Obst Beeren, insbesondere wild wachsende Sorten; heimisches Obst wie Äpfel oder Birnen
Vollkornweizen Vollkornroggen, -hafer, -gerste
Nüsse Nüsse
Fisch und Meeresfrüchte Süsswasserfisch, Seefisch
Fleisch, Geflügel in Massen Wild, fettarmes Fleisch und Gefügel in Massen
Käse fettarme Milchprodukte wir Joghurt oder Skyr; Käse

Der nordische Ernährungsplan im Überblick

  • regional und saisonal!
  • Reichlich Gemüse, dazu Beerenfrüchte und anderes heimisches Obst
  • Kartoffeln, Reis und Pasta möglichst als Vollkornvariante und nur in geringem Umfang (nur etwa 15 Prozent Anteil)
  • Fleisch nur in Massen (“Sonntagsbraten-Prinzip”), am besten Wild oder aus artgerechter Haltung, aber dreimal pro Woche Fisch
  • Traditionelle Zubereitungsmethoden verwenden, wie schonendes Garen im Ofen/Schmortopf (Niedrigtemperatur) oder Fermentieren von Fisch und Gemüse (Milchsäuregärung)
  • Meiden von zuviel Butter und fettreichen Milchprodukten
  • Wurstwaren nur sehr selten.

Ganz egal, ob man sich mit der nordischen oder mediterranen Kost befasst – beide Ernährungstypen sind sehr gesund und empfehlenswert. Es geht hier um hochwertige Öle, um reduzierten Fleischkonsum, aber um Ballaststoffe sowie Fisch und um eine fett- und zuckerarme Ernährung.


Paleodiät (Steinzeit- oder Jäger- und Sammlerernährung):
Alles begann mit der Beobachtung, dass Völker, die immer noch als Jäger und Sammler leben, eine erstaunlich niedrige Herzinfarkt- und Schlaganfall-Inzidenz haben, und diese aber ansteigt, sobald sie sich der typischen westlichen Ernährungsweise anpassen. Daraus entstand dann die Idee, eine “Jäger-und-Sammler-Diät” auszuprobieren. Wie der Name schon verrät, beruht diese auf der vermuteten Ernährungsweise aus der älteren Steinzeit bevor der Mensch sesshaft wurde und Getreide anpflanzte und Kühe hielt. Damals nahm man hauptsächlich Fisch, mageres Fleisch, Früchte, Gemüse, Nűsse und Eier zu sich. Getreide und Milchprodukte gehörten nicht auf den Speiseplan – also kein Brot, kein Käse, keine Butter, keine Pasta, kein Reis. Und auch keine Fertigprodukte, Farbstoffe, Functional Food usw.. Das stellt natürlich einen grossen Unterschied zu unserer heutigen Ernährungsweise dar.

Entscheidend könnte bei der Paleo- oder mediterranen Ernährung die Kombination von ungesättigten Fetten mit Gemüsen wie Spinat, grünem Salat, Rucola oder Fenchel sein. Diese enthalten viel Nitrat. Zusammen mit den ungesättigten Fetten – zum Beispiel aus Olivenöl, Nüssen oder Avocado – bildet das Nitrat einen Stoff, der den Blutdruck senkt. Dies ist zudem ein Hinweis, dass Nitrat in Gemüse keineswegs so schädlich ist, wie man früher annahm. In den vergangenen Jahren zeigten bereits mehrere Studien, dass eine nitratreiche Ernährung für Herz und Gefässe von Nutzen ist.

Iss also wie die Italiener. Oder die Griechen. Oder die Franzosen. Oder die Japaner. Vielleicht aber mit weniger Pasta, keinem Brot, wenig Käse und Butter…

In dieselbe Richtung zeigt die grosse und sehr sorgfältig durchgeführte PURE-Studie, die zeigt, dass vor allem 7 Lebensmittel unser Leben verlängern: Ein hoher Anteil an Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Milchprodukte, Fisch und (selten) Weide-Fleisch.
Beim Fleisch würde ich ein grosses Fragezeichen stehen lassen.

Frühstück kann Dein Herz stärken

Zuerst lies dazu den Gesundheitsmythos „Breakfast is the most important meal of the day“ in meinem Blog.

Wer mit einem ausgiebigen Frühstück – und viel Zeit den Tag beginnt, hat bereits morgens viel weniger Stress und hat (ev. deshalb) ein deutlich verringertes Herzinfarktrisiko! Gemäss verschiedener grossen Studien (v.a. Circulation. 2013; 128: 337-343, Prospective Study of Breakfast Eating and Incident Coronary Heart Disease in a Cohort of Male US Health Professionals, Leah E. Cahill et al.). Diejenigen Männer, die das Frühstück ausliessen, hatten dabei ein 27% höheres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden als jene, die den Tag zum Beispiel mit einem Müesli begannen. Nach Ansicht der Forscher bestätigt die Studie, dass das Frühstück wohl die wichtigste Mahlzeit des Tages ist.

Gicht mit Ernährung vorbeugen und therapieren

  • LANGSAME GEWICHTSREDUKTION (bei Übergewicht) durch mehr Bewegung und leichte Kalorienreduktion
  • WENIGER FLEISCH UND INNEREIEN
  • WENIGER MEERESFRÜCHTE (jedoch fette Meeresfische: Lachs, Hering, Makrelen sind okay)
  • MEHR MILCHPRODUKTE
  • PROTEINREICHE PFLANZLICHE KOST (insbesondere Nüsse, Hülsenfrüchte, Spinat, Pilze, Haferflocken, Kohl… – die frühere Annahme, dass eine purinreiche pflanzliche Kost ungünstig sei, hat sich als falsch erwiesen!)
  • GAR KEIN BIER UND KEIN SCHNAPS – nur wenig Wein
  • KEINE GESÜSSTEN LIMONADEN (auch keine Fruchtsäfte, wie Orangensaft, Süssmost, Multivitaminsäfte,…)
  • BEIBEHALTEN DES KAFFEEKONSUMS (regelmässiger Kaffeekonsum senkt die Serumharnsäure und Gichtwahrscheinlichkeit)
  • GENÜGENDE TRINKMENGE (mindestens zwei Liter pro Tag)
  • VITAMIN C (über 500mg bis 2 Gramm pro Tag
  • WENIG FRÜCHTE UND KEINE FRUCHTSÄFTE!
    In den vergangenen Jahren kam es vermehrt zu Gichtanfällen bei jungen, schlanken Frauen, was extrem untypisch war. Dann hat man festgestellt, dass sich diese Frauen sehr fruchtreich ernährten. Sehr viel Obst, sehr viele Säfte. Fruchtsäfte für gesund zu halten, ist ein typischer Irrtum. Was vielen nicht klar ist: Ein Glas Orangensaft enthält genauso viele Kalorien und genauso viel Zucker wie ein Glas Cola. Aus ernährungsmedizinischer Sicht sollte man nicht mehr als zwei Portionen Obst pro Tag essen – und keine Fruchtsäfte.
    Zuckerhaltige Limos (Coca, Red Bull und Konsorten) zeigen noch weitere Tücken:
    Der Konsum von mindestens zwei zuckerhaltigen Limonaden am Tag erhöht die Wahrscheinlichkeit für Gicht um 85 Prozent! (BMJ, Bd.336, S.309)

Akne mit Ernährung vorbeugen und therapieren

Nahrungsmittel spielen bei der Entstehung von Akne doch eine grössere Rolle als man lange angenommen hat.
Kurzum: Kaum Milch und Milchprodukte, selten zuckerhaltige Speisen und kein Fast Food oder Backwaren!
Meiden Sie alle Lebensmittel, die den Blutzuckerspiegel stark beeinflussen, also solche mit einem hohen “Glykämischen Index” (Weissbrot, gezuckerte Frühstückflocken, Guetsli, süsse Limonaden wie Cola…). Man vermutet, dass das Hormon Insulin schuld ist, da es die Produktion von männlichen Wachstumshormonen (Androgenen) sowie des Botenstoff IGF-1 anregt. Diese regen dann die Talgproduktion an und begünstigen die Verstopfung der Poren. (Neil Mann et al.;American Journal of Clinical Nutrition, 2007)
Neueste Untersuchungen zeigen auch eine klare Abhängigkeit von Kuhmilch und verschiedenen Milchprodukten (Quark, Streichkäse, Instant-Milchgetränke und v.a. entrahmte Milch sind die Übeltäter! Es hat also nichts mit dem Fettgehalt der Produkte zu tun.). Adebamowo CA et al., J Amer Acad Dermatol 2005; 52:207-214
Sicher ist, dass auch starkes Übergewicht durch einen Hyperinsulinismus die Produktion der männlichen Hormone (Androgene) stimulieren kann. Dann hilft Abnehmen auch gegen Akne.
Auch Rauchen sollte man unbedingt stoppen, da dies das metabolische Syndrom der Haut massiv verstärkt!

Migräne durch Ernährung bessern

Unter den diätetischen Migräneauslösern sind Koffein und Alkohol (und auch ein Entzug derselben) am besten dokumentiert.

Eine gute Hydrierung (viel Flüssigkeit trinken) kann gemäss vielen Betroffenen die Migränefrequenz und -intensität senken.

Wer unter Migräne leidet, sollte auch regelmässig Lachs, Sardinen, Baumnüsse und Leinöl essen. Die Omega 3-Fette in diesen Lebensmitteln vermindern die Zahl und die Länge der Migräneattacken. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Universität von North Carolina (USA) mit rund 200 Teilnehmerinnen. Die Forscher testeten Diäten mit verschiedenen Mengen an Fettsäuren. Besonders gut wirkt Omega-3, wenn man gleichzeitig wenig Omega-6 zu sich nimmt. Das heisst: nur wenig Sonnenblumen-, Distel- oder Traubenkernöl. Der Körper stellt aus den Fettsäuren Botenstoffe her, die weniger schmerzempfindlich machen.

Migräne durch Purine

Der Zusammenhang zwischen Migräne und Purin-haltigen Lebensmittel wurde bereits in mehreren Studien aufgezeigt. Die Forschenden empfehlen den Ärzten, bei Migränepatienten den Harnsäurewert zu untersuchen und eine purinarme Ernährung zu empfehlen.
Bei einer purinarmen Ernährung sollten folgende Produkte gemieden oder nur in kleinen Mengen gegessen werden:
  • Innereien
  • fettreiche Fleischsorten und Würste
  • Fische wie Forellen, Lachs, Heilbutt, Karpfen, Makrelen
  • Fischkonserven wie Hering, Matjesfilet
  • Schalen und Krustentiere wie Scampi, Hummer
  • Hülsenfrüchte wie weisse Bohnen, Linsen
  • Gemüse wie Erbsen, Schwarzwurzeln, Spinat, Sellerie, Rosenkohl
  • Vollkornprodukte, Weizenkleie Buchweizen, Leinsamen, Sonnenblumenkerne
Sehr purinarm oder gar purinfrei sind beispielsweise folgende Produkte:
  • Milch und Milchprodukte
  • Eier
  • Käse, Quark
  • Getreideprodukte, am besten helles Brot
  • Gemüse wie Tomaten, Radieschen, Peperoni, Rüebli, Zucchetti, Auberginen, Spargeln
  • Salate
  • Kartoffeln
  • Früchte, ausser Datteln
  • Margarine
  • Mais
Genauere Angaben gibt es hier auf einer Tabelle von gichtinfo.de.

Ernährungs-Pyramiden

Brauchbar ist auch die Nahrungsmittelpyramide von Prof. Walter C.Willett von der Harvard-Universität. Er setzt darin rigoros die wissenschaftliche Evidenz um, nach der weder Fette noch Kohlenhydrate pauschal als gut oder schlecht einzustufen sind. In der breiten Basis finden sich ungesättigte Fettsäuren und KH mit einem niedrigen glykämischen Index (GI). Zuoberst stehen KH mit einem hohen GI sowie Nahrungsmittel, die wie Butter v.a. gesättigte Fettsäuren enthalten. Zusätzlich steht prominent im Sockel der Willett-Pyramide, was auch bei mir zentral erwähnt ist: die Aufforderung zu vermehrter körperlicher Aktivität:

Pyramide in voller Grösse anzeigen

LITERATUR dazu:

  • Michael Pollan: “64 Grundregeln ESSEN: Essen Sie nichts, was Ihre Grossmutter nicht als Essen erkannt hätte.”: exzellent!
  • Wenn einem beim Lesen der Appetit vergeht:
    “Pandoras Lunchbox”, Melanie Warner, Scribner, New York 2013. 270 Seiten.
    “Salt, Sugar, Fat”, Michael Moss, WH Allen, London 2013. 450 Seiten.
    Das Sweet Onion Chicken Teriyaki Sandwich der Fast-Food-Kette Subway hat 105 Zutaten. 55 davon sind Pulver, die dem Sandwich aus verschiedensten Gründen beigefügt werden. Das Hühnerfleisch enthält weiter 13, darunter Kalzium-Chloride, Maltodextrin, modifizierte Kartoffelstärke und Sodium-Phosphate. Die Glasur hat 12, die Soja-Sauce 8 Zutaten und das italienische Weissbrot 22. Wenn ein stinknormales Hühnerfleisch-Sandwich über hundert Zutaten enthält, dann ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass bei der amerikanischen Aufsichtsbehörde über Lebensmittel, dem FDA, inzwischen mehr als 5000 Nahrungsmittelzusätze gemeldet sind. Warum das so ist und was dieser Wahnsinn für Folgen hat, diesen Fragen sind Melanie Warner in ihrem Buch «Pandora’s Lunchbox» und Michael Moss in «Salt, Sugar, Fat» nachgegangen. Das Resultat ist in beiden Fällen äusserst lesenswert, auch wenn mehr als zwiespältig Gefühle zurückbleiben.
    Nochmals Hühnerfleisch. Die armen Viecher werden heute mit Kraftnahrung derart schnell zur Schlachtreife gebracht, dass ihr Fleisch keinerlei Geschmack mehr entwickeln kann. Lebensmittelingenieure können dieses Problem jedoch locker lösen. «Substanzen wie pflanzliches Eiweiss und Hefeextrakt können so verändert werden, dass sie wie Hühnerfleisch schmecken», schreibt Melanie Warner. Lebensmittel müssen heute sehr lange haltbar sein, sie müssen ein «Gestell-Leben» von mindestens neun Monaten haben. Das ist nur mit viel Chemie und Hitze zu schaffen, gerade bei Nahrungsmitteln, die gemeinhin als gesund gelten, Frühstücksflocken beispielsweise. Auf ihren Packungen sind zwar jede Menge Vitamine und andere gesundheitsfördernde Substanzen angeschrieben. Diese werden aber erst nachträglich wieder zugefügt.
    Manager meiden ihre Produkte:
    Convenience-Food ist allgegenwärtig geworden. Dank ihrer Fachkräfte kann die Lebensmittelindustrie ihre Produkte heute so herstellen, dass sie auch schmecken. Das gelingt aber nur dank drei Substanzen: Salz, Zucker und Fett. Sie wirken wie Drogen, wie die Hirnforschung inzwischen nachweisen kann. Convenience-Food macht uns süchtig. «Die meisten von uns können nicht aufhören, es zu essen», stellt Michael Moss fest. «Sei es wegen des Genusses oder sei es wegen der Bequemlichkeit, wir brauchen unsere Frostet Mini-Wheats (Frühstücksflocken) und unsere Salz- und Essig-Chips, nicht zu vergessen die Oreos (Süssgebäck), die uns durch den Tag bringen.» Nicht von ungefähr sind grosse Nahrungsmittelunternehmen wie Kraft und General Food im Besitz von Tabakkonzernen. Die Sucht nach Convenience-Food hat einen hohen Preis: Fettleibigkeit ist inzwischen in allen modernen Gesellschaften zu einer Volkskrankheit geworden. In den USA werden bereits rund 70 Prozent des Kalorienbedarfs mit Industriefrass gedeckt. Zu den Kunden zählen allerdings nicht die Dealer. Moss erzählt genüsslich, wie die von ihm interviewten Topmanager der Nahrungsmittelindustrie ihre eigenen Produkte nach Möglichkeit meiden. Sie werden wissen, weshalb. (aus dem Tages-Anzeiger vom 6.5.13)

Steinzeitkörper im Bioladen

Die nützlichsten Mitglieder der digitalkapitalistischen Gesellschaft sind die, denen es am besten gelingt, ihren Körper gänzlich zu ignorieren und ihre Biologie zu verdrängen. Nur so kann ich stundenlang unbeweglich da sitzen und in einen Bildschirm starren.
Zugleich wird die intensive Beschäftigung mit den einfachsten Körperfunktionen zum Luxus unserer Zeit. Es ergibt also einen Sinn, dass alles so unglaublich teuer ist, was mit altmodischen Leibesübungen und unverarbeiteter Nahrung, also mit Fitness und den dazugehörigen Bio- und Superfoods zu tun hat – kurz mit einem Leben, in dem Muskeln und Darm im Mittelpunkt stehen.
(Marie Schmidt | zeit.de vom 13.07.2017)

Widersprüchliche Ernährungsforschung

Die Ernährungsforschung der letzten Jahre bewies aufgrund ihrer konsistent widersprüchlichen Befunde, dass es beim Essen weder strenge Gebote noch Verbote – kein Fleisch!, kein Cholesterin!, kein Salz!, kein Alkohol!, kein Zucker!, kein Weizen! keine Eier!- geben kann! Es sei denn, medizinische Gründe machen Diät-Vorschriften individuell notwendig.
Es gibt etwa eine Million Ernährungsstudien. Fast jeden Tag erscheint ein neues Paper, das mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit nicht stimmt. Aber es geht immer so weiter, ad infinitum. Es wird mit zweifelhaften Messmethoden gearbeitet, mit Beobachtungsstudien, die offen für eine Myriade verzerrender Einflüsse sind, mit Fragestellungen, die eine komplexe Sache übermässig vereinfachen. Tatsächlich gibt es eine fast unbegrenzte Zahl an Nahrungsmitteln, die sich in ihrer Zusammensetzung unterscheiden und mit unserem Lebensstil und anderen Einflüssen verwoben sind.
Wenn man wissen will, ob eine Ernährungsweise gesünder ist als andere, sollte man zumindest eine randomisierte Studie durchführen, in der die Teilnehmer gesagt bekommen: «Tu dies!» oder «Tu dies nicht!» – und dann schaut man, was passiert. Eine Gruppe isst also 20 Jahre lang ständig Eier – und die andere Gruppe isst 20 Jahre lang kein einziges. Wenn man am Ende die Daten aller Teilnehmer auswertet und einen Unterschied sieht: toll! Wenn nicht, und darauf würde ich wetten, dann ist es immerhin ein halbwegs zuverlässiges Ergebnis. Es gibt nur ein paar Hundert solcher Studien. Ich denke aber, dass die meisten Ernährungsforscher diese gründlichen Untersuchungen nicht mögen, weil bei diesen fast nie Nennenswertes herauskommt.

Übersichtstudien (d.h. Zusammenfassungen von diversen Studien zur selben Fragestellung = Metastudien) sind hier das Mass aller Dinge. Als gutes Beispiel hier über kaliumreiche Ernährung:
kalium_im_essen.pdf

Profit aus verarbeiteten Lebensmittel

Dass die konventionelle Produktion von verarbeiteten Lebensmitteln in den meisten Fällen klimaschädlich und deren Verzehr zudem gesundheitsschädlich ist, ist ja inzwischen in interessierten Communities ausreichend bekannt. Die Forschenden der University of Oxford haben dies aber mal in Relation zu den Umsätzen und Profiten der entsprechenden Unternehmen gesetzt.
Das Ergebnis zeigt, dass die Schädigung von Klima und Gesundheit ein lohnenswertes Geschäft ist: 7 der 10 grössten “Lebensmittel”-Konzerne weltweit generieren 2/3 ihres Umsatzes mit ungesunden Produkten (die man eigentlich nicht als “Lebensmittel” bezeichnen sollte). 90% der Online-Werbeausgaben in UK werden für den Verkauf von Schokolade, Chips, Keksen und Eis genutzt und zielen dezidiert auch auf Kinder. Verpackungen, die gezielt Kinder ansprechen sollen, sind bei den untersuchten Unternehmen Standard. Der Konzern Ferrero erzielt 100% seines Umsatzes durch sogenannte “Lebensmittel”, die reich an Fett, Zucker und Salz sind.
ExpertInnen aus dem Lebensmittelbereich fordern in UK seit Jahren das Verbot oder zumindest die signifikante Besteuerung dieser sogenannten “Lebensmittel”.

Übrigens: Ein Drittel von dem, was der Mensch isst, braucht er, um sich am Leben zu erhalten. Die anderen zwei Drittel sind dazu da, die Ärzte am Leben zu erhalten.

Veröffentlicht von Dr.med. Thomas Walser am 26. Juni 2017
Letzte Aktualisierung:
21. März 2024

Alkohol

“Alkohol ist dein Sanitäter in der Not, Alkohol ist dein Fallschirm und dein Rettungsboot.” (Herbert Grönemeyer)

Alkohol und koronare Herzkrankheit

Es gibt Studien, die auf eine höhere Lebenserwartung bei mässigem Alkoholkonsum hinweisen.
Es besteht jedoch noch keine Gewissheit in der Wissenschaft, ob Alkohol in kleinen Mengen eine schützende Wirkung vor koronaren Herzerkrankungen (Verengungen und Verschluss der Herzkranzgefässe) zeigt. Es wurde mal ausgerechnet, dass die positiven Wirkungen für die Durchschnittsfrau bei einer Menge von bis zu 20g Alkohol pro Tag und für den Durchschnittsmann von bis zu 30g pro Tag überwiegen (=ungefähr 2 bzw. 3 DL Wein täglich oder 4 Liter Bier wöchentlich (verteilt auf 3 bis 6 Portionen pro Woche – siehe: www.bmj.com/cgi/content/full/320/7246/1378)).
Es stimmt nicht, dass der Rotwein wirklich besser als andere Alkohole wirkt. (Mukamal KJ, et al. Roles of drinking pattern and type of alcohol consumed in coronary heart disease in men. N Engl J Med 2003;348:109-18).
Nur zum Essen zu trinken und nicht zwischendurch scheint eine positivere Wirkung aufs Herz zu haben (Stranges S et al., Hypertension 2004; 44:813-819).
Man sollte dabei jedoch beachten: Wer regelmässig Wein trinkt, neigt auch zu einem gesünderen Lebensstil. Beim Vergleich der Lebensgewohnheiten zeigte sich (Naimi TS et al. Cardiovascular risk factors and confounders among nondrinking and moderate-drinking U.S. adults. Am J Prev Med 2005 (Mai); 28: 369-73), dass moderate Weintrinker – im Gegensatz zu Bier- oder Schnapstrinker, aber auch zu Abstinenzler – weniger rauchen, sich mehr bewegen und auch weniger fettreich essen (siehe auch die mediterrane Ernährung!).
Dies alles gilt aber erst über 40jährig – und auch nicht im Alter!

Jünger als 40jährig: am besten kein Alkohol!

»Unsere Botschaft ist simpel: Junge Menschen sollten nicht trinken, aber ältere Leute könnten einen Nutzen davon haben, kleine Mengen zu trinken«, so fasst die Hauptautorin Emmanuela Gakidou von der University of Washington die Ergebnisse einer grossen Studie zusammen.
Bis zu einem Alter von 39 konnten die Forscher kei­ner­lei Nutzen des Al­ko­hol­trinkens finden, hier gibt es nur ne­ga­ti­ve Aus­wir­kung­en wie etwa Ver­letz­ung­en durch Unfälle.
Dahinter steht ein weltweites Netzwerk, in dem sich Forschende im Rahmen der Global-Burden-of-Disease-Studie zusammengetan haben. Für ihre aktuelle Arbeit werteten sie Studien und Bevölkerungsdaten aus 204 Ländern aus. Ihre Untersuchung knüpft an eine Vorgängerstudie an, die 2018 ebenfalls in The Lancet erschien. Damals kamen die Autorinnen allerdings zu dem Schluss, dass Alkohol grundsätzlich in jeder Menge schädlich sei (The Lancet: GBD Collaborators, 2018). Das Trinkniveau mit dem geringsten Risiko sei – null. Diese Erkenntnis erregte damals grosses Aufsehen in der Wissenschaft. Die aktuelle Untersuchung bestätigt dieses Ergebnis im Grossen und Ganzen zwar, weicht aber in Teilen davon ab. Denn sie hat unter anderem eine differenzierte Analyse für einzelne Altersgruppen vorgenommen.

Ich halte es aber für ge­fähr­lich, Men­schen ab 40 zu em­pfehlen, täg­lich ein bis zwei al­ko­hol­isch­e Ge­tränke zu trinken. Weil viele Personen diese Limite nicht einhalten, wird verständlich, warum regelmässiger und massvoller Alkoholkonsum von Gesundheitsbehörden und Ärzt*innen kaum empfohlen wird. Gewichts- und Blutdruckkontrolle, Raucherentwöhnung, pflanzliches anstelle von tierischem Fett und mehr Bewegung sind auf jeden Fall die besseren Mittel fürs Herz als Alkohol. Abstinente beginnen deshalb aus gesundheitlichen Gründen am besten nicht mit Alkoholtrinken!

Wie viel zu viel ist, ist also Definitions­sache. Kanada empfiehlt der Bevölkerung seit Januar 2023, sich nicht mehr als zwei Drinks pro Woche zu erlauben oder besser ganz darauf zu verzichten, weil jeder Konsum riskant sei.

Was Sie sich mit (mässig konsumierten) Alkohol sonst noch wohl tun…

oder weshalb es noch nie eine hoch entwickelte Kultur gegeben hat, die nur auf Joghurt basiert…

Lesen Sie meine Einschüchterungen, was Sie sich mit Alkohol antun NICHT!

Zur Bedeutung des Alkohols in der Menschheitsgeschichte ein berauschender Beitrag aus der Republik: kurze-geschichte-des-lasters.pdf

Man hat gemerkt, dass das Alkohol-Craving neben der Verhaltenskonditionierung (Gewohnheit) klar im Zusammenhang steht mit einer selektiv verminderten Amygdala-Antwort des Hirns auf Angstsignale. Dies besteht auch bei allen anderen Drogenabhängigen und ist eventuell auch eine vorbestehende Verletzlichkeit. Deshalb wirken wohl auch die angstmachenden Warnhinweise zu Alkohol rein gar nichts! (bei Rauchen so festgestellt: Onur OA, et al.: Overnight deprivation from smoking disrupts amygdala responses to fear. Hum Brain Mapp 2011;May 26)
…und denken Sie darüber nach, was viel schädlicher ist als Alkohol oder Rauchen: Der neue Zeitgeist der Nulltoleranz!
Die Moral, die soziale Kontrolle, funktioniert heute nicht mehr über Sex, sondern über Gesundheit! Die Kontrolle funktioniert über den Körper-, Schlankheit-, Fitnesskult, über die Ernährung und die Leistungsfähigkeit. Seit Sparta gibt es eine Form von Gesundheitsfaschismus. Das gehört zum menschlichen Dasein. Der Kult von Reinheit, Stärke, Körper – bis hin zur Rassereinheit im Nationalsozialismus. Gesundheitsbewegungen hatten immer etwas zutiefst Antiliberales. Umgekehrt hat der Genuss immer etwas Subversives, Ideentreibendes, Verdächtiges. Dadurch bekommt Alkohol und Rauchen heute langsam den Status von Pornografie. Etwas Abstossendes und Anziehendes zugleich.

Eine eindrückliche Untersuchung:

Was man sich mit Alkohol antut!

Alkohol hebt die Stimmung? Ernüchterndes Resultat!

Eine amerikanische Studie kommt zu einem ernüchternden Resultat: Negative affektive Zustände wie Ängste und Depressionen werden durch den Alkoholgenuss eher verstärkt als gelindert. Unter affektivem Verhalten versteht man, dass man etwas aus einer impulsiven Gefühlsregung heraus macht. Das würde also bedeuten, dass, wenn man aus einer niedergeschlagenen Stimmung heraus trinkt, diese nicht besser wird, sondern sich noch zusätzlich verschlechtert.

Die Droge der Frauen

Frauen in höheren Positionen trinken doppelt so viel Alkohol, wie solche in niedrigeren. Grund? Gut ausgebildete Frauen, die später Kinder bekommen, haben ein aktiveres soziales Leben – da gehört das Trinken einfach dazu…
Alkohol geht nicht ins Fettgewebe über, sondern verteilt sich auf den geringen Flüssigkeitsgehalt. Daher werden Frauen bei gleicher Menge Alkohol schneller betrunken als Männer und auch die Schäden sind gravierender, da ihre Leber Alkohol langsamer abbaut.
Alkohol ist heute auch die bevorzugte Entspannungsdroge (nach längerer Arbeit).
Was dabei nicht beachtet wird:

  • Alkohol ist der Hautkiller Nummer eins!
  • Bereits moderates Trinken reduziert die Fruchtbarkeit.
  • Alkohol fördert gewisse Krebsformen.

Alkohol und Krebs bei Frauen

Forscher der Uni Oxford zeigen in einer gross angelegten Studie (Allen NE et al., Moderate Alcohol Intake and Cancer Incidence in Women, J Natl Cancer Inst., 2009 Feb 24), dass schon ein Glas Alkohol täglich bei Frauen das Risiko an Krebs zu erkranken um fast 13 Prozent erhöht. Schlussworte der Studie: “Es gibt keinen sicheren Bereich für Alkoholkonsum bei Frauen!”.

Alkohol und Krebs – welche Dosis ist ungefährlich?!

Inzwischen sind die Daten ausreichend, um eindeutig zu bestätigen, dass Alkoholkonsum eine direkte Ursache von 7 Krebslokalisationen darstellt: des Mund- und Rachenraums, des Kehlkopfes, der Speiseröhre, der Leber, des Kolons und Rektums sowie der weiblichen Brust. Dies ist das Fazit von jahrzehntelanger Forschung – und wird auch durch aktuelle Analysen und Metaanalysen bestätigt. Die Assoziation Alkohol-Krebs ist dabei dosisabhängig – linear oder exponentiell – und auch bei geringem und moderatem Alkoholkonsum nachweisbar!
Es ist von der Lokalisation abhängig, wie ausgeprägt der Zusammenhang tatsächlich ist: stark für den oberen Gastrointestinaltrakt (relative Risikoerhöhung um das 4 bis 7-Fache bei einem Konsum von 50 g Alkohol pro Tag im Vergleich zu einem Nicht-Trinker), weniger ausgeprägt für das Kolon, das Rektum, die Leber und die weibliche Brust (relatives Risiko ca. 1,5 bei 50 g Alkohol pro Tag oder mehr).
Das mit dem Alkoholkonsum assoziierte Risiko ist im Übrigen reversibel, wenn man mit dem Trinken aufhört. Aus gepoolten Analysen lässt sich auch schliessen, dass das Risiko für Oesophaguskarzinome und Karzinome des Kopfes und Halses über die Jahre des Konsums zunehmen, danach aber wieder abnimmt und nach rund 20 Jahren Abstinenz wieder auf dem Niveau eines Nicht-Trinkers ist. Für die Leber gibt es eine Metaanalyse, die ebenfalls auf eine mögliche Reversibilität hindeutet, nach der das Risiko eines hepatozellulären Karzinoms nach dem Alkohol-Stopp um 6 bis 7% pro Jahr abnimmt und nach etwa 23 Jahren wieder auf dem Niveau des Nichttrinkers ist.

Alkohol in der Jugend – Komatrinken

Wie gefährdet man durch Alkohol ist,  kann man in einem Online-Test gut ermitteln:
“Konsumcheck” (auch für Drogen allgemein) auf www.rauschzeit.ch !

Alkohol im Alter

Schon drei Gläser Wein am Tag sind für einen Achtzigjährigen pures Gift. Ältere Männer genehmigen sich am besten nur einen Drink pro Tag – ältere Frauen noch weniger. Alkohol wirkt auf einen Senioren etwa doppelt so stark wie auf einen jüngeren Erwachsenen. Leber, Herz, Nieren und Verdauungstrakt leiden stärker unter Alkoholeinfluss. Auch das Gehirn reagiert heftig auf Alkohol: Eine Stange Bier hat auf einen alten Menschen etwa dieselbe psychische Wirkung wie zwei Stangen für einen jüngeren. Diese Effekte treten etwa ab dem 65. Lebensjahr ein.
Der Grund sind folgende körperliche Veränderungen, die im Alter eintreten:

  • Senioren haben weniger Wasser im Körper. Dadurch wird der Alkohol im Körper weniger verdünnt.
  • Bereits im Magen wird ein Teil des Alkohols unschädlich gemacht – allerdings bei alten Menschen weniger als bei jüngeren. Deshalb gelangt bei ihnen mehr Alkohol ins Blut.
  • Die Leber arbeitet langsamer. Dadurch ist der Alkohol länger im Körper und schädigt ihn stärker.

Zudem nehmen viele Senioren Medikamente ein, die die Wirkung des Alkohols verstärken.
Für Frauen gilt: Sie trinken am besten schon in jungen Jahren höchstens halb so viel Alkohol wie Männer, da ihr Körper stärker darauf reagiert. Das gilt auch im Alter. Ältere Frauen trinken am besten nicht mehr als einen halben Drink pro Tag (siehe oben).

Das heisst nicht, dass Senioren ganz aufs Anstossen verzichten sollen. Es dürfen auch einmal mehrere Drinks pro Tag sein – aber insgesamt nicht mehr als sieben Drinks pro Woche für Männer, höchstens vier Drinks für Frauen. Nach einer Ausnahme geben also gerade ältere Menschen ihrem Körper idealerweise eine Pause vom Alkohol.

Zusammengefasst:

  •  Männer trinken am besten erst ab 40jährig und nicht mehr als einen Drink pro Tag- und dies nur 3 bis 4mal in der Woche!
    Ein Drink ist:
    – eine Stange Bier (3dl)
    – ein Glas Wein (1dl)
    – ein Glas Sherry (0,5dl)
    – ein Glas Whisky (0,3dl)
  • Frauen und alte Menschen (über 70) vertragen nur halb so viel Alkohol wie jüngere Männer. Ein halber Drink pro Tag (und dies auch nur 3-4mal in der Woche) ist hier das Limit.
  • Wenn Senioren mehrere Drinks an einem Tag getrunken haben, so geben sie dem Körper eine Pause: mindestens so viele Tage, wie sie zu viele Drinks getrunken haben.
  •  Alkohol erhöht für Senioren die Gefahr zu stürzen.
  • Viele Senioren nehmen Medikamente. Sie fragen deshalb den Arzt, ob Sie überhaupt Alkohol trinken dürfen.

Alkohol und Vorhofflimmern

Die Risikoerhöhungen für eine Vorhofflimmerepisode beträgt gemäss guter Studien für einen Alkoholkonsum innerhalb der letzten vier Stunden: ein Drink = Verdoppelung, zwei Drinks = Verdreifachung. Je höher die Alkoholkonzentration im Blut ausfiel, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vorhofflimmern ausgelöst wurde.
Bescheidener oder moderater Alkoholkonsum ist also ein Episodentrigger bei einer Population mit durch Screening diagnostiziertem rezidivierendem Vorhofflimmern. Die enge Dosis-Wirkungs-Beziehung ist überraschend und rechtfertigt entsprechende Interventionen/Beratungen, da das Vorhofflimmern auch ein Risikofaktor für den Schlaganfall ist.
(Ann Intern Med. 2021, doi.org/10.7326/M21-0228).

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Das Herz schlägt dabei unregelmässig und meist schneller als normal. Wie schon der Name verrät, flimmern die Vorhöfe des Herzens dabei nur, statt sich regelmässig zusammenzuziehen.
Betroffene spüren, dass ihr Herz rast oder seltsam zu stolpern scheint. Auch Unruhe und Angst, Atemnot, Schwindel oder Schwächegefühl können damit einhergehen. Viele Betroffene bemerken allerdings auch gar keine Symptome. Wichtige Hinweise kann auch ein hoher und unregelmässiger Puls geben.
Risiko Schlaganfall: Auf Dauer kann Vorhofflimmern zum einen das Herz schwächen und zum anderen das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen.
Da beim Vorhofflimmern das Blut in den Vorhöfen des Herzens langsamer fliesst, kann es dort leichter gerinnen und einen sogenannten Thrombus bilden. Wenn dieser sich löst, kann er über den Blutkreislauf in die Gehirngefässe gelangen und dort einen Schlaganfall verursachen: Die Blutversorgung wird dann in Teilen des Gehirns unterbrochen.
Umgekehrt konnten australische Kardiologen die positive Wirkung des Alkoholverzichts bei Vorhofflimmern nachweisen: Wenn Patienten, die zuvor zehn oder mehr alkoholische Getränke pro Woche zu sich genommen hatten, einige Monate weitgehend abstinent lebten, besserte sich ihr Vorhofflimmern deutlich im Vergleich zu anderen Patienten, die auf demselben Niveau weitertranken (New England Journal of Medicine: Voskoboinik et al., 2020).

Kopfschmerz nach Alkohol

siehe auf dieser Seite: Histaminintoleranz

Nicht-alkoholische Fettleber und Alkoholtrinken

Die nicht-alkoholische Fettleber ist die häufigste Lebererkrankung. Der Begriff «nicht-alkoholische Fettlebererkrankung» («non- alcoholic fatty liver disease», NAFLD) ist definiert als Steatose der Leber, die nicht durch hohen Alkoholkonsum bedingt ist. (Als hoher Alkoholkonsum wird bei Frauen eine Menge von ≥20 g/Tag, bei Männern von ≥30 g/Tag angesehen.) Eine spezifische medikamentöse Therapie ist nicht bekannt. Gewichtsreduktion und Anpassung des Lebensstils wirken sich positiv aus. Der Einfluss von moderatem Alkoholkonsum bei vorhandener NAFLD ist jedoch unklar. In der hier besprochenen niederländischen Studie wurden die Auswirkungen der Menge des konsumierten Alkohols, der Art der Getränke und des Geschlechts auf eine Leberfibrose untersucht. Risikofaktoren sind Übergewicht und Typ-2- Diabetes. Mässiger Alkoholkonsum ist protektiv für das Herz, dies zeigte nun diese grosse niederländische Studie von 2018 (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=mitchell+t+gastroenterol+113). Ein mässiger Alkoholkonsum wird definiert als weniger als 70 g/Woche, vor allem Wein. Im Vergleich zu nicht-alkoholtrinkenden Kontrollpersonen hat er auch einen protektiven Effekt auf die Progression der Leberfibrose (weniger Fibrose und weniger schwere Fibrose). Der Vorteil verschwand, wenn diese Menge in einer Sitzung getrunken wurde. Ob der Alkoholkonsum mit einem positiven Langzeiteffekt einhergeht, kann noch nicht gesagt werden. Eine Empfehlung zum Alkoholtrinken kann somit noch nicht gegeben werden, bis weitere Langzeitstudien dies beweisen.

WAS GEWINNE ICH ALSO DURCH DAS STOPPEN VON JEGLICHEM ALKOHOL?

Die Leber entfettet und der Schlaf wird besser, wenn man auf Wein und Bier verzichtet. Aber auch das Herz, die Psyche und das Immunsystem profitieren von weniger Alkohol.

  1. Wir schlafen besser!
    Ein paar Gläser Wein oder Bier am Abend, um noch behaglicher wegzuschlummern? Lieber nicht. Besser schläft es sich ohne. Wenn Sie ein, zwei Gläser Wein getrunken haben, schlafen Sie zwar sicherlich schneller ein. Tatsächlich kann Alkohol die Tiefschlafphase zu Beginn der Nacht sogar verlängern. Das führt aber nicht zu einem erholsameren Schlaf, wie manche vielleicht erwarten würden. Denn: Die Erholsamkeit des Schlafes hängt nicht vom Tiefschlaf ab, sondern von der Schlafkontinuität. Und letztere kann Alkohol in mehrfacher Hinsicht stören.
    Der Schlaf ist nämlich unruhiger. Sie wachen nach drei oder vier Stunden wieder auf und kommen dann schlecht in die zweite Schlafhälfte rein. Denn nach diesen drei bis vier Stunden hat der Körper den Alkohol verstoffwechselt. Die Stoffe, die dabei übrig bleiben, führen aber dazu, dass er Adrenalin ausschüttet und der Blutdruck steigt (Alcoholism – Clinical and Experimental Research.: Ebrahim et al., 2013).
    Überhaupt reagiert das autonome Nervensystem sensibel auf Alkohol. Das zeigt ein Großversuch finnischer Forscherinnen und Forscher mit mehr als 4.000 Freiwilligen (JMIR Mental Health: Pietilä et al., 2018). Diese trugen nachts ein Gerät, das ihre Herzfrequenz mass. Und zwar sowohl in trunkenen als auch in nüchternen Nächten. Dabei zeigte sich, dass schon nach geringen Mengen Alkohol der Herzschlag im Schlaf erhöht war. Daraus schlossen die Forscherinnen, dass der sogenannte Sympathikus länger das Geschehen im Körper dominierte – also der Teil des Nervensystems, der körperliche und geistige Leistungen vorbereitet. Wenn die Menschen hingegen nach einem alkoholfreien Abend einschliefen, konnte eher der Parasympathikus übernehmen – also der Gegenspieler, der den Körper zur Ruhe kommen lässt.
    Alkohol wirkt aber nicht nur über das Nervensystem auf den Schlaf. Weil er die Muskeln erschlaffen lässt und so die Atemwege verengt, fangen viele Menschen an zu schnarchen, wenn sie getrunken haben. Und wer ohnehin zum Schnarchen neigt, atmet alkoholisiert mitunter für kurze Zeit gar nicht. Schon bei geringen Mengen Alkohol kann es bei Schnarchern häufiger zu kurzen Atemaussetzern kommen. So eine Apnoe setzt den Körper unter Stress. Der Mensch wacht immer wieder auf und schnappt nach Luft, der Schlaf leidet. Das ist so, als führe man statt auf der Autobahn über eine Schotterstrasse. Betroffene ahnen von all dem meist nichts, weil sie sich morgens an die Atemaussetzer nicht erinnern können. Schlafmediziner können die Aussetzer dagegen im Schlaflabor unter anderem anhand einer schlechten Sauerstoffsättigung im Blut erkennen.
    .
  2. Die Leber entfettet!
    Dass die Leber leidet, wenn der Mensch trinkt, weiss jeder. Umgekehrt profitiert sie aber auch schnell, wenn ihr Alkohol erspart bleibt. Denn die Leber ist eine Meisterin der Regeneration. Eine Studie zeigt das exemplarisch: Bei Probanden, die vier Wochen lang täglich eine halbe Flasche Wein tranken, stiegen die Leberwerte an. Nachdem sie damit aufgehört hatten, sanken sie aber binnen zwei Wochen nahezu auf den Ausgangswert zurück (Journal of Clinical Laboratory Analysis: Randell et al., 1998).
    Wenn die Leber damit beschäftigt ist, Alkohol abzubauen, belastet sie das gleich in zweifacher Hinsicht: Der Abbau von Fettsäuren wird blockiert und der Aufbau von Fettsäuren favorisiert. Wird die Leber davon fett, merkt ein Mensch das zunächst nicht. Unter bestimmten Umständen kann sie sich aber entzünden – Fachleute sprechen dann von alkoholischer Hepatitis.
    Eine alkoholische Hepatitis kann zu einer Fibrose oder gar Leberzirrhose führen. So nennt man eine stark vernarbte und steife Leber, die ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen kann. Im Stadium der Zirrhose führt der Weg zurück zu einer gesunden Leber nur über eine Transplantation.
    Sogar eine alkoholische Fettleber kann wieder auf gesunde Masse abnehmen. Wenn wir nur sieben Tage auf Alkohol verzichten, kann die Leber schon um die 20 Prozent entfetten. Das beugt Krankheiten wie Leberfibrose oder -zirrhose vor. Und wer bereits an Hepatitis oder Fibrose leidet, kann diese durch Abstinenz teilweise sogar rückgängig machen. Eine Leberzirrhose dagegen verschwindet nicht mehr – betroffene Patienten, die nicht mehr trinken, leben aber deutlich länger (Addiction: Verrill et al., 2009).
    Allgemein gilt: Je länger ein Mensch abstinent bleibt, desto besser regeneriert sich die Leber. Wer nicht ganz auf Alkohol verzichten will, könnte zumindest eine Regel beherzigen: Nach dem Alkoholtrinken sollte die Leber genug Zeit zur Erholung bekommen – mindestens zwei bis drei Tage, selbst dann, wenn es nur ein, zwei Gläser Rotwein waren. Denn auch eine Leber braucht mal Ruhe.
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  3. Wir nehmen ab!
    Auf Alkohol zu verzichten, ist ein ziemlich einfacher Weg, Kalorien zu reduzieren. Zum einen, das liegt auf der Hand, weil Bier, Wein und Schnaps recht viel davon enthalten. Zum anderen, weil Alkohol uns obendrein mehr essen lässt. Er regt nämlich den Appetit an (British Journal of Nutrition: Kwok et al., 2019, PDF). Erstens aus Gewohnheit, weil wir gelernt haben, dass zum Alkohol ein Snack oder eine Mahlzeit gehört. Zweitens beeinflusst er die Hormonausschüttung, über die im Gehirn das Sättigungsgefühl reguliert wird (Current Opinion in Clinical Nutrition and Metabolic Care: Yeomans et al., 2003).
    Niederländische Forscherinnen demonstrierten das in einem kleinen Experiment: Sie servierten ihren Versuchspersonen entweder Wodka-Orange oder nur Orangensaft. Danach gab es Mittagessen. Diejenigen, die Wodka-Orange getrunken hatten, assen beim folgenden Mahl im Schnitt elf Prozent mehr. Ausserdem hatten sie grössere Lust auf fettreiche und herzhafte Speisen (Appetite: Schrieks et al., 2015).
    Das liege unter anderem daran, dass der Blutzuckerspiegel sinkt, wenn wir Alkohol trinken. Die Leber baut zunächst nach Kräften den Alkohol ab und schafft es kurzzeitig nicht, Blutzucker zu produzieren. Dadurch kann der Blutzuckerspiegel sinken und uns überkommt – mit einiger Verzögerung – der Appetit.
    Zwar ist die Beweislage zum Zusammenhang zwischen Alkohol und Übergewicht nicht eindeutig (Current Obesity Reports: Traversy & Chaput, 2015), Studien weisen aber in der Tendenz darauf hin, dass Menschen, die viel Alkohol trinken, auch leichter zunehmen (European Journal of Clinical Nutrition: Lourenco et al., 2012). Vor allem starker und regelmässiger Alkoholkonsum wirkt sich offenbar auf das Gewicht aus. Das gilt besonders für Männer, die im Schnitt mehr Alkohol trinken und mit Vorliebe eine Sorte: hochkalorisches Bier (Health Economics: French et al., 2010).
    Alkohol führt aber nicht nur dazu, dass wir mehr Kalorien zu uns nehmen, sondern auch dazu, dass wir weniger verbrennen. Denn er bindet Menschen an den Esstisch oder die Couch, er macht träge. Wer den Feierabend erst mal mit einem Bier eingeläutet hat, geht danach wohl eher nicht mehr ins Fitnessstudio.
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  4. Das Krebsrisiko sinkt!
    Zugegeben, es dauert Jahre, bis der Verzicht auf Alkohol sich hier bemerkbar macht: Aber Menschen, die wenig oder gar keinen Alkohol trinken, haben ein geringeres Risiko, an Krebs zu erkranken.
    Laut der Internationalen Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation liessen sich im Jahr 2020 vier Prozent aller neu diagnostizierten Krebserkrankungen in Deutschland auf Alkoholkonsum zurückführen. Insgesamt geht es um 22.000 Krebsfälle in einem Jahr. Auch wenn es vor allem hohe Alkoholmengen sind, die zu einem Grossteil dieser Krebsfälle beitragen, sind sich viele Fachleute in Sachen Krebs inzwischen einig: Je weniger Alkohol, desto geringer das Risiko. Am besten: gar keiner.
    Denn auch schon geringe Mengen Alkohol erhöhen über die Zeit das Risiko für Krebs im Mund- und Rachenraum, in der Speiseröhre und im Kehlkopf. Dasselbe gilt für Brustkrebs bei Frauen. Im Hinblick auf das Brustkrebsrisiko gibt es ebenso wie für Speiseröhrenkrebs gar keine völlig unbedenkliche Trinkmenge (World Cancer Research Fund, 2018, PDF).
    Das Risiko von Darmkrebs steigt ab etwa zwei alkoholischen Getränken pro Tag (30 Gramm reiner Alkohol) deutlich an. Zu einem leicht erhöhten Risiko tragen aber offenbar auch schon niedrigere Konsummengen bei (Annals of Oncology: Fedirko et al., 2011). Ab drei Gläsern (45 Gramm) werden auch Leber- und Magenkrebs wahrscheinlicher. Besonders hoch ist das Risiko, wenn man nicht nur trinkt, sondern auch raucht.
    Dass Alkohol Krebs verursachen kann, liegt unter anderem daran, dass seine Abbauprodukte zu DNA-Schäden führen. Zwar hat der Körper ein Reparatursystem, um solche Schäden zu korrigieren. Nur, Alkohol schädigt unglücklicherweise auch unser Reparatursystem. Die gute Nachricht: Lässt man das Trinken sein, kann sich das System erholen und die Schäden an der DNA reparieren.
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  5. Das Herz bleibt leichter im Takt!
    Die Beziehung von Herz und Alkohol ist kompliziert: Zwar deuteten in der Vergangenheit Studien darauf hin, dass etwa Rotweinkonsum in Massen positiv aufs Herz wirken könnte. Doch die Beweislage ist umstritten. Insgesamt mehren sich die Hinweise, dass auch fürs Herz gilt: Je weniger Alkohol, desto besser.
    So zeigte erst kürzlich eine Studie mit mehr als 370.000 Teilnehmern, dass Menschen mit leichtem bis moderatem Alkoholkonsum generell einen gesünderen Lebensstil pflegen – auch im Vergleich zu reinen Abstinenzlern (JAMA: Biddinger et al., 2022, PDF). Es sei demnach wohl weniger der Alkohol, der das Herz schützt, sondern eher der ansonsten gesunde Lebensstil, folgern die Autoren. Sie kamen zu dem Schluss, dass Alkoholkonsum in jeglicher Höhe mit einem erhöhten Risiko etwa für Erkrankungen der Herzkranzgefässe einhergeht.
    Auch Alkohol und Blutdruck zeigen eine Wechselwirkung. Alkohol kann niedrigen Blutdruck noch weiter senken und hohen Blutdruck weiter erhöhen. Umgekehrt lässt sich auch bei Bluthochdruck mit Alkoholverzicht gegensteuern: Eine Analyse verschiedener Studien ergab, dass bei Menschen, die mehr als zwei alkoholische Getränke am Tag tranken, der Blutdruck sank, wenn sie den Alkoholkonsum deutlich reduzierten. Und je höher das anfängliche Trinkniveau, desto stärker der Effekt (The Lancet Public Health: Roerecke et al., 2017).
    Zwar spielen bei Herzkreislauferkrankungen meist verschiedene Dinge eine Rolle. Wenn Patienten mit Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck oder anderen Beschwerden zu mir kommen, rate ich ihnen trotzdem stets den Alkohol wegzulassen. Ich kann ja nur überlegen: Welche Faktoren kann ich in meinem Lifestyle verändern? Und das ist eben der Alkohol.
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  6. Das Immunsystem arbeitet effektiver!
    Wer keinen Alkohol trinkt, hilft seinem Immunsystem. Das gilt zum Beispiel für die weissen Blutkörperchen, die eindringende Krankheitserreger bekämpfen und Botenstoffe ausschütten, um weitere Zellen des Immunsystems zu aktivieren. Alkohol hemmt diesen Prozess gleich an mehreren Stellen (BMC Immunology: Pruett & Fan, 2009). So werden zum Beispiel weniger Botenstoffe ausgeschüttet, während gleichzeitig die Zahl der sogenannten Monozyten sinkt, die zu den weissen Blutkörperchen gehören und sich in Makrophagen, sogenannte Fresszellen, verwandeln.
    Häufiger und übermässiger Alkoholkonsum hat darüber hinaus offenbar negative Effekte auf die Darmbakterien – was ebenfalls Folgen für das Immunsystem haben kann. Regelmässiger Alkoholkonsum kann die Zusammensetzung der Darmflora verändern und dadurch die Darmbarriere schwächen. Bakterien könnten dann aus dem Darm ins Blut gelangen, wo das Immunsystem auf sie reagiert. Dadurch werde das Immunsystem kontinuierlich stimuliert. Ausserdem schüttet der Körper Entzündungsbotenstoffe aus. Das kann andere Organe schädigen und letztendlich auch zu einer Immunschwäche führen, weil sich der Körper nicht leisten kann, das Immunsystem ständig hochzuregulieren. Deshalb sind Menschen, die dauerhaft und in einer schädlichen Menge Alkohol konsumieren, anfälliger für Infektionen (Alcohol Research: Sarkar et al., 2015).
    Wer auf Alkohol verzichtet, lässt also die körpereigenen Abwehrkräfte ungestört arbeiten. Und auch bei Menschen, die durch regelmässigen Alkoholkonsum ein bereits beeinträchtigtes Immunsystem haben, führt Abstinenz immer zu einer Verbesserung.
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  7. Der Psyche geht es besser!
    Die psychische Gesundheit eines Menschen hängt zwar von vielen Faktoren ab. Doch es gibt erste Hinweise darauf, dass Alkoholverzicht positiv auf sie wirken könnte. So fanden Forscherinnen und Forscher der Universität Hongkong heraus, dass sich das mentale Wohlbefinden von Menschen verbesserte, wenn sie keinen Alkohol mehr tranken (CMAJ: Yao et al. 2019).
    Kurzfristig kann der Verzicht auf Alkohol allerdings auch zu einem Stimmungsabschwung führen. Alkohol hat pharmakologische Effekte, es wirkt in unserem Gehirn also wie ein Medikament. Der Haupteffekt von Alkohol ist, dass er die sogenannten GABA-Rezeptoren aktiviert und ihre Gegenspieler, die Glutamat-Rezeptoren, hemmt. Das, macht zum einen müde oder weniger aktiv, kann zum anderen aber auch angstlösend wirken.
    Dabei tritt mit der Zeit jedoch ein Gewöhnungseffekt ein. Wer regelmässig trinkt, bei dem reguliert der Körper die GABA-Rezeptoren herunter, die gleiche Menge Alkohol hat dann einen deutlich geringeren Effekt.
    Wer ans Trinken gewöhnt ist und dann aufhört, bei dem muss der Körper sich also gewissermassen zurück anpassen, was einige Tage dauert. Die Effekte kehren sich vorübergehend um: Die Person wird möglicherweise unruhiger, ängstlicher, reizbarer und kann schlechter einschlafen.
    Warum Alkoholverzicht langfristig aber dem psychischen Wohlbefinden dienen kann, wird biochemisch erklärt. Alkohol wirkt nämlich auch auf das Belohnungssystem des Gehirns. Wenn ein Mensch nun häufig trinkt, fokussiert sich das Belohnungssystem irgendwann auf den Alkohol. Andere Stimuli, die belohnend wirken könnten, wie Sport oder eine glückliche Paarbeziehung, werden weniger bedeutend.
    Deshalb können sich schon durch moderaten, regelmässigen Alkoholkonsum die Interessen, Hobbys und sozialen Interaktionen verändern. Für Menschen, die viel Alkohol trinken, wird alles attraktiver, was Alkoholkonsum beinhalten kann: Fussballgucken oder in die Kneipe gehen beispielsweise. Und Dinge, die früher wichtig waren, machen weniger Spass. Umgekehrt heisst das: Wenn diese Menschen aufhören zu trinken, haben andere Interessen – und damit andere Glücksmacher – wieder grössere Chancen.
    (aus DIE ZEIT, 19/2022)

Alkoholsucht
KEINE Willensleistung, sondern eine Veränderung des Hirns!

(aus der REPUBLIK, republik.ch/2023/03/30/gibt-es-fuer-alkoholkranke-einen-reset)

Was ist “Sucht”? Zum einen wiederholt rausch­trinken (Rauschtrinker), zum anderen regelmässig und lange zu viel trinken (Pegeltrinker).
Und das Wichtigste zuerst: Sucht hat nichts mit Willensleistung oder mit Schuld zu tun! Dies wurde klar, als Forscher in den Hirnen nach Erklärungen für die Sucht zu suchen begannen. Die Forscher, das sind Christian Lüscher und sein Team von der Universität Genf. Lüscher ist Mediziner und Neurologe und erforscht, wie Sucht im Gehirn entsteht. Begonnen hat er damit vor über 20 Jahren.
Sie fanden den Ursprung und die Hirnveränderungen bei Süchtigen im Nucleus accumbens, jenem Teil des Belohnungs­systems, wo der Dopamin-Hahn aufgedreht wird. Genau dort kommen auch Informationen aus dem orbitofrontalen Kortex an. Das ist ein Teil der Grosshirn­rinde hinter der Stirn, der als Wächter gilt. Er sagt uns, was wir tun und lassen sollen.
Die Nerven­zellen des Wächters leiten ihre Informationen über Synapsen, also neuronale Verknüpfungs­stellen, in den Nucleus accumbens weiter. Doch dort schwirrt das ganze Drogen-Dopamin herum, und das sorgt dafür, dass sich die Biochemie der Verknüpfungs­stellen dauerhaft verändert. Und somit ändert sich auch der Informations­fluss vom Wächter.

«Wer süchtig ist, hat ein verändertes Gehirn», sagt Christian Lüscher. «Das führt dazu, dass man Entscheidungen anders trifft.» Man konsumiere die Substanz, auch wenn das negative Folgen habe.

Zudem sind bei Süchtigen das limbische System, das Angst und Stress steuert, verändert und aktiv, obwohl es keine Bedrohung gibt. Diese Menschen sind immer in Alarm­bereitschaft. Sie trinken Alkohol nicht, um eine Belohnung zu erfahren, sondern um diese negativen Emotionen und dieser unangenehme innere Zustand loszuwerden.

Die Genetik spielt auch eine grosse Rolle. Bei der Alkohol­sucht wird die Vererbbarkeit auf etwa 50 Prozent geschätzt. Zudem spielen auch Umwelt­einflüsse und Erfahrungen eine Rolle. Obwohl z.B. Labormäuse, die ja alle dieselben Gene besitzen, ein nicht sehr erfülltes Leben haben, gibt es dennoch individuelle Unterschiede. Zum Beispiel, welchen Platz sie in der Hierarchie ihrer Gruppe einnehmen.

Solche Erfahrungen können sich im Erbgut bemerkbar machen, indem sie kleine Veränderungen an der Verpackung von Genen auslösen. Dadurch bestimmen sie, ob ein Gen an- oder ausgeschaltet ist. Man spricht von epigenetischen Veränderungen.

WAS TUN?!

Selbsttest zu meinen Trinkgewohnheiten >>>

Alkoholsucht und Aufhören

Das Rückgängigmachen und die „Auslöschung“ dieser oben beschriebene Hirnveränderungen sind grundsätzlich wohl möglich, falls man das Belohnungs­system mithilfe der Tiefen Hirnstimulation durch Hirn­elektroden behandelt, wie dies bei Parkinson-Patienten bereits erfolgreich getan wird. Dies ist aber noch zu wenig erforscht.

Die Hoffnung liegt nun auf den Psychedelika. Von ihnen nimmt man an, dass sie die synaptischen Verbindungen, die Verknüpfungs­stellen im Hirn, sozusagen auflockern und so die süchtig machende Veränderung rückgängig machen.
An der Universität Zürich läuft derzeit ein Versuch, Alkohol­abhängigkeit mit Psilocybin, dem Wirkstoff aus magic mushrooms, zu behandeln. Eine erste, kleine Studie aus dem Jahr 2022 macht Hoffnung. Nach Psilocybin-Behandlungen tranken Patienten weniger häufig als Patienten, die Psycho­therapie oder ein Placebo erhalten hatten. Auch Lüscher in Genf will die Wirkung der Psychedelika in seinem Tier­modell nun genauer erforschen.

Wie beginne ich das Aufhören: mit Willenskraft? Nein: mit Gewohnheiten!

Wir überschätzen uns und unsere Willenskraft. Wir glauben, wenn wir uns nur am Riemen reissen, könnten wir jederzeit unser Verhalten steuern und unsere Ziele erreichen. Das stimmt aber leider nicht.

Die Antidiabetesmittel Ozempic oder Wegovy alsAntisuchtmittel?

Es hat sich nun gezeigt, dass Semaglutid & Co neben dem Appetit auch ein Suchtverlangen (gegen Rauchen, Alkohol,…) unterdrückt. Dies passt natürlich zum gehypten Auftritt dieser Medikamente. Die Social-Media-Posts gehen nun mit Erfolgsmedlungen durch die Decke…
In solcher Euphorie wird immmer übers Ziel ausgeschossen, weshalb man noch nicht mit gutem Gewissen diese neue Indikationsausweitung als bare Münze nehmen kann.
Zudem hatten wir dies schon etliche Male, dass eine Sucht mit Medikamenten behandelt wurde, worauf man darauf regelmässig von diesen neuen Mittel abhängig wurde, deren Langzeit-Nebenwirkungen man noch gar nicht kennt. Dies geschah auch intensiv mit Amphetaminen zum Abnehmen, mit Nikotinersatzpräparate gegen das Rauchen, usw..

Warten wir also die laufenden Studien aus der Forschung ab – und auf mehr Langzeiterfahrung.
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Das «10-Punkte-Programm zum kontrollierten Trinken»

Hilft denen, die öfter mal ein Bier über den Durst trinken. Die Therapie wird sogar bei Alkoholikern angewandt. Kritiker warnen aber: Bei Süchtigen führt es erst recht in die Sucht.
Wie läuft dies ab?
In der ersten Sitzung mit dem Suchtberater bekommt man ein Büchlein, in das man Tag für Tag minutiös aufschrieb, was und wie viel man wann trank. So merkt man vielleicht zum ersten Mal, wie viel man eigentlich trinkt. Dann legt man Woche für Woche fest, wie viel man trinken wollte. Es dauert häufig ein halbes Jahr, bis man seinen Alkoholkonsum wieder im Griff hat. Der Konsum liegt als Ziel zum Beispiel etwa bei 15 «Standarteinheiten» pro Woche, das entspricht 15 Gläser Wein oder 4,5 Liter Bier. Das Potential für eine Sucht ist da. Doch man hat gelernt, mit seinem Alkoholkonsum umzugehen.
Das Programm zum «kontrollierten Trinken» hat der Psychologieprofessor Joachim Körkel von der Evangelischen Hochschule Nürnberg (D) begründet. Die Therapie richtet sich sowohl an «normale» Zuvieltrinker wie auch an schwere Alkoholiker, wie Körkel sagt: «Das Programm ist für alle Menschen, deren Alkoholkonsum zu hoch ist und die ein gänzlich alkoholfreies Leben nicht anstreben oder für die das unrealistisch ist.»
Man erreicht damit Menschen, die in einem Grenzbereich zwischen Sucht und Zuvieltrinken sind. Das kontrollierte Trinken ist ein gutes Programm für Leute, denen das Trinken langsam entgleitet und die es wieder unter Kontrolle bringen wollen.
In den letzten sechs Jahren haben über 300 Betroffene bei den Beratungsstellen der Berner Gesundheit das Programm durchgeführt. Vier von Fünf konnten nach zehn Wochen Ihren Alkoholkonsum und einen Drittel bis die Hälfte reduzieren. Jeder Fünfte hat das Programm abgebrochen.
Ob das Programm auch für schwere Alkoholiker etwas taugt, ist allerdings heftig umstritten. Körkel ist zwar überzeugt, dass seine Methode auch diesen Patienten helfen kann. Doch viele Fachleute und auch Betroffene lehnen es ab. Die deutsche Internet-Selbsthilfegruppe A-connect «warnt eindringlich vor kontrolliertem Trinken». Viele trockene Alkoholiker würden durch das kontrollierte Trinken in den Irrglauben fallen, sie könnten nach längerer Abstinenzphase wieder mit Alkohol umgehen, schreibt der Verein auf seiner Website. «In zahlreichen uns bekannten Fällen wurde die vereinbarte Alkoholmenge nach und nach gesteigert. Am Ende wurde exzessiver getrunken als zuvor.» Derartige Experimente seien nichts anderes als schleichende Rückfälle.
Auch Mitglieder der Anonymen Alkoholikern sagen, dass aus ihrer Erfahrungen und aus Äusserungen von Freunden Betroffene immer wieder versucht haben, kontrolliert zu trinken. Langfristig sei es aber nur weiter bergab gegangen.
Joachim Körkel rechtfertigt sich: «Es gibt nichts, was für alle gilt». Doch es sei fatal, dass die «im Kreise einiger Anonymer Alkoholiker gesammelten Erfahrungen zum sakrosankten Glaubenssystem erhoben werden».
Doch auch die Erfahrungen der Zürcher Forel Klinik bestätigen, dass das Programm für Süchtige wenig geeignet ist. In der Klinik ist das kontrollierte Trinken als Therapiemethode nicht sinnvoll, so der Tenor. Ein Nebeneinander von kontrolliertem Trinken und Abstinenz unter einem Dach wäre zu risikoreich.
In einer Untersuchung von ehemaligen Patienten der Forel Klinik waren nur 5 Prozent nach einer stationären Behandlung in der Lage, kontrolliert zu trinken. Sogar die Patienten selber wollten lieber abstinent bleiben. Die Mehrzahl der Patienten entschied sich für eine dauerhafte Abstinenz, da zuvor ein kontrolliertes Trinken gescheitert war oder sie es sich selber nicht zutrauten.
Das kontrollierte Trinken dient allerdings oft als «Köder» für einen Entzug, so die Forel Klinik: «Wenn sich der Alkoholabhängige mit der dauerhaften Abstinenz nicht arrangieren kann, dann ist das Programm zum kontrollierten Trinken ein guter Einstieg in eine weiterführende Behandlung.»

Kontrolliertes Trinken: So funktioniert’s:
– Führen Sie ein Tagebuch über Ihr Trinkverhalten
– Schreiben Sie jeden Tag auf, was Sie trinken, wieviel, zu welcher Uhrzeit, mit wem und aus welchem Anlass. Eine Anleitung finden Sie unter www.kontrolliertes-trinken.de
– Setzen Sie sich ein Ziel, wieviel Sie pro Woche maximal trinken wollen.
– Schreiben Sie am Anfang der Woche genau auf, was sie wann trinken werden. Setzen Sie zwei bis drei abstinente Tage fest.
– Kontrollieren Sie Ende Woche, ob sie Ihren Trinkplan eingehalten haben und legen Sie die neue Woche fest.

Kostenlose Onlinetrainings von Universitäten-Gruppe erarbeitet:
https://geton-training.de/

Weniger trinken – wie gelingt der Vorsatz?

Guter Link zur Online-Selbsthilfe bei Alkoholsucht: http://www.selbsthilfealkohol.de/Portal

Zur Bedeutung des Alkohols in der Menschheitsgeschichte ein berauschender Beitrag aus der Republik: kurze-geschichte-des-lasters.pdf

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
15. August 2023